Geben Sie einen Suchbegriff ein
oder nutzen Sie einen Webcode aus dem Magazin.

Geben Sie einen Begriff oder Webcode ein und klicken Sie auf Suchen.
Forschung

Frühwarnsystem für trächtige Milchkühe

Im Zeitraum um die Geburt sind hochleistende Milchkühe starken Stoffwechselbelastungen ausgesetzt. Dies kann unter anderem zu Beeinträchtigungen des Immunsystems mit erhöhter Krankheitsanfälligkeit sowie zur Verminderung der Leistungsfähigkeit und des Wohlbefindens führen. Wissenschaftlerinnen am Leibniz-Institut für Nutztierbiologie Dummerstorf (FBN) ist es nun zum ersten Mal gelungen, einen physiologischen Marker zu identifizieren, der sichere Aussagen zur Stoffwechselstabilität von Milchkühen erlaubt.

Veröffentlicht am
/ Artikel kommentieren
Ast
Artikel teilen:

Das hierfür ausgegebene Patent basiert auf Untersuchungen zur Herzfrequenzvariabilität (HRV) von hochleistenden Milchkühen, die durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert worden sind. „Bislang gibt es in der Nutztierhaltung von Milchkühen keine verlässlichen Werte, die eine vorausschauende Aussage zur Entwicklung ihrer Gesundheit nach dem Abkalben ermöglichen“, sagte Studienleiterin Dr. Monika Röntgen. „Durch die nicht-invasive Bestimmung eines einzigen Parameters können jetzt bereits vier Wochen vor dem Abkalben Milchkühe mit guter Stoffwechselstabilität, hoher Nahrungsaufnahme und Milchleistung sowie solche mit verringerter Stoffwechselstabilität und erhöhtem Krankheitsrisiko erkannt werden. Mit unserem Parameter haben wir eine wissenschaftliche Grundlage gelegt, um künftig die drei wichtigen Säulen Gesundheit, Tierwohl und Leistungsvermögen effektiver in Einklang zu bringen.“

Schwellenwert markiert gesundheitliche Gefährdung

Es habe sich gezeigt, dass bei der Anpassungsfähigkeit von Milchkühen an Stoffwechselbelastungen eine hohe Variabilität existiert. Im Unterschied zu Risikotieren könnten andere Tiere besser mit dieser Beanspruchung des Stoffwechsels umgehen, stellten sich schneller mit Regulationsprozessen darauf ein und blieben gesund und leistungsfähig. „Wir haben daher nach Parametern, Biomarkern und Methoden gesucht, mit denen diese Gruppen frühzeitig, also bereits in der Trächtigkeit unterschieden werden können. Die rechtzeitige Erkennung von Risikokühen erlaubt vorbeugende Maßnahmen im Herdenmanagement und ist somit ein wichtiger Faktor zur Erhöhung des Tierwohls“, so die Veterinärmedizinerin.

Bisher wird eine Vielzahl von Einflussgrößen, wie Stoffwechselparameter, Entzündungsfaktoren und Hormone genutzt, um den Körperzustand der Kühe in der Frühlaktation (Milchabgabe) zu ermitteln. Sie reflektieren den aktuellen Zustand der Tiere und erlauben die Diagnostik von bestehenden Erkrankungen, sind jedoch als Frühwarnsystem zur Beschreibung der Anpassungsfähigkeit an die Stoffwechselanforderungen nicht geeignet. Die nach dem Abkalben notwendige körperliche Anpassung der Kühe wird durch das Zusammenspiel einer Vielzahl von Regulationsmechanismen erreicht, wobei Hormone und das vegetative Nervensystem eine wichtige Rolle spielen. Die Aktivität des vegetativen Nervensystems kann nach Aufzeichnung von Elektrokardiogrammen (EKG-Kurven) durch mathematische Analyse der Herzfrequenzvariabilität (HRV) ermittelt werden.

„Wir haben herausgefunden, dass sich Kühe mit normaler oder reduzierter Stoffwechselstabilität eindeutig in der Ausprägung des nichtlinearen HRV-Parameters Maxline (Lmax) unterscheiden“, so Röntgen. Ein weiterer entscheidender Vorteil im Gegensatz zu anderen Herzdaten sei die Unabhängigkeit des Parameters von aktuellen Einflüssen wie beispielsweise der Stoffwechsellage oder der Bewegungsaktivität der Kühe.

„Mit dem wissenschaftlich fundierten Lmax-Schwellenwert stehe Landwirten künftig ein Instrument zur Verfügung, mit dem trächtige Kühe mit erhöhtem Stresslevel und Erkrankungsrisiko vorausschauend erkannt und vorbeugende Maßnahmen eingeleitet werden können. Somit sei es auch möglich, betriebswirtschaftliche Risiken durch Behandlungskosten, Leistungsausfall und verringerte Fruchtbarkeit deutlich zu reduzieren.“

Ausblick – wie geht es weiter?

In einem nächsten Schritt soll in einer größeren Feldstudie die Praxiseinführung in der Milchrindhaltung erprobt werden. Die Herzfrequenz wird dazu mit einem während der Versuchsreihen am FBN speziell entwickelten Rinder-Gurt mit Elektroden und Sender aufgezeichnet und einer handelsüblichen Auswerteeinheit zugeleitet. Über eine Auswertungssoftware wird der individuelle Lmax-Wert der entsprechenden Milchkuh berechnet und anschließend mit dem Lmax-Schwellenwert verglichen. Die Rinderhalter erhalten dann die Information über die Gruppenzuordnung.

Für die Zukunft ist eine automatisierte Datenerfassung über Sensoren geplant. Darüber hinaus könne das Verfahren genutzt werden, um die Herdengesundheit und Zuchtstrategie langfristig durch Typisierung und Selektion weiblicher Tiere mit stabilem autonomen Regulationsvermögen und dadurch hoher Stoffwechselstabilität zu verbessern. „Unsere wissenschaftlichen Ergebnisse zeigen, dass solche Kühe in der Frühlaktation auch einen geringeren Stresslevel, ein höheres Nahrungsaufnahmevermögen und eine bessere Milchleistung aufweisen“, betonten die Wissenschaftlerinnen.

 

0 Kommentare
Was denken Sie? Artikel kommentieren

Zu diesem Artikel liegen noch keine Kommentare vor.
Schreiben Sie den ersten Kommentar.

Artikel kommentieren
Was denken Sie? Artikel kommentieren
Ort ändern

Geben Sie die Postleitzahl Ihres Orts ein.