Bio boomt! Alles in Butter?
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Herr Reiser, der Lebensmitteleinzelhandel meldet für 2019 einen Umsatzzuwachs bei Bioprodukten von rund zehn Prozent auf zwölf Milliarden Euro. Discounter und Filialisten nehmen immer mehr Bio in ihre Regale. Wie beurteilen Sie diese Entwicklung? Sind die von der Bundesregierung angepeilten 20 Prozent, im Südwesten laut Eckpunktepapier sogar 30 bis 40 Prozent Öko bis 2030 zu schaffen?
Ich bin mir sicher, dass wir auch die 40 Prozent bis in zehn Jahren erreichen werden. Lebensmittel aus biologischem Anbau sind zwischenzeitlich in der Mitte der Gesellschaft angekommen, wenn auch das tatsächliche Kaufverhalten noch dem ‚gefühlten‘ Kaufverhalten hinterher hinkt. Die Tatsache, dass gerade Discounter und der Lebensmitteleinzelhandel Bioprodukte für sich entdeckt haben, spricht eine klare Sprache. Anbau und Absatz müssen gemeinsam wachsen – und dies gelingt eben nur mit dem Lebensmitteleinzelhandel.
Die Werbung, die Lidl, Aldi und Co. für Bio machen, ist gigantisch. Wenn sich die Konsumenten erst einmal mit Lebensmitteln aus ökologischem Anbau im Discounter auseinandersetzen, ist es nur eine Frage der Zeit, bis diese Käufer Kunden in den Biofachgeschäften oder den Hofläden sind.
Wie können Erzeuger mit Direktvermarktung angesichts wachsender Öko-Vielfalt in den Regalen im Wettbewerb bestehen?
Durch Verbandsware, regionale Herkunft und somit kurzen Transportwegen kann schon viel bewegt werden. Zudem bedarf es einer einwandfreien Frische und Qualität; diese Merkmale werden im Bio-Bereich von den Kunden honoriert.
Mit Innovationen seitens der Erzeugerbetriebe können gerade im Verarbeitungsbereich die Landwirte noch punkten. Unverpackt angebotene Ware, eine ideenreiche Sortimentsgestaltung und die direkte Verbindung zum landwirtschaftlichen Betrieb sind weitere Alleinstellungsmerkmale.
Ab Januar 2021 gilt die neue EU-Öko-Verordnung. Was ist bei ihrer Umsetzung in nationales Recht besonders wichtig? Wo liegen Stolpersteine, die es wegzuräumen gilt?
Die ursprüngliche Fassung der neuen EU-Öko-Verordnung wurde in Deutschland lange Zeit auf die leichte Schulter genommen. Dabei trifft sie einige Bio-Betriebe und besonders auch die neu umgestellten Betriebe recht hart.
Zwischenzeitlich haben wir mit vereinten Kräften von Deutschem Bauernverband (DBV), Bioverbänden und Politik einige Positionen entschärfen können. So wurden die vorgesehenen Änderungen für die Schweinehalter fast komplett zurückgenommen. Im Geflügelbereich ist bezüglich der Hinzurechnung der Kaltscharrfläche zur Stallfläche auch ein Kompromiss in Sicht.
Bei der künftigen Bewertung von Umstellungsware für Biomischfutter sind wir noch in der Abstimmung. Dieser Punkt ist im Hinblick auf weiteres Wachstum der Bio-Branche von zentraler Bedeutung. Positiv sehen wir die verschärften Kontrollregelungen für Importware aus Drittländern.







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