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Andreas Knäuer im Interview

Was läuft bei der Grundsteuer im Land?

Bundesrat und Bundestag haben der Grundsteuerreform zugestimmt. Was Baden-Württemberg plant und was das für die landwirtschaftlichen Betriebe bedeuten würde, erklärt im Interview mit BWagrar Andreas Knäuer. Der Steuerberater und Diplom-Finanzwirt (FH) ist nach Stationen in der Finanzverwaltung seit 2014 Geschäftsführer bei der Buchstelle LBV GmbH in Stuttgart. Das Unternehmen mit über 430 Mitarbeitern hat Kanzleistandorte in Stuttgart, Aalen, Bad Waldsee, Weinsberg und Boxberg.
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Steuerberater Andreas Knäuer, Geschäftsführer der LBV Buchstelle GmbH, Stuttgart
Steuerberater Andreas Knäuer, Geschäftsführer der LBV Buchstelle GmbH, StuttgartLBV Buchstelle GmbH
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Andreas Knäuer im Interview mit BWagrar

Was läuft bei der Grundsteuer in Baden-Württemberg?

Andreas Knäuer, Steuerberater und Diplom-Finanzwirt (FH), ist nach Stationen in der Finanzverwaltung seit 2014 Geschäftsführer bei der Buchstelle LBV GmbH in Stuttgart. Das Unternehmen mit über 430 Mitarbeitern hat Kanzleistandorte in Stuttgart, Aalen, Bad Waldsee, Weinsberg und Boxberg. Bundesrat und Bundestag haben der Grundsteuerreform zugestimmt. Im Gespräch mit BWagrar erklärt der Steuerexperte, was das Land Baden-Württemberg plant und was das für die landwirtschaftlichen Betriebe bedeuten würde. 

BWagrar: Herr Knäuer, nach der von Bundestag und nun auch Bundesrat beschlossenen Reform der Grundsteuer erfolgt die Bewertung grundsätzlich nach dem wertabhängigen Modell. Was betrifft die Landwirte besonders?

Knäuer: Nachdem das neue Grundsteuergesetz inklusive einer sogenannten Öffnungsklausel vom Bundestag und Bundesrat beschlossen wurde, kann die Reform ab dem 1. Januar 2020 in Kraft treten. Für die Umsetzung dieser Reform und damit der zusammenhängenden Neubewertung jedes einzelnen Flurstückes in Deutschland wurde im Gesetz eine Übergangsfrist bis zum 31.12.2024 geschaffen. In diesem Zeitfenster müssen alle etwa 35 Millionen Flurstücke in Deutschland neu bewertet werden.

Geändert hat sich im Bereich der Land- und Forstwirtschaft Folgendes:

  • Die wirtschaftliche Einheit des Betriebs der Land- und Forstwirtschaft erstreckt sich künftig bundeseinheitlich nicht mehr auf den Wohnteil.
  • Die übrigen Grundstrukturen des bisherigen Rechts in Form der Vermögensart und die Definition der wirtschaftlichen Einheit des Betriebs der Land- und Forstwirtschaft sowie die Abgrenzungskriterien bleiben wie bisher größtenteils erhalten.
  • Neu ist, dass die Bewertung der wirtschaftlichen Einheit des Betriebs der Land- und Forstwirtschaft bundeseinheitlich nach dem Eigentümerprinzip auf der Basis des amtlichen Liegenschaftskatasters in Form von standardisierten Bewertungen der Fläche und gegebenenfalls der Hofstellen mit einem typisierten Ertragswert vorgenommen werden.
"Sämtliche Wohnungen sind ab 1. Januar 2025 zwingend von Grundsteuer A in Grundsteuer B umzugliedern und im Grundvermögen zu bewerten."
Andreas Knäuer, Geschäftsführer, Buchstelle LBV GmbH
  • Sämtliche Wohnungen, egal ob Betriebsleiter oder Altenteiler beziehungsweise Arbeitnehmerwohnungen, sind ab 1. Januar 2025 zwingend von Grundsteuer A in Grundsteuer B umzugliedern und im Grundvermögen zu bewerten. Somit erfolgt nunmehr eine Angleichung der Bewertungsgrundsätze zwischen den neuen und alten Bundesländern sowie in die Gesamtsystematik des Bewertungsrechtes, wie sie in Deutschland bisher für alle anderen Bundesbürger gilt.
  • Neu ist auch, dass die Hofflächen eine neue gesonderte Bewertung erhalten. Zuschläge wegen Wirtschaftsgebäuden und Zubehör erfolgen grundsätzlich nicht.
  • Es wurden fast alle Ausnahmen bezüglich Zu- und Abschlägen abgeschafft. Es existieren nur noch vereinzelte Zuschläge für zum Beispiel Vieheinheiten, Unterglasflächen oder spezielle Weinbaubetriebe.
  • Die Ableitung der Ertragswertansätze erfolgt dabei aus den durchschnittlichen Ertragswert-Verhältnissen hauptsächlich der Testbetriebe beim Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) in Deutschland.
  • Zusätzlich wurde eine neue Grundsteuer C für sogenannte unbebaute baureife Grundstücke geschaffen.
  • Im Rahmen des Klimaschutz-Gesetzes wurde zusätzlich erst vor wenigen Tagen eine zusätzlich weitere Grundsteuer W für die Erhebung einer besonderen Grundsteuer für Flächen von Windkraftanlagen neu geschaffen.

BWagrar: Die Bundesländer können sich für ein wertunabhängiges Modell entscheiden. Was plant Baden-Württemberg?

Knäuer: In einem kürzlichen Schreiben der Finanzministerin Edith Sitzmann an die Regierungsfraktionen erwägt auch Baden-Württemberg wie das Bundesland Bayern die Öffnungsklausel zu nutzen und ein eigenes einfaches Wertesystem für die Grundsteuer zu schaffen.

"In Baden-Württemberg wird eine sogenannte Bodenwertsteuer angestrebt, welche anhand der Grundstücksfläche und eines Bodenrichtwertes berechnet wird."
Andreas Knäuer, Geschäftsführer, Buchstelle LBV GmbH

Anders als in Bayern, wo ausschließlich die Fläche des Grundstückes eine Rolle für den Grundsteuerwert spielen soll, wird in Baden-Württemberg eine sogenannte Bodenwertsteuer angestrebt, welche anhand der Grundstücksfläche und eines Bodenrichtwertes berechnet wird. Bewusst verzichtet wird auf die Wertkomponente für die Berücksichtigung des Gebäudes selbst. Dabei soll der Bodenrichtwert insbesondere von Gutachterausschüssen der Kommunen ermittelt werden.

Der erste nicht öffentliche Entwurf eines Landes-Grundsteuergesetzes Baden-Württemberg umfasst ca. 100 Seiten und ist doch deutlich weniger bürokratisch als der Bundesentwurf, der jetzt Gesetzestext geworden ist.

Eine klare Absage wurde bereits vorab einem reinen Flächen-Modell erteilt, wie es Bayern jetzt vorsieht.

BWagrar: Wie sieht der Zeitplan aus? Haben die landwirtschaftlichen Betriebe noch vor Inkrafttreten Handlungsbedarf?

Knäuer: Der Zeitplan sieht vor, dass bis zum 31.12.2024 alle Flurstücke neu zu bewerten sind. Da sich in dem Grundsteuergesetz des Bundes viele Einbeziehungen von Werten aus elektronischen Datenbanken finden, diese Datenbanken aber noch nicht beziehungsweise noch nicht vollständig existieren, wird es in den meisten Fällen notwendig sein, diese Werte manuell über sonstige Unterlagen zu ermitteln und dem Finanzamt per Papier zur Verfügung zu stellen. Hierfür werden unsere Bauern sicherlich die Unterstützung ihrer Steuerberater in Anspruch nehmen müssen.

"Bis alle neuen Einheitswerte bis zum neuen Hauptfeststellungsstichtag zum 1. Januar 2022 festgestellt sind, gelten weiterhin die alten Einheitswerte."
Andreas Knäuer, Geschäftsführer, Buchstelle LBV GmbH

Einen konkreten Handlungsbedarf für die Gestaltung oder Umgestaltung von Rechtsverhältnissen besteht aus Anlass der Reform der Grundsteuer nicht. Da die Aufkommensneutralität ausdrücklich zugesagt wurde, wird es in der Summe kaum zu Änderungen kommen. Im Einzelfall sind jedoch höhere oder geringere Grundsteuerzahlungen als in der Vergangenheit möglich.

Bis alle neuen Einheitswerte für die Grundsteuer bis zum neuen Hauptfeststellungsstichtag zum 1. Januar 2022 festgestellt sind, gelten weiterhin die alten Einheitswerte für die Festsetzung der Grundsteuer.

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