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Aktionsplan Kupierverzicht

Tierhalter-Erklärung ist Pflicht ab 1. Juli

Mit dem "Nationalen Aktionsplan zum Verzicht auf das Schwänzekupieren" steht den Schweinehaltern ein neues Ärgernis ins Haus. Denn die Zeitspanne, bis die geforderte Tierhalter-Erklärung mitsamt der Risikoanalyse Kupierverzicht ausgefüllt in den Betriebsunterlagen vorliegen muss, ist kurz. Entsprechend war die Stimmung auf der Informationsveranstaltung des Landesbauernverbandes am 17. Mai in Ulm-Seligweiler. Im Anhang finden Sie die Vortragsunterlagen.

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Es dauerte nicht lange, bis der Saal im Rasthaus Ulm-Seligweiler zu beben begann und die rund 100 Zuhörer der Informationsveranstaltung des Landesbauernverbandes (LBV) zum Aktionsplan ihrem Unmut Luft machten. Zum Unverständnis über den Sinn der neuen Rechtsvorschrift – „Was hat das mit Tierschutz zu tun“ – kommt der Ärger über fehlende Informationen zu den ab 1. Juli geltenden Pflichten. Das Stuttgarter Landwirtschaftsministerium hatte erst am 10. Mai die erste Pressemitteilung zu den konkreten Maßnahmen herausgegeben (veröffentlicht in BWagrar 20/2019, Seite 31).

Aktionsplan ist Kompromiss 

Vereinzelte Kritik am Berufsstand, wonach dieser es versäumt habe, sich gegen den Aktionsplan zu wehren, wurde von LBV-Vizepräsident und Präsident des Schweinezuchtverbandes, Hans-Benno Wichert, zurückgewiesen. Für ihn ist der Aktionsplan ein Kompromiss zwischen den Wünschen der Gesellschaft nach mehr Tierschutz, den Forderungen der EU und der landwirtschaftlichen Praxis. Der Plan sei für Schweinehalter zwar nicht befriedigend, aber im Vergleich zu einem Kupierverbot weniger restriktiv. Auch der Schweinezuchtverband sei damit nicht glücklich, doch angesichts der gesellschaftlichen Stimmung gebe es keine Alternative. „Wir müssen zeigen, dass wir beim Tierschutz auf dem Weg sind“, sagte Wichert. Im Übrigen beinhalte der Aktionsplan kein Kupierverbot, wie auch beiden Referenten wiederholt betonten.

EU fordert Aktionsplan ein

Zu Beginn der Veranstaltung hatte Dr. Thomas Pyczak vom MLR die Hintergründe des Aktionsplans geschildert. Letztendlich sei er eine Antwort der Bundesregierung auf massiven Druck von vielen Seiten, insbesondere von der EU-Kommission, dass in Deutschland zu wenig gegen das routinemäßige Kupieren von Schwänzen unternommen werde. Die EU verlangt bereits seit 2017 das Erstellen von nationalen Aktionsplänen zur Reduzierung des Schwanzkupierens und hat diese Forderung nach dem Audit in Bayern und Niedersachsen im Jahr 2018 verstärkt. Rechtsgrundlage ist die EG-Richtlinie 2008/120, die auf Maßnahmen wie Beschäftigungsmaterial oder Reduzieren der Bestandsdichte abzielt, um das routinemäßige Kupieren zu verhindern.

Das ist jetzt zu tun

Ziel des Aktionsplans ist daher auch der „Einstieg in den Ausstieg“, wie Andrea Scholz sagt. Die Mitarbeiterin des Bildungs- und Forschungszentrum Boxberg erklärte, welche Dinge Schweinehalter jetzt tun müssen.

Wer ist betroffen?

Zum 1. Juli 2019 muss jeder Schweine haltende Betrieb, der weiterhin Tiere mit kupierten Schwänzen halten will, eine ausgefüllte Tierhalter-Erklärung haben und gegebenenfalls bei seinem Lieferanten/Abnehmer vorlegen. Die Vorgabe gilt auch für Kleinstbetriebe. Befreit ist nur, wer ausschließlich Schweine mit unkupierten Schwänzen hält.

Tierhalter-Erklärung

Mit der Tierhalter-Erklärung bestätigt der Landwirt zum einen, dass er die sechsstufige Risikoanalyse durchgeführt und bei Bedarf geeignete Optimierungsmaßnahmen eingeleitet hat. Zum anderen belegt er darin, dass in seinem Gesamtbestand das Kürzen der Schwänze derzeit unerlässlich ist, weil an mehr als zwei Prozent der Tiere Schwanz- und/oder Ohrverletzungen aufgetreten sind. Alternativ kann der Tierhalter angeben, dass die Unerlässlichkeit von einem seiner Handelspartner (Ferkelerzeuger, Mäster) dargelegt wurde. Die Tierhalter-Erklärung ist für jede Produktionsstufe und jeden VVVO-Betrieb getrennt auszufüllen. Ab dem Ausstelltag ist sie ein Jahr lang gültig.

Risikoanalyse

Umfasst die Erhebung von deutlich sichtbaren Schwanz- und/oder Ohrverletzungen gemäß der Note 1 des KTBL-Leitfadens Tierschutzindikatoren sowie die Beurteilung von sechs Risikofaktoren. Die Erhebung der Verletzungen muss alle sechs Monate mindestens einmal stattfinden, bei Saugferkeln in einem Abteil, bei Aufzuchtferkeln und Mastschweine in mindestens zwei Abteilen. Alternativ können Schlachtbefunde genutzt werden. Die Erhebung dient dem Nachweis, dass das Kupieren zum Schutz der Tiere unerlässlich ist (wenn bei mehr als zwei Prozent der Tiere über einen Zeitraum von zwölf Monaten Bissverletzungen aufgetreten sind.) Die Beurteilung der Risikofaktoren ist einmal im Jahr zu dokumentieren.

Soweit die Theorie. Andrea Scholz weiß, dass die Dokumentation der Risikofaktoren sowie die Wahl von Optimierungsmaßnahmen Arbeit bedeuten. Vor allem die Ersterfassung jetzt zum 1. Juli dürfte für viele Landwirte aufwendig werden. Die Beratungsorganisationen sowie die LSZ Boxberg bieten Unterstützung an. Für noch schwieriger hält sie den Nachweis der Unerlässlichkeit des Schwanzkupierens zwischen Ferkelerzeuger und Mäster. Denn je nach Größe der Betriebe können die Handelsbeziehungen sehr komplex sein. Von Ferkelimporten aus Dänemark oder den Niederlanden ganz abgesehen.

Wie geht es weiter?

Der nationale Aktionsplan ist auf zwei Jahre angelegt. Danach soll auf Bundesebene eine Evaluierung der Ergebnisse stattfinden. Die Umsetzung und deren Kontrolle ist Sache der Landesagrarministerien. „Wir werden bestimmt kein Sonderkontrollprogramm starten“, versprach Dr. Thomas Pyczak. Das Vorhandensein der Tierhalter-Erklärung werde im Rahmen der üblichen Betriebskontrollen abgefragt.

Im Anhang finden Sie die Tierhalter-Erklärung, Vordrucke für die Risikoanalyse mit Erklärungen sowie die Vortragsunterlagen von Andrea Scholz und Dr. Thomas Pyczak als pfd.

Tierhalter-Erklärung

Risikoanalyse

Vortragsunterlagen Andrea Scholz, LSZ Boxberg

Vortragsunterlagen Dr. Thomas Pyczak, MLR

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