Wenig Neues bei der Braugerste
Die Braugerstenpreise stehen seit der Ernte unter Druck. Wie ein Hamburger Gerstenvermarkter mit bayerischen Wurzeln auf die Marktlage blickt, das war unter anderem Thema bei der Landesbraugerstentagung vergangene Woche in Distelhausen, einem Ortsteil von Tauberbischofsheim, im gleichnamigen Landkreis.
von Donat Singler erschienen am 17.12.2025Mit wenigen Sätzen beschreibt Dr. Alexander Rosenberger das Dilemma der aktuellen Getreidevermarktung aus landwirtschaftlicher Sicht: „Weltweit wurden zur Ernte 2025 geschätzt rund 3 Milliarden Tonnen Getreide geerntet. Der Verbrauch liegt bei 2,9 Milliarden Tonnen. Es bauen sich Vorräte auf und alle Getreidepreise sind gefallen. Der Preisrückgang trifft auch die Braugerste.“ Rosenberger (54) hat in Stuttgart-Hohenheim Agrarwissenschaften studiert und arbeitet für den Hamburger Getreidehändler Grainli als Geschäftsführer Handel Deutschland. Grainli ist eine hundertprozentige Tochter des Münchner Agrarhändlers BayWa.
Doppelt unter Druck
Das Interesse an der Landesbraugerstentagung der Landesbraugerstenstelle Baden-Württemberg in Distelhausen war groß. Rund 100 Gäste aus der gesamten Branche hatte Karl Endriß als zweiter Vorsitzender der Landesbraugerstenstelle in der Alten Füllerei der Distelhäuser Brauerei begrüßt. Den Vertretern von Landwirtschaft, Agrarhandel, Züchtung, Mälzern, Brauern, Verwaltung und Beratung konnte Alexander Rosenberger nicht wirklich Hoffnung auf eine Trendwende machen. Denn die Braugerste hat ein weiteres Problem: Der weltweit sinkende Alkoholkonsum, und damit der sinkenden Bierkonsum. Allein der deutsche Bierabsatz verlor in diesem Jahr 7 Prozent. Deshalb wird international und national weniger Malz und damit weniger Braugerste benötigt.
Die zähe Marktlage zeigt sich laut Rosenberger besonders in der Malzindustrie. Die heimischen Malzhersteller werden von den rückläufigen Malzexporten und dem geringeren Malzbedarf der deutschen Brauer in die Zange genommen. „Wir erwarten einen forcierten Strukturwandel der Malzindustrie“, sagte er. Die Auslastung der Verarbeiter liege bei nicht kostendeckenden 85 Prozent.
Wie zutreffend Rosenbergers Analyse war, erfuhr die Wertschöpfungskette im Nachgang der Tagung. Die französische Mälzerei Soufflet hatte Branchenangaben zufolge am Nachmittag des gleichen Tages angekündigt, ihre beiden verbliebenen deutschen Standorte von Durst Malz in Heidelsheim und Gernsheim aus Wettbewerbsgründen umgehend schließen zu wollen. Laut Internetseite stellt Durst Malz in Deutschland rund 200.000 Tonnen Malz her. Das entspricht 240.000 Tonnen Braugerste oder 13 Prozent der deutschen Braugerstenernte. Laut baden-württembergischem Agrarhandel dürfte diese Schließung die Auslastung der verbliebenen deutschen Verarbeiter verbessern.
Das Risiko streuen
Nach Angaben von Alexander Rosenberger notiert Braugerste der Ernte 2026 rund 20 Euro pro Tonne über der Ernte 2025. Erzeugerpreise für vertragsfreie Ware der Ernte 2025 sind in Baden-Württemberg allerdings rar, da die Mälzer vorerst ihre bestehenden Verträge abwickeln, heißt es aus dem Agrarhandel. Die BWagrar-Online-Marktseite agrarmarkt-bw.de nannte am Mittwoch, 3. Dezember 2025, einen Schwerpunktpreis von 165 Euro je Tonne, netto, frei Gosse Landhandel. Rosenberger gab sich in Distelhausen zuversichtlich, dass die Braugerste in Europa ihre Fläche einigermaßen hält. Der Grund: Mangels besserer Alternativen und ihrem Mehrwert in der Fruchtfolge, etwa als Sanierungskultur gegen Ackerfuchsschwanz.
Mit einer echten Trendwende bei den Preisen aus landwirtschaftlicher Sicht rechnet Rosenberger ebenfalls nicht. Das könnten nur „neue geopolitische Verwerfungen oder Wettermärkte“ schaffen. Wer von solchen Entwicklungen profitieren würde, sei nicht vorhersehbar. Zur Risikostreuung rät er deshalb zu Teilverkäufen: Das sei „nach wie vor das beste Mittel“.
Falls die Landwirte in Baden-Württemberg der Braugerste treu blieben, könnte sich der Anbau 2026 auf dem bisherigen Sommergerstenareal zwischen 52.000 und 53.000 Hektar stabilisieren, berichtete der Fachberater der Landesbraugerstenstelle, Karl-Otto Sprinzing. Nach seinen Worten brachte die Sommergerste 2025 im Land rund 280.000 Tonnen. Daraus könnten als Braugerste 150.000 bis 180.000 Tonnen vermarktet werden. Die in Baden-Württemberg ansässigen Handelsmälzereien verarbeiten laut Sprinzing jährlich 150.000 Tonnen Braugerste zu Malz. Ob sich die Verarbeitungskapazität nach der möglichen Schließung von Durst Malz in Heidelsheim verändert, ist offen.
Sortenempfehlung und Wettbewerb
Auf der Grundlage von Erträgen, agronomischen Daten, Qualität und der Einstufung des Bundessortenamts empfiehlt die Landesbraugerstenstelle für den Konsumanbau in Baden-Württemberg die Sommergerstensorten Amidala und Lexy der Saatzucht Breun sowie LG Caruso der Saatzucht Limagrain. Als Winterbraugerste die Sorte Somerset aus dem Hause KWS.
Beim Braugerstenwettbewerb der Landesbraugerstenstelle wurden drei dritte, zwei zweite und ein erster Preis vergeben. Die dritten Plätze teilen sich Johannes Opferkuch aus dem Einzugsgebiet des Landwirtschaftsamts Heidenheim, Lothar Schwarz aus Heilbronn und die Wilhelm und Jonas Ulshöfer GbR aus Bad Mergentheim. Die zweiten Plätze errangen Matthias Lutz aus Heilbronn und der Jakobshof aus Bad Mergentheim. Den ersten Platz sicherte sich Walter Ziegler aus Göppingen.


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