Bundesratsinitiative zur Änderung der Sauenhaltung
Die Haltung von Sauen in engen Kastenständen sei nicht verhaltens- und tiergerecht. Das sogenannte „Magdeburger Urteil" hat Agrarminister Christian Meyer hierin bestätigt. Die niedersächsische Landesregierung hat daher am Dienstag (15. August 2017) einen Antrag Niedersachsens auf Entschließung des Bundesrates zur Sauenhaltung im Kastenstand frei gegeben. Damit soll die Bundesregierung aufgefordert werden, die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung (TierSchNutztV) zu ändern.
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Nach einer entsprechenden Übergangsphase sollen Sauen bis eine Woche vor dem Abferkeln nur noch in Gruppen gehalten werden dürfen. Eine weitere Ausnahme ist eine Frist von maximal fünf Tagen während der Rausche (Brunst) und Besamung der Sauen im sogenannten Deckzentrum. Niedersachsens Agrarminister Christian Meyer: „Die Haltung von Muttersauen in engen Fangkörben, in denen sich die Tiere nicht drehen und frei bewegen können, ist nicht tiergerecht. Wir wollen den Sauen ein freies Abferkeln ermöglichen, wie es bereits in anderen Ländern praktiziert wird."
Magdeburger Urteil
Bisher werden Sauen oft bis zu einem Monat im Deckzentrum in engen Kastenständen gehalten. Dabei können sie im Liegen oftmals nicht einmal die Beine ausstrecken. Nach dem Urteil des Oberverwaltungsgerichtes Magdeburg im November 2015 und einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom November 2016 verstößt diese Haltung von Sauen in den heute praxisüblichen Kastenständen gegen die derzeitigen Mindestanforderungen nach § 24 der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung. So hatte das OVG Magdeburg entschieden, dass die in einem Kastenstand gehaltenen Sauen die Möglichkeit haben müssen, jederzeit ungehindert aufzustehen, sich hinzulegen sowie den Kopf und in Seitenlage die Gliedmaßen ausstrecken zu können. Einen entsprechenden Beschluss zum Ausstieg aus dem Kastenstand hatte auch die letzte Agrarministerkonferenz (AMK) unter dem Vorsitz Niedersachsens gefasst.
Christian Meyer: „Der Bund ist jetzt am Zuge, den Beschluss der Länder zügig umzusetzen. Niedersachsen will einen grundlegenden Ausstieg aus dem Kastenstand. Bis dahin muss es für bestehende Anlagen eine ausreichende Übergangszeit geben. Dazu muss die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung geändert werden, damit die Betriebe Planungssicherheit im Hinblick auf das Kastenstandsurteil haben."
Fördermittel bereitstellen
Es ist davon auszugehen, dass die Sauenhalter ihre jetzigen Anlagen teilweise mit beträchtlichem Aufwand umrüsten müssen, um entsprechenden Anforderungen gerecht zu werden. Daher wird der Bund aufgefordert, hierfür Fördermittel bereitzustellen. Für Neu- und Umbauten soll der Ausstieg aus dem Kastenstand sofort gelten. Für bestehende Ställe ist eine angemessene Übergangsfrist, längstens zehn Jahre, vorgesehen. Eine Verlängerung der Übergangsfrist um weitere zwei Jahre soll erfolgen, wenn der Inhaber des Betriebes spätestens ein halbes Jahr vor Ablauf der Übergangsfrist einen Bauantrag für erforderliche Umbaumaßnahmen vorlegt. Im Einzelfall soll die Nutzung der bisherigen Haltungseinrichtung für eine weitere Frist von längstens weiteren drei Jahren genehmigt werden.
Mit den Übergangsfristen soll ein starker Strukturwandel einhergehend mit einer Abwanderung der Sauenhaltung aus Deutschland vermieden werden. Kurzfristig ist es darüber hinaus erforderlich, die Ausgestaltung der jetzigen Abferkel- und Säugebereiche den tierschutzgerechten Bedürfnissen der Sauen anzupassen. Auch hierzu wird die Bundesregierung aufgefordert, rechtliche Klarstellungen in der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung zu verankern.
„Unsere Betriebe brauchen Planungssicherheit und Hilfe für eine tierschutzgerechte Haltung. Wenn der Bund eine Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung weiter verweigert, gefährdet er die Sauenhaltung in Deutschland. Die Folge wäre ein regionaler Flickenteppich beim Tierschutz, den nur große Betrieb leisten können", sagte Meyer. Niedersachsen hat kürzlich eine Tierwohlprämie von 150 Euro pro Sau für freies Abferkeln ohne Kastenstand von der EU genehmigt bekommen. Damit sollen Tierhalter, die bereits jetzt ohne Kastenstand arbeiten, honoriert werden.
Neugestaltung der Kastenstandhaltung
Ausgelöst durch das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Sachsen-Anhalt – und um Rechts- und Planungssicherheit für Landwirte zu schaffen – soll die Kastenstandhaltung von Sauen im Deckzentrum künftig neu gestaltet werden, so das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) in einer Presseerklärung am Mittwoch (16. August 2018). Basierend auf dem Beschluss der für Landwirtschaft zuständigen Staatssekretäre vom Januar dieses Jahres wurde in den letzten Monaten in einer gemeinsamen Bund-Länder-Arbeitsgruppe an einem Konzept zur zukünftigen Haltung von Sauen im Deckzentrum gearbeitet. Einigkeit besteht darin, dass in Zukunft die zulässige Dauer der Fixierung von Sauen im Deckzentrum deutlich reduziert werden soll und sich die zukünftigen Kastenstandweiten an der Größe der Tiere orientieren müssen. Die Neuerungen sollen nach einer angemessenen Zeitspanne umzusetzen sein, die die Belange des Tierschutzes berücksichtigt und gleichzeitig einen Strukturbruch in der Ferkelerzeugung vermeidet.
Schmidt legt Vorschlag zum Kastenstand nach
Dazu erklärt Bundesminister Christian Schmidt: „Ich habe einen Vorschlag zur Neugestaltung der Kastenstandhaltung vorgelegt, der den Tierschutz für Schweine verbessert und den Schweinehaltern eine kalkulierbare Übergangszeit für eine schrittweise Anpassung bietet. Der nach intensiven Gesprächen mit den für den Vollzug zuständigen Bundesländern entwickelte Vorschlag ist ein klares Bekenntnis zu Tierschutz und Vertrauensschutz. Er ist ein Bekenntnis zur Tierhaltung in Deutschland. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft und die Länder verfolgen das Ziel, möglichst schnell Rechts- und Planungssicherheit für Landwirte und Vollzugsbehörden herzustellen. Die in den Betrieben vorhandenen Kastenstände sollen nur noch befristet beibehalten werden dürfen, danach muss die Fixationsdauer deutlich verkürzt werden. Damit leisten wir einen wichtigen Beitrag zu einer weiteren Verbesserung des Tierschutzes in der Schweinhaltung und verhindern gleichzeitig einen Strukturbruch in der deutschen Ferkelerzeugung.“
Gangbarer Weg aus Sicht des BMEL
Aus der Sicht des BMEL stellen folgende Eckpunkte einen gangbaren Weg im Hinblick auf die künftige Kastenstandhaltung im Deckzentrum dar: Betriebe, die nach 10 Jahren ein verbindliches Umstellungskonzept vorgelegt und, falls erforderlich, einen Bauantrag gestellt haben, erhalten eine Übergangsfrist von 15 Jahren. Zur Vermeidung unbilliger Härten kann die zuständige Behörde eine Verlängerung von bis zu 2 Jahren genehmigen. Diese Frist korrespondiert mit entsprechenden Fristen in Dänemark. Danach beträgt die maximal zulässige Fixationsdauer acht Tage, statt der bislang üblichen bis zu 35 Tage.
Während der Übergangszeit müssen die Kastenstände so beschaffen sein, dass sich die Tiere nicht verletzen können und jedes Schwein ungehindert aufstehen, sich hinlegen sowie den Kopf ausstrecken kann. Den Landwirten wird damit ermöglicht, ohne Zwischeninvestition die Umstellung auf die deutliche Verkürzung der Fixationsdauer und die neuen Anforderungen an Kastenstände vorzunehmen, was einen bedeutenden Fortschritt im Tierschutz darstellt.
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