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Bauernkungebung auf der Ipfmesse

Landwirten fehlen Entfaltungsmöglichkeiten

Nach zweijähriger coronabedingter Abstinenz gab es wieder die traditionelle Bauernkundgebung auf der Ipfmesse in Bopfingen. Im voll besetzten Festzelt brachte Bürgermeister Gunter Bühler seine Hoffnung zum Ausdruck, dass angesichts der derzeitigen Probleme die Letzten begriffen haben, welchen wichtigen Job die Bauern übernehmen.

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Hubert Kucher
Hubert KucherBernauer
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Besonders aktuell war die Kundgebung, weil der Ukraine-Krieg nicht nur mit Waffen, sondern auch über den Brotkorb geführt wird, erklärte der CDU-Landtagsabgeordneter Winfried Mack. 800 Mio. Menschen in der Welt hungern bereits und es droht eine Flüchtlingskrise. Umso wichtiger sei es, auf die geostrategische Bedeutung der hiesigen Landwirtschaft hinzuweisen. „Wir leben in eine Zone, in der gut produziert werden kann, und haben eine Verantwortung für die Welt“, sagte Mack. Seine Partei setze sich dafür ein, dass im kommenden Jahr auf Brachflächen wieder produziert werden kann. In Zeiten der „Erkenntniswende“, zeige sich, was wesentlich und wichtig ist. „Das ist die Landwirtschaft, die unsere Ernährung sichert“, betonte Mack.

Reglementierung aufhalten

Die Ernährungssicherheit sieht der der Vorsitzende des Bauernverbandes Ostalb-Heidenheim Hubert Kucher aber gefährdet, wenn es nicht gelingt, weiter Einschränkungen durch Auflagen und Gesetze in der Tierhaltung und im Pflanzenbau aufzuhalten. Ebenso schädlich sei der Flächenverbrauch. Kucher rief auf, sich massiv für den Erhalt des Pflanzenbaus in der Gunstregion Baden-Württemberg einzusetzen und die Sinnhaftigkeit mancher Gewerbegebiete zu überprüfen. Als Bespiel nannte er die geplante „grüne Wasserstoffproduktion“ in Schwäbisch Gmünd, für die es nicht einmal einen Investor gibt. Sinnvoller sei es, diese Produktion in südliche Länder zu verlagern, wo nicht so viel wächst und Sonne auf flächenverzehrende Photovoltaikanlagen länger scheint.

Kucher ermutigte die Bauern, die Landwirtschaft als Ganzes in den Fokus zu stellen. Falls man Tierhaltung, Pflanzenbau oder nur Biogas einzeln betrachtet, „werden wir Verlierer sein“. Im gesamten betrachtet, macht alles einen Sinn. Nach den Worten Kuchers gilt daher, seine Werte zu verteidigen aber auch sein Handeln weiter zu entwickeln, um ans Ziel zu kommen.

Junglandwirte haben Sorgen und Nöte in allen Ecken

In einer Diskussionsrunde mit Bauernverbandspräsident Joachim Rukwied brachten drei Jungunternehmer aus dem Ostalbkreis ihre Anliegen und Forderungen an Politik und Berufsstand vor. Einig waren sich der Schäfer Daniel Erhardt, Milchbäuerin Kathrin Weidenauer und Ferkelerzeuger Lukas Schmidle, dass es nicht sein kann, dass immer mehr gefordert wird und der Landwirt immer weniger verdient. Zur Sprache brachten sie unter anderem die schlechter laufende Direktvermarktung ab Hof. Die Ausweitung der Schutzgebiete, in denen immer weniger gedüngt werden darf und die Betriebe nicht mehr wirtschaftlich geführt werden können. Große Sorgen machen sich die Berufseinsteiger um die Schweinehaltung, die sich Mitten im Umbruch befindet. „Hier sind Stimmung und Preise total am Boden.“ Nichts passiert sei im „Label-Dschungel“ von Tierwohl- und Herkunftskennzeichnung. Die Bauern wüssten nicht, wo die Reise hingeht.

Zukunftsperspektiven schaffen

Für zukunftsorientierte Betriebe wäre es nach Ansicht Schmidles besser gewesen, die Vorschläge der Zukunftskommission Nutztierhaltung umzusetzen und die Umbauziele zeitlich zu verschieben, solange deren Finanzierung nicht gesichert ist.

Die von der Bochert-Kommission vorgelegten Konzepte werden vom Bauernverband unterstützt. Rukwied sieht hier den richtigen Ansatz mit klaren Herkunftsbezeichnungen und einer hinterlegten Förderung von jährlich vier Milliarden Euro. Doch was jetzt auf dem Tisch liegt, sei der Uneinigkeit der Berliner Koalition geschuldet, die endlich handeln muss. Die Finanzierung ist blockiert. Rukwied hat mit Finanzminister Lindner und dem FDP-Vorsitzenden im Klartext gesprochen und ihnen die Folgen aufgezeigt. Wenn sie ihre Blockadehaltung nicht aufgeben würden, dann haben sie die Zukunft der Schweinehaltung auf dem Gewissen. Rukwied sieht für die Schweinehaltung nur eine Zukunft mit dem Bekenntnis der Politik und des Lebensmitteleinzelhandels zu heimischer Ware, die auch gezielt vom Verbrauche eingekauft werden muss.

Keine Landwirtschaft ohne Tierhaltung

Unmissverständlich stellte der Bauernpräsident klar: „Landwirtschaft hat ohne Tierhaltung keine Zukunft.“ Dazu gehören praktikable Anforderungen bei Erhöhung der Fördersätze. Es sei widersinnig, in Deutschland 2,4 Mio. Schweine zu reduzieren und gleichzeitig die Bestände in Spanien um 3, 5 Mio. aufzustocken. „Das hat nichts mit guter Politik zu tun“; protestierte Rukwied.

Zur Milchviehhaltung, die von manchen gern auch reduziert würde, verweist er auf den Grünlandbestand im Land von mehr als 500.000 ha und auf rund 4,7 Mio. ha in Deutschland. Neben seine Bedeutung für Klimaschutz und Biodiversität erfolge die beste Verwertung von Grünland über den Kuhmagen, weiß Rukwied und fügt hinzu: „Gras können manche rauchen, aber wir Menschen nicht fressen.“

Zeitenwende und notwendige Entscheidungen

Mit Blick auf die Zeitenwende in der Agrarpolitik forderte Rukwied unter dem kräftigen Applaus der Festbesucher: „Die Situation hat sich geändert. Aber die unsinnigen Vorgaben der Agrarpolitik noch nicht. Wir brauchen keine Kehrtwende, sondern eine Rückkehr zu einer realistischen Agrarpolitik, die nicht von Ideologie geprägt ist.“ Politisch erfolgreich könne man aber nur sein, wenn man sich auch mit politisch Andersdenkenden austauscht. Von der Politik brauche man letztlich Entscheidungen, die ein klare Signal setzen, „die unserer jungen Generation Zukunft ermöglichen, ihr Verlässlichkeit und Sicherheit bieten.“ Rukwied erwartet von der Politik, dass sie die Betriebe nicht ständig einschränkt, sondern ihnen vielmehr die Möglichkeit bietet, sich zu entfalten und ein Stück weit offensiv in die Zukunft zu gehen.

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