Geben Sie einen Suchbegriff ein
oder nutzen Sie einen Webcode aus dem Magazin.

Geben Sie einen Begriff oder Webcode ein und klicken Sie auf Suchen.
Marktlage von Biospeisedinkel

Der Trendsetter: Biodinkel

Biospeisedinkel liegt schwer im Trend. Die Verbrauchernachfrage ist so stark, dass der Markt bereits Wochen vor der Ernte ausverkauft war, wie eine aktuelle #Ö-Umfrage ergab.
Veröffentlicht am
/ Artikel kommentieren
Jonas Klein
Artikel teilen:

Für die Anbauer und Vermarkter von Biodinkel ist Ende Juni ein turbulentes Wirtschaftsjahr zu Ende gegangen. Im Spätherbst vergangenen Jahres wurde in einer Marketingabteilung eines Lebensmitteleinzelhändlers eine einsame Entscheidung getroffen. Mit dem Gespür für eine wachsende Verbrauchernachfrage setzten die Kaufleute ungefragt Produkte aus Biodinkel in die Werbung und versprachen den Konsumenten Verbandsware deutscher Herkunft. Die Vorlieferanten waren darüber nicht informiert.

Schlagartig steigende Preise

Noch vor Corona schlug das Marketingprojekt im kleinen Dinkelmarkt wie eine Bombe ein. Die Verbraucher griffen dankbar zu, aber Erzeugergemeinschaften, Getreidehändler und Müller wussten plötzlich nicht mehr, wie sie die schlagartig steigende Nachfrage bedienen sollten. Die alte Ernte war schon verkauft, die neue steht jetzt erst an. Um keine Kunden im Einzelhandel zu verlieren, mussten selbst Bio-Erzeugergemeinschaften überteuerte Ware zukaufen. Mit der Coronakrise stiegen die Preise weiter „und schmierten nach oben ab“, beschrieb ein Biokaufmann die dramatische Marktentwicklung.

Der Markt bildet sich

Der Preisanstieg begann im Dezember 2019. Bereits bei der Biofach im Februar dieses Jahres fragten konventionelle Händler händeringend bei ihren Ökokollegen nach Mengen und Preisen. Doch diese Hochpreisphase für Biospeisedinkel ist jetzt vorbei. Mit dem Drusch der neuen Ernte „bildet sich gerade der Markt“, über Preise könne man noch nichts sagen, hieß es bei der Umfrage im Juli im Südwesten mehrfach.
Schätzungen zufolge dürfte der Erzeugerpreis für vertraglich gebundenen Biospeisedinkel beim Verkauf in der Ernte 2020 je nach Vermarkter stabil bleiben oder um einstellige Prozentzahlen gegenüber 2019 steigen. Für Biospeisedinkel der Güteklasse EU-Bio wurde für ungeschälte Vertragsware (im Spelz), ex Ernte 2020, zum Beispiel 450 Euro je Tonne, netto, frei Gosse Landhandel, genannt. Hochpreisiger sind Bioland, Naturland und Demeter. Über die Höhe der Preisdifferenz entscheidet die Marktlage. Bei der Umfrage wurde deutlich, dass der Preisspielraum nach oben Grenzen hat. Verarbeiter und Einzelhandel werden nicht mehr jede Preisforderung mitmachen, erwarten Erfasser.

Vegetarier greifen oft zu Bio

In deutschen Einkaufskörben landen weniger Fleisch und Wurst, aber mehr pflanzliche Produkte. Manche verzichten ganz auf Fleisch. Nach Angaben aus der Saatgutwirtschaft zählen sich in der Bundesrepublik bereits 6,1 Mio. Menschen zu den Vegetariern, gut jeder Zweite zu den Flexitariern und auch der Anteil der Veganer wächst. Diese Käufergruppen greifen in der Ernährung unter anderem zu Biogetreide mit dem Trendsetter Biodinkel.

Kann das Angebot nun mit der wachsenden Nachfrage Schritt halten? Darüber gingen die Meinungen bei der #Ö-Umfrage auseinander. Die befragten Kaufleute rechnen im Südwesten je nach Standort mit einer unterdurchschnittlichen, durchschnittlichen oder überdurchschnittlichen Ernte beim Biospelzweizen. Im Norden des Landes litt selbst der Dinkel unter der Trockenheit im April und Mai. Anderswo sieht es besser aus. Viele Vermarkter erwarten ausreichende Ernten. Denn in manchen Regionen dürfen die Umsteller ihre Ackerfrüchte zum ersten Mal als anerkanntes Biogetreide vermarkten. Es gibt aber auch namhafte Stimmen, die davon ausgehen, dass die 2020er-Ernte den Biodinkelbedarf nicht deckt.

Der Markt ist zu klein, um Schwankungen zu puffern

Der Markt für Biospeisedinkel ist noch nicht groß genug, um Angebotsschwankungen ohne Preisbruch zu puffern. In Baden-Württemberg deckt der gesamte Dinkelanbau Schätzungen zufolge zehn Prozent des Weizenareals ab, im Bund liegt der Anteil bei 3,3 Prozent des Weizenanbaus. Zur Ernte 2019 waren es in Baden-Württemberg rund 21.700 Hektar – so wenig Fläche wie bei Hafer – davon 30 Prozent oder 6500 Hektar für die Biovariante.

Zur diesjährigen Ernte soll die Erzeugung von Dinkelsaatgut allein in Deutschland um 70 Prozent auf 3500 Hektar gewachsen sein. Ob der enorme Zuwachs den Markt zum Kippen bringt oder von der Nachfrage locker geschluckt wird, das wird die Konsumernte 2021 zeigen. Das Interesse der Landwirte im klassischen Anbau ist rege. Dort sind die Vorvertragsangebote zur Ernte 2021 höher als 2020. Den kleineren Biodinkelmarkt wird das nicht unberührt lassen. Wie die Entscheidung auch ausfällt, ob bio oder klassisch, ein Anbauvertrag mit einem Vermarkter sollte auf jeden Fall Pflicht sein.

Die Balance finden
  • Der Markt für Biospeisedinkel war bis zur Ernte 2020 unterversorgt.

  • Zur Ernte 2020 stieg der Anbau von Dinkelsaatgut um 70 Prozent und damit die Gefahr, dass zur Ernte 2021 mehr angebaut als gebraucht wird.

  • Der Markt für (Bio-)Dinkel ist im Vergleich zum klassischen Weizen immer noch klein. Deshalb ist er anfälliger als sein großer Bruder für Angebotsschwankungen mit der möglichen Folge von Preisdruck und Anbaueinschränkungen.

 

0 Kommentare
Was denken Sie? Artikel kommentieren

Zu diesem Artikel liegen noch keine Kommentare vor.
Schreiben Sie den ersten Kommentar.

Artikel kommentieren
Was denken Sie? Artikel kommentieren
Ort ändern

Geben Sie die Postleitzahl Ihres Orts ein.