Das Gift lauert in den Halmen
Ob Schierling, Hahnenfuß oder das allseits gefürchtete Jakobskreuzkraut: Immer häufiger breiten sich Giftpflanzen auf der Weide und im Heu aus. Für die empfindlichen Pferde hat das grüne Gift schnell Folgen.
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In den vergangenen Jahren klagen immer mehr Pferdehalter und Landwirte, dass die Anzahl der giftigen Pflanzen auf Weiden oder den zur Heugewinnung dienenden Wiesen stark zunimmt. Die Ursachen dafür sind sehr unterschiedlich. Zum einen gibt es EU-Förderprogramme, die Brachflächen unterstützen und damit die Artenvielfalt erhöhen, leider aber auch dann die der Giftpflanzen. Die klimatischen Veränderungen (weniger Niederschlag, höhere Temperaturen) in den vergangenen Jahren führen dazu, dass sich zum Beispiel Kreuzkrautarten immer mehr vermehren. Aber auch eine hohe Besatzdichte und/oder mangelndes Weidemanagement können dazu führen, dass sich giftige Pflanzen auf Pferdeweiden ausbreiten. Wildpferde meiden in der Regel Giftpflanzen. Bei unseren Hauspferden darf man sich dabei aber nicht mehr auf den Instinkt verlassen. Viele Pferde stürzen sich nach einer Winterpause regelrecht auf Grünfutter, ohne groß zu unterscheiden, ob es sich um Gras oder um eine giftige Pflanze handelt.
Auch in Heu und Silage noch giftig
Durch die Trocknung verlieren Giftpflanzen ihren typischen Geruch und Geschmack; die Pferde können die Pflanzen nicht mehr aussortieren. Folgende Pflanzen sind auch in Heu und Silage noch giftig: Adlerfarn (Pteridium aquilinum), Adonisröschen (Adonis vernalis), Kreuzkraut (Senecio vulgaris), Johanniskraut (Hypericum maculatum) und die Herbstzeitlose (Cochium autumnale). Besonders gefährlich sind die Kreuzkrautarten, sie enthalten leberschädigende Stoffe, die sogenannten „Pyrrolizidinalkaloide“, die auch nicht durch Trocknung oder Silierung inaktiviert werden. Bei längerer Aufnahme treten Symptome wie Appetitlosigkeit, Abmagerung, Abgeschlagenheit und Benommenheit auf. Erhöhte Leberenzymaktivitäten und Ammoniak-Gehalte im Blut deuten ebenfalls auf eine Vergiftung durch Pflanzen hin. Besonders vorsichtig muss man bei Ausritten oder auf Turnieren sein. Hier kommen dem Pferd giftige Pflanzen in die Quere, die es sonst in seiner herkömmlichen Umgebung nicht findet. Buchsbaum oder Oleander werden gerne als Dekoration aufgestellt.
Die Vergiftungsgefahr durch die Eibe (Taxus baccata) ist im Herbst besonders hoch, denn dann enthalten die Nadeln den höchsten Giftgehalt. Vorsicht auch beim Lebensbaum (Thuja ssp.), Seidelbast (Daphne mezereum), Robinie (Robinia pseudoacacia), Goldregen (Laburum anagyroides), Eisenhut (Aconitum ssp.), Tollkirsche (Atropa belladonna) und Fingerhut (Digitalis ssp.). Von diesen Pflanzen sollten die Pferde während eines Ausrittes definitiv nicht naschen.Das Jakobskreuzkraut kennt inzwischen nahezu jeder Pferdehalter. Die gelb-blühende Pflanze ist in ganz Deutschland verbreitet. Sie kommt häufig auf extensiv genutzten Weiden, an Wegen und Straßenrändern sowie an Böschungen und Waldrändern vor. Schlecht gepflegte Standweiden mit einer lückenhaften Grasnarbe sind relativ anfällig für Jakobskreuzkraut. Einige Giftpflanzen verlieren im trockenen Zustand ihre Giftigkeit. Nicht so das Jakobskreuzkraut. Es ist sowohl im frischen als auch im konservierten Zustand giftig für Pferde.
Jakobskreuzkraut extrem giftig
Die Konzentration der giftigen Alkaloide ist vor allem in der Blüte besonders hoch. Besonders gefährlich ist die Jungpflanze, denn diese enthält noch keine Bitterstoffe und wird von den Pferden eher gefressen. Die blühende Pflanze wird wegen der Bitterstoffe eher verschmäht und wird bei ausreichendem Futterangebot in der Regel nicht gefressen. In den letzten Jahren erkrankten im Frühjahr und Herbst immer wieder einige Pferde an dieser mysteriösen Krankheit. Die Tiere leiden unter einer Muskeldegeneration, Lähmungserscheinungen, Krämpfen und Schweißausbrüchen. Die Krankheit zeigt sich plötzlich mit dramatischem Verlauf und einer hohen Sterblichkeit (90 bis 95 Prozent). Die Ursache scheint noch nicht zu 100 Prozent geklärt zu sein; unter großem Verdacht steht der Samen des Bergahorns mit dem Giftstoff Hypoglycin A. Unter bestimmten klimatischen Bedingungen (Kälteeinbruch) und in Verbindung mit einer schlechten Weidepflege sowie knapp versorgten Pferden (Energie, Mineralstoffe und viele andere Spurenelemente) scheint das Risiko erhöht zu sein, dass Pferde an Atypischer Weidemyopathie erkranken.
Ein richtiges Weidemanagement ist die beste Methode der Beämpfung und Vorbeugung gegen Giftpflanzen. Eine regelmäßige Nachsaat verhindert beziehungsweise schließt Lücken in der Grasnarbe. Eine Standort angepasste Düngung stärkt die erwünschten Gräser und drängt unerwünschte Pflanzen zurück. Einzelne Giftpflanzen können vor der Blüte ausgestochen werden. Zwei Schnitte pro Jahr drängen Jakobskreuzkraut und andere Giftpflanzen zurück. Ganz wichtig: Schnittgut mit Jakobskreuzkraut darf nicht auf den Misthaufen oder den Kompost. Es muss zum Beispiel verbrannt oder mit dem Hausmüll entsorgt werden. Bei sehr hohem Aufkommen von Jakobskreuzkraut oder anderen Giftpflanzen hilft nur eine chemische Bekämpfung durch den Fachmann.
In der angehängten Tabelle können Sie sich einen schnellen Überblick über die wichtigsten Giftpflanzen verschaffen.
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