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Märkte für Rinder- und Schweinehalter

Das Schwein steht im Fokus

Wer einen Stall bauen will, sollte sich künftig neben Fachberatern und -ausrüstern auch bei Tierschutz und Wissenschaft informieren, hieß es bei der Wintertagung der Viehzentrale Südwest (VZ) in Ulm und in Künzelsau.
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Die Perspektiven der Schweine- und Rinderhaltung in Baden-Württemberg waren Themen zweier gleichlautender Tagungen für Tierhalter Ende Januar 2017 in Ulm und Künzelsau. Zu der hochkarätig besetzten und in Ulm gut besuchten Veranstaltung hatte die VZ im Rahmen ihrer Wintertagung eingeladen. Beide Tagungen hatten zwei Schwerpunkte: Die Vermarktung von Schweine- und Rindfleisch sowie die künftigen Haltungsbedingungen für Schweine und Rinder, jeweils aus südwestdeutscher Sicht.

Tierschützer nehmen Einfluss

Bei den Erzeugerpreisen für Schlachtrinder und -schweine sieht die nahe Zukunft durchaus positiv aus, fasste Moderator Dr. Reinhard Funk seine Eindrücke nach drei Stunden Vortrag mit Diskussion in Ulm zusammen. Herausfordernder seien die Rahmenbedingungen der Tierhaltung. Der Kreis der Entscheider sei gewachsen. Gerichte und Nicht-Regierungs-Organisationen bringen ihre Stimmen ein, wenn es darum geht, wie Nutztiere künftig leben sollen, stellte der Vorstandsvorsitzende der Stuttgarter Vieherzeuger-Gemeinschaft fest.

Zuvor hatte der Hohenheimer Professor Dr. Thomas Jungbluth die gut 200 Zuhörer in Ulm darauf vorbereitet, dass sich die Haltungsverfahren bei Rindern und Schweinen deutlich ändern. Und dass heute mehr Parteien mitreden als das vor zwanzig Jahren der Fall war. Diese Situation könne man beklagen, sagte Jungbluth, zurückdrängen könne die Landwirtschaft die Einflussnahme von außen nicht mehr. Wichtiger sei die Frage, in welchen Bereichen die Landwirtschaft die Veränderungen mitgestalten kann.

Auflagen erwirtschaften

Nach seiner Einschätzung steht die Schweinehaltung stärker unter öffentlicher Beobachtung als die Rinderhaltung. „Das Schwein steht im Fokus“, sagte Jungbluth. Zusätzliche gesetzliche Anforderungen zu Tierschutz, Tierwohl und Umweltschutz sind jedoch nur über Investitionen machbar. Steht diesen Investitionen kein Vermarktungserlös gegenüber, machen noch mehr Höfe dicht, fürchtet der Forscher. Um Strukturbrüche zu vermeiden, wären lange Übergangsfristen hilfreich, etwa für die Nachfolgeverfahren der betäubungslosen Ferkelkastration. Deshalb riet Jungbluth den Zuhörern, wo immer möglich, Politiker in der Gemeinde, im Kreis, in Land und Bund anzusprechen und die Folgen politischer Entscheidungen darzulegen. Der direkte Kontakt sei nötig, weil die (Agrar)Politik teilweise gegenläufige Ziele abwägen muss.

Schrumpfkurs noch nicht zu Ende

Wie ein beschleunigter Strukturwandel aussieht, machte Dr. Rainer Pflugfelder am Beispiel der Sauenhaltung in Südwestdeutschland deutlich. Im Jahr 2000 hatte Baden-Württemberg noch einen Ferkelüberschuss von mehr als 1,6 Mio. Tieren, Bayern noch knapp eine Mio. Stück. Heute ist vom einstigen Exportüberschuss nichts mehr übrig, sagte der Geschäftsführer der in Stuttgart ansässigen Viehzentrale Südwest. Baden-Württemberg und Bayern produzieren nun weniger Ferkel als die Mastbetriebe jeweils landesweit benötigen. Die jüngsten Viehzählungsergebnisse zeigen, dass der Schrumpfkurs in der süddeutschen Ferkelerzeugung trotz besserer Preise noch nicht zu Ende ist.

Die Entscheidung, einen landwirtschaftlichen Betriebszweig zu schließen, fällt nicht über Nacht. Der Entschluss steht meist am Ende einer längeren Bedenkzeit. Gründe können mangelnde Erlöse sein. Insofern hatten die Sauenhalter in den vergangenen Jahren Grund genug, über die Zukunft ihrer Ferkelerzeugung nachzudenken. Doch seit etwa Mitte vergangenen Jahres sieht es besser aus. „Endlich liegt der Ferkelgrundpreis wieder bei 50 Euro“, freute sich Dr. Albert Hortmann-Scholten von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen. Der bundesweit anerkannte Fachmann für die Märkte von Rind- und Schweinefleisch erwartet für die Veredlungsbetriebe im neuen Jahr bessere Erlöse mit einer „Normalisierung“ der Betriebsgewinne.

Rindfleisch hängt an der Milch

Anders als bei Schweinefleisch steht der Rindfleischmarkt nicht für sich allein, sondern hängt vom Milchmarkt ab. Da sich die Milchpreise national und international erholen, rechnet der Oldenburger mit wieder stabileren Rindfleischpreisen auf einem höheren Niveau. Nach seiner Einschätzung zieht die Nachfrage in den nächsten Wochen an. „Bis Ostern“ könnten die Jungbullenpreise die Vier-Euro-Marke erreichen. Positiv für den Rindfleischmarkt ist der sinkende Selbstversorgungsgrad in Deutschland. 2017 liege der Wert noch bei 102 Prozent, künftig wird er unter 100 Prozent fallen. Gleichzeitig wächst der Pro-Kopf-Verbrauch in Deutschland: Im laufenden Jahr könnte der Wert von 13,8 kg auf 14 kg klettern. Mit Preissteigerungen rechnet Hortmann-Scholten mangels Masse auch bei Qualitätsfleischkälbern der Rassen Fleck- und Braunvieh.

Der aktuelle Preisanstieg bei Ferkeln und Schlachtschweinen sei erfreulich. Allerdings werden die Preisschwankungen bleiben, fürchtet der Marktkenner. Für Investitionsplanungen hält er einen durchschnittlichen Schlachtschweinepreis von 1,45 Euro je Kilogramm Schlachtgewicht und bei Ferkeln von 45 Euro je 25-Kilo-Ferkel für realistisch. Beide Werte gelten ohne Preiszuschläge.

Nicht aus dem Markt schießen

Den Absatzmarkt China hält er für mittelfristig weiterhin stark aufnahmefähig. Schwieriger sei die Flut von Auflagen. „Wir müssen aufpassen, dass wir uns damit nicht aus dem Markt schießen“, mahnte Hortmann-Scholten. Allein das Verbot der betäubungslosen Kastration gefährde die Qualität des Schweinefleischs. Die Forderung nach artgerechter Beschäftigung ist erfüllbar, wie die Initiative Tierwohl zeige. Die Forderung nach mehr Platz koste dagegen richtig Geld.

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