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Gläserne Produktion

„Von der Wiese zum Käse“

Trotz des äußerst bescheidenen Wetters, teilweise auch mit Dauerregen, kamen gut und gerne 3000 Besucher am 19. Juni ins Württembergische Allgäu auf die Betriebe der Familie Peter und der Familie Stützenberger sowie zur Führung in die Allgäuer Emmentalerkäserei Leupolz e.G. Sie alle wollten selbst erfahren, wie gemolken und der leckere Käse hergestellt wird. Federführung der Gläsernen Produktion hatte das Landratsamt Ravensburg mit dem Landwirtschaftsamt unter Leitung von Albrecht Siegel sowie der Leiterin des Ernährungszentrums in Bad Waldsee, Daniela Schweikhart.

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Startschuss für die Gläserne Produktion am 19. Juni in Leupolz auf dem Betrieb von Martha Peter (6.v.r. Mit Strauß) mit Landrat Harald Sievers (2.v.l.) und Michael Lang (2.v.r.), Schirmherr und Oberbürgermeister von Wangen.
Startschuss für die Gläserne Produktion am 19. Juni in Leupolz auf dem Betrieb von Martha Peter (6.v.r. Mit Strauß) mit Landrat Harald Sievers (2.v.l.) und Michael Lang (2.v.r.), Schirmherr und Oberbürgermeister von Wangen. Borlinghaus
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„Angesichts der extrem niedrigen Milchpreise brauchen die Bauern unsere Solidarität beim Einkaufen, aber auch in der Begegnung“, meinte Michael Lang, Oberbürgermeister von Wangen im Allgäu und Schirmherr der Veranstaltung, in seinem Grußwort. Lang bedankte sich bei allen Beteiligten für Ausrichtung der Gläsernen Produktion und zeigte sich stolz auf den „großartigen Käse“ aus Leupolz. Landrat Harald Sievers erinnerte daran, dass es bei der Gläsernen Produktion darum geht, landwirtschaftliche Betriebe und Lebensmittelbetriebe zu öffnen und Bürgerinnen und Bürger einzuladen, sich mit den Produktionsbedingungen vertraut zu machen. Dies müsse vor Ort passieren und nicht in der Stadt. „Eine gute Idee, die hier auf dem Hof sehr gut umgesetzt wird“, findet Sievers. Wenn man deutlich mache, wie gute landwirtschaftliche Arbeit aussehe, könne man bei Verbrauchern das Qualitätsbewusstsein stärken. Und je nachdem wie man seinen Hof umtreibe, habe dies eben auch seinen Preis. Sievers zeigte sich erleichtert, dass die Veranstaltung wegen des Regens nicht abgesagt wurde. „Das ist großartig und ich bin optimistisch, dass im Laufe des Tages viele Menschen kommen werden“, so der Landrat.

Leupolz arbeitet an neuen Konzepten
Erhard Nonnenmacher, Vorstandsvorsitzender der Käserei, freute sich bei der Gläsernen Produktion dabei zu sein. „Unserer Käserei liegt es am Herzen auf die Situation in der Milchwirtschaft hinzuweisen und zu zeigen, wie hochwertige Ware erzeugt wird“, so Nonnenmacher. Und: „Wir stellen uns dem regionalen Markt und sind zur Zeit intensiv an einem Orientierungskonzept, in dem wir unsere Abläufe optimieren. Ziel ist es, entsprechende Wertschöpfung für unsere Bauern zu erwirtschaften.“ Unter den zahlreichen Gästen waren unter anderen Franz Schweizer, Direktor des LAZBW Aulendorf, Waldemar Westermayer (MdB CDU) und Petra Krebs (MdL Grüne). Für die musikalische Umrahmung sorgte die Kapelle vom ehemaligen Verein Wangen unter der Leitung von Peter Käß.

Familie Peter startet durch
Martha und Johannes Peter befinden sich mit ihrem 40-Kuh Betrieb in der Umstellungsphase. „In zwei Monaten dürfen wir Bio liefern“, freut sich Peter. Dabei war die Entwicklung des Betriebes alles andere als einfach. Stark verschuldet und heruntergekommen haben ihn die Peters seit 15 Jahren nach und nach wieder aufgebaut. „Wir sind jetzt an einer Schwelle, wo wir sagen können, wir können Bio überzeugend anbieten“, so Peter. Alle Gebäude mussten wieder aufgebaut und erneuert werden. Es gab keinen Quadratmeter festen Boden auf dem Hof. Ein ganzer Berg musste abgetragen werden. „Wir machen alles selber, haben insgesamt rund 1,3 Millionen Euro investiert und mit Hilfe von Tilgungsraten von knapp unter zehn Prozent, werden wir in wenigen Jahren tilgungsfrei sein“, ist Peter zuversichtlich. Wenn das geschafft ist, kann er sich noch einiges vorstellen: Zum Beispiel den Umbau des Altgebäudes in ein Seminarhaus mit Begegnungszentrum. In seinem Hauptberuf arbeitet er als Monteur für automatische Melksysteme und hat nun auch für seine Braunviehkühe einen Roboter aufgestellt, den Stall hat er woanders abgebaut, um ihn dann in Leupolz-Niederweiler wieder in Eigenleistung aufzubauen. Der Betrieb ist heute ein reiner Gründlandbetrieb mit Heumilch-Produktion.

"Wir haben keinen Expansionsdrang"
Geliefert wird die Milch seit jeher an die Allgäuer Emmentalerkäserei in Leupolz, die nur wenige 100 Meter vom Betrieb entfernt ist. „Wir haben die Liefernummer 84 und waren von Anfang an dabei“, so Peter. Mit seiner Frau Martha, die von dem Hof stammt, einem Altenteiler und den drei Kindern treiben die Peters den Hof alleine um. Die Arbeit gehe ihnen nicht aus, sagen sie, frei nach dem Motto: „Wir haben elektrisch´ Licht und können abends länger schaffen.“ Die Peters pflegen ihren eigenen Lebensstil, ihre Lebensart, wie er es nennt. Diese komme von innen heraus und sei grundsätzlich positiv ausgerichtet. Soll heißen: „Wir gehen wenig kraftvoll mit den Nachbarn ins Gefecht, wenn es darum geht weitere Fläche zu pachten. Wir haben keinen Expansionsdrang“, sagt Peter und legt Wert auf einen sanften, respektvollen Umgang. Die schlechten Preise treffen die Peters auch hart, aber sie wollen sich dadurch nicht ihre positive Lebenseinstellung kaputtmachen lassen.

"Im Moment verbrennen wir unser Privatvermögen"
Daniela und Markus Stützenberger aus Karsee bewirtschaften rund 100 Hektar mit 30 Hektar Ackerbau. Stützenberger melkt 120 Holsteins mit zwei Robotern und hält 175 Stück Jungvieh. Zudem ist er Kooperationsbetrieb zur Stiftung Liebenau. Er bildet so genannte Fachwerker aus, die bei ihm auf dem Betrieb auch wohnen. Die Stützenbergers haben drei Söhne und einen Auszubildenden. Was den Milchpreis angeht, nimmt er kein Blatt vor den Mund: „Im Moment verbrennen wir unser Privatvermögen.“ Er müsse den Betrieb quersubventionieren über die Einnahmen aus den PV-Anlagen, bei der Milch lege er drauf. Noch habe er ein Polster aus den vergangenen Jahren, aber lange dürfe die Preismisere nicht anhalten, sonst werde es finanziell eng. „Es wird peu à peu weniger. Wir wirtschaften nicht mehr kostendendeckend, trotz rigoroser Sparmaßnahmen“, so Stützenberger. Umstellen auf Bio ist für seinen Betrieb kein Weg, sagt er. Seinen Stall hat er 2006 gebaut, die erste PV-Anlage 2005. Stützenberger ist stellvertretender Vorsitzender der Leupolzer Molkerei und mit Leib und Seele Genossenschafter, sagt er von sich selbst. Von der Philosophie her geht es ihm darum, zunächst einmal auch anderen etwas Gutes zu tun, um dann später vom Ganzen zu profitieren. „Ich setze mich voll für meine Käserei ein und sehe hier jede Menge gute Potenziale“, so Stützenberger.

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