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LVEO-Mitgliederversammlung

Den integrierten Pflanzenschutz weiter entwickeln

Die Ziele im Eckpunktepapier stehen fest. Wie diese umgesetzt werden, ist in vielen Punkten jedoch noch unklar. Bei der Mitgliederversammlung des Landesverbandes Erwerbsobstbau am 3. März 2020 in Stuttgart hat Dr. Esther Moltmann vom Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz angedachte Details vorgestellt.
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Aufmerksame Zuhörer bei der LVEO-Mitgliederversammlung bei der Vorstellung von Details zum Eckpunktepapier, die allerdings nicht ohne Kritik blieb.
Aufmerksame Zuhörer bei der LVEO-Mitgliederversammlung bei der Vorstellung von Details zum Eckpunktepapier, die allerdings nicht ohne Kritik blieb.Werner-Gnann
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Anlass für Diskussionen in der Praxis gibt es in erster Linie beim Ziel, den Einsatz chemisch-synthetischer Pflanzenschutzmittel bis im Jahr 2030 um 40 bis 50 Prozent zu reduzieren. Die Mengeneinsparung soll dabei landesweit erfolgen, nicht auf den Einzelbetrieb bezogen. Doch für das angestrebte Reduktionsziel ist eine Basisgröße nötig, in der die bislang ausgebrachten Mengen erfasst sind. Geplant ist, dies über die Erhebung der ausgebrachten Mengen anhand eines landesweiten Betriebsnetzes mit 150 bis 200 Betrieben zu erfassen. Ergänzt werden soll diese Datenbasis durch weitere statistische Daten, beispielsweise Absatzzahlen von Pflanzenschutzmitteln sowie bereits in der Vergangenheit erhobene Daten aus der Meldepflicht ans Bundeslandwirtschaftsministerium, wie die Pflanzenschutzexpertin erläuterte. Dabei wird versucht, auch Daten der zurückliegenden Jahre 2016 bis 2019 mit zu berücksichtigen. Vorgesehen ist, diese Daten jährlich fortzuschreiben und dem Landtag zu berichten.

Wie die Datenbasis im Obstbau erfasst wird

Auf den Obstbau bezogen, sollen bei einer Anbaufläche von 12.000 ha in Baden-Württemberg die 40 bereits anonymisiert ans Julius Kühn-Institut (JKI) meldenden PAPA-Betriebe (PAPA steht dabei für Panel Pflanzenschutzmittel-Anwendungen) herangezogen werden, ergänzt um zehn bis 20 weitere Betriebe. „Es wäre schön, wenn die Ausweitung klappt“, ermunterte Moltmann zur Beteiligung integriert wirtschaftender Betriebe. Für Biobetriebe ist eine eigene Erhebung geplant.
Auch bei den neu meldenden Betrieben sollen die Daten über den Verband anonymisiert an staatliche Stellen wie das LTZ weitergeleitet werden. Dort erfolgt eine Auswertung, allerdings nicht nur nach Menge, sondern auch nach Risiko, wie die Pflanzenschutzexpertin deutlich machte. „Ein Vergleich der absoluten Menge ist oft ein Vergleich von Äpfeln mit Birnen“, meinte sie mit dem Verweis darauf, dass hochwirksame Mittel oft gering dosiert ausgebracht werden, während „umweltverträglichere“ Präparate oder Biomittel in höherer Menge appliziert werden müssen. Ergänzend zur reinen kilo- oder tonnenmäßigen Erfassung soll daher anhand einer wissenschaftlichen Methode (Synops-Indikator) das Risiko mit erfasst werden.
Auf Einwände aus dem Kreis der LVEO-Mitglieder, dass damit Vorleistungen des Obstbaus mit dem bereits vor 30 Jahren erfolgten Einstieg in die integrierte Produktion unberücksichtigt bleiben, erklärte Moltmann, dass es gerade im Obstbau schwierig sei, die Reduktionsziele zu erreichen. Was tatsächlich an Einsparungen noch möglich ist, soll daher parallel landesweit und über die Kulturen hinweg in 20 bis 30 Demonstrationsbetrieben erforscht werden, die intensiv beraten werden.

Weiterentwicklung des integrierten Pflanzenschutzes

Um das im Volksbegehren vorgesehene Komplettverbot für Pflanzenschutzmittel in sämtlichen Schutzgebieten – chemisch-synthetische wie biologische – abzuwenden, sieht das Eckpunktepapier landesspezifische Vorgaben vor. Diese lehnen sich im Obstbau an die acht Grundsätze des integrierten Pflanzenschutzes (IP) an und sollen dokumentier- und kontrollierbar sein. Nur in Naturschutzgebieten soll jeglicher Einsatz von Pflanzenschutzmitteln verboten sein, wovon der Obst- und Weinbau mit 120 ha betroffen ist.

Dabei betonte Moltmann, dass Baden-Württemberg Vorreiter beim integrierten Pflanzenschutz war und dass dies keineswegs nur ein „grünes Mäntelchen“ sei, das über das Sprühen in den Anlagen gehängt werde. Sie listete folgende angedachte Maßnahmen als landesspezifische Vorgaben in Schutzgebieten auf:

  • Vorbeugung durch resistente Sorten, Nützlingsförderung
  • Überwachung von Schaderregern
  • Beachtung von Bekämpfungsrichtwerten, Nutzung von Prognosemodellen
  • Bevorzugung biologischer und physikalischer, nicht chemischer Maßnahmen
  • Wahl zielartenspezifischer Pflanzenschutzmittel, abdriftmindernde Ausbringung
  • Begrenzung auf das notwendige Maß, Teilflächenbehandlung
  • Resistenzvermeidungsstrategien
  • Erfolgskontrolle anhand von Aufzeichnungen.

Dokumentier- und kontrollierbar

Allesamt Maßnahmen, die im Obstbau bereits bekannt sind, wie die Pflanzenschutzexpertin bestätigte. Damit die Maßnahmen dokumentier- und kontrollierbar werden, sind folgende konkretisierte landesspezifische Vorgaben für die Schutzgebiete angedacht:

  • Regelmäßige Nutzung unabhängiger Beratung (Teilnahme an IP-Gruppen, Warndienstabo, aktuelle Info-Schreiben)
  • Überwachung von Schaderregern, zum Beispiel mit Pheromonfallen für Wicklerarten (Rechnungen)
  • Beachtung von Bekämpfungsrichtwerten, zum Beispiel beim Apfelblütenstecher oder der Spinnmilbe (Pflanzenschutzmittelaufzeichnungen mit ermitteltem Bekämpfungssrichtwert)
  • Bevorzugung biologischer und physikalischer Maßnahmen, zum Beispiel Apfelwicklerbekämpfung mit Verwirrung und Granulosevirus, Schalenwickler mit biologischen Produkten (Dokumentation, gegebenenfalls Rechnungen)
  • Wahl zielartenspezifischer Pflanzenschutzmittel, zum Beispiel nützlingsschonendes Produkt Teppeki gegen Läuse, Bt-Produkte gegen Raupen (Dokumentation, gegebenenfalls Rechnungen)
  • Abdriftmindernde Ausbringung mit mindestens 75 bis 90 Prozent Abdriftminderung (Angabe des Gerätetyps inklusive der Düsen)
  • Begrenzung auf das absolut notwendige Maß mit dem Ziel der weiteren Minimierung, zum Beispiel Breite des Herbizidstreifens im Unterstockbereich reduzieren (Vor-Ort-Kontrolle, Dokumentation)
  • Nutzung von Prognosemodellen, zum Beispiel Schorf und Feuerbrand (Pflanzenschutzmittelaufzeichnungen mit Bezug zur Prognose)
  • Nützlingsförderung, zum Beispiel mit Nisthilfen, Blühstreifen, Stauden, Ankerpflanzen, Hecken, Steinhaufen (Vor-Ort-Kontrolle)
  • Resistenzvermeidungsstrategien (derzeit im Obstbau kaum möglich, vielleicht in Zukunft)
  • Erfolgskontrolle anhand von Aufzeichnungen und Spritzfenstern (letzteres ist im Obstbau aufgrund des Infektionspotenzials kaum möglich).

Dabei soll sich der Aufwand für die Dokumentation in Grenzen halten. Laut Moltmann sollte es genügen, im IP-Betriebsheft ein paar Spalten zusätzlich auszufüllen. Außerdem rechnet die Pflanzenschutzexpertin damit, dass diese Pflicht zur Dokumentation nicht nur über das Eckpunktepapier der Landesregierung auf die Praktiker zukommen wird. Es sei damit zu rechnen, dass eine stringentere Anwendung von IP-Vorgaben auch künftig von der EU und dem Bund gefordert werde.






 

 

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