Geben Sie einen Suchbegriff ein
oder nutzen Sie einen Webcode aus dem Magazin.

Geben Sie einen Begriff oder Webcode ein und klicken Sie auf Suchen.
Außerfamiliäre Hofübergabe

…vom Ruhrpott ins Dahner Felsenland

Kein Hofnachfolger, aber der Wunsch, den in fünfter Generation geführten Betrieb und seine Identität langfristig zu erhalten – als Plan B blieb also nur die außerfamiliäre Hofübergabe. Der Bärenbrunnerhof in der Pfalz ging so als erster Betrieb in die BioHöfe Stiftung über.

Veröffentlicht am
/ Artikel kommentieren
 Idyllisch im Dahner Felsenland gelegen: der Bärenbrunnerhof. Der Vierseitenhof steht unter Denkmalschutz.
Idyllisch im Dahner Felsenland gelegen: der Bärenbrunnerhof. Der Vierseitenhof steht unter Denkmalschutz. Isabelle Bohnert
Artikel teilen:

Bereits während ihres Studiums der Ökologischen Agrarwissenschaften in Witzenhausen war Nina und Sebastian Kill klar, dass sie als Selbständige in die Landwirtschaft möchten. Beide stammen aus dem Ruhrgebiet: Nina aus Dortmund, Sebastian aus Herne. Kennengelernt hatten sie sich bereits vor dem Studium im ersten Lehrjahr bei einem Bioland-Betrieb. Ihr Traum damals: ein Milchviehbetrieb mit 100 Kühen in Norddeutschland. Ihre Suche aber hat sie auf den Bärenbrunnerhof, einen Biohof mit Viehwirtschaft und Hofbäckerei im Dahner Felsenland in Rheinland-Pfalz, geführt. Es ist vor allem ein Grünlandstandort mit wenig Getreideanbau für das Brot der Hofbäckerei.

2017 ist der Bärenbrunnerhof als erster Betrieb in die BioHöfe Stiftung übergegangen. Der Hof beherbergt noch eine Gaststätte und ein Outdoor-Ladengeschäft, von jeweils anderen Pächtern geführt, und zwei Ferienwohnungen, welche die ehemalige Besitzerin vermietet.

Über die Hofbörse zum eigenen Betrieb

Den Tipp, sich bei Ingrid Müller, der ehemaligen Besitzerin vom Bärenbrunnerhof im südpfälzischen Schindhard zu melden, gab ihnen Burkhardt Heckmann von der Hofbörse – und das mit dem guten Rat, sich nicht abweisen zu lassen. Ingrid Müller fand die beiden mit Anfang 20 noch zu jung für eine Hofübernahme. Doch die zwei angehenden Betriebsleiter blieben hartnäckig und konnten sich im Februar 2005 den Bärenbrunnerhof anschauen. Sie waren der ehemaligen Betriebsleiterin wohl sympathisch, denn bereits im April 2005 konnten die Nachfolger auf dem Hof einziehen. Knapp eineinhalb Jahre arbeiteten sie gemeinsam mit Ingrid Müller im Betrieb, bis sie im September 2006 den Pachtvertrag für 25 Jahre mit Verlängerungsoption um fünf Jahre unterschreiben konnten. Die Auflage war, den Hof weiterhin biologisch zu bewirtschaften und die Tiere zu übernehmen.

Da die Pacht relativ niedrig angesetzt ist, sieht der Vertrag zur außerfamiliären Hofübergabe eine jährliche Eigenbeteiligung bei Reparaturen vor. Das lebende und das tote Inventar haben die Betriebsleiter abgekauft. „Das war uns wichtig, denn das Mieten von Inventar birgt Konfliktpotenzial“, betont Sebastian Kill.

Unterstützung, aber ohne Reinreden

„Es gehört dazu, dass bei einer Hofübergabe nicht alles perfekt vorbereitet ist. Man muss flexibel sein. Und auch Dinge tun, die man vielleicht nicht mit ganz großer Begeisterung macht, wie ich das Brotbacken. Natürlich übernimmt man die laufenden betrieblichen Strukturen. Und am Anfang hört man oft, wenn man etwas in Frage stellt: Das haben wir hier immer schon so gemacht“, sagt Nina Kill. Doch mit Unterzeichnung des Pachtvertrags habe sich das sofort geändert: Ingrid Müller habe ihnen nicht mehr in die betrieblichen Angelegenheiten hineingeredet. „Das hätte ich nicht gedacht, aber wir konnten den Betrieb führen, wie wir es für richtig hielten. Ingrid ging ihren eigenen Tätigkeiten nach, war aber immer da, wenn wir sie brauchten, und bietet uns heute noch ihre Mithilfe an“, betont Sebastian Kill.

Wichtig finden Nina und Sebastian Kill, dass Landwirte, die einen Hof übernehmen wollen, darauf achten, wie es sich in der Region verhält. Denn was bringe ein Betrieb, wenn er ähnlich gelagert ist wie die umliegenden und es eine große Konkurrenz untereinander gebe? „Auch sollte man den Entfernungsradius, in dem man einen Hof sucht, nicht zu eng ziehen“, empfiehlt Nina Kill aus eigener Erfahrung.

Im Hofalltag waren die beiden schnell angekommen. Doch bis sie ihr Netzwerk aufgebaut hatten und den Leuten ein Begriff waren, dauerte es rund fünf Jahre. Mittlerweile sind sie in der Pfalz vollkommen integriert, auch die anfänglichen Schwierigkeiten mit dem Pfälzer Dialekt haben sie gemeistert. In den ersten zehn Jahren haben Nina und Sebastian Kill allen Gewinn in den Hof gesteckt. „Unser Steuerberater hatte in dieser Zeit immer Angst um uns, da wir kaum Geld für uns selbst ausgaben“, erzählt Nina Kill lachend. „Ihr müsst doch mal in Urlaub gehen, meinte er.“ Ein eigenes Gehalt haben die beiden nicht angesetzt. Die Versicherungen und die Ausgaben für den Alltag werden über das Konto beglichen. Wenn es eine Privatentnahme von 500 Euro im Monat gebe, so sei das viel. Als Freiheit empfindet Nina Kill gerade die selbstständige Art des landwirtschaftlichen Wirtschaftens, wobei Sebastian Kill einräumt, dass es schon einen sehr großen Aufwand bedeute, wenn man für zwei Tage wegfahren wolle.

Herausforderungen: Denkmalschutz und Realteilung

Der Vierseitenhof in Alleinlage steht unter Denkmalschutz und wurde bis zur Übernahme durch Nina und Sebastian Kill in fünfter Generation und seit 1982 ökologisch bewirtschaftet. Die Denkmalschutzbehörde hat ihnen das Leben schwergemacht. Das Schlachthaus, das sie lieber in der Bauweise der Halle bauen lassen hätten, musste den ursprünglichen Gebäuden angepasst werden. Die Umsetzung der Auflagen kostete Zeit und Geld, aber vor allem Nerven: „Für uns ist es keine Frage, dass der Hof erhalten bleiben soll. Aber warum die neuen Gebäude nicht eindeutig sichtbar als später dazugekommen aussehen können, verstehen wir nicht. Die Zusammenarbeit war sehr schwierig und stressig. Man hat eher gegeneinander als miteinander gearbeitet. Nun soll das Dach des Hofladens neu gedeckt werden, und mir graut schon davor“, erklärt Nina Kill ernüchtert.

Die Zusammenarbeit mit der BioHöfe Stiftung beschreibt Nina Kill als unproblematisch. Nachdem die Quelle nicht mehr ausreichend Wasser in trockenen Monaten hatte, hat der Hof im letzten Jahr einen Wasseranschluss erhalten. Das Geld hierfür hat die Stiftung vorgestreckt. „Der Vorteil, einen Hof bei einer Stiftung zu pachten, ist, dass die Emotionen raus sind. Wir klären die anstehenden Dinge sachlich und haben die notwendige Distanz dafür. Ich habe ein besseres Gefühl bei einem öffentlichen Betrieb“, erklärt Sebastian Kill.

Die Realteilung stellt für die beiden Betriebsleiter ein Problem dar, denn als Landwirt hat man bei den Grundstücksflächen unter 5.000 m² kein Vorkaufsrecht. Wegen der Realteilung mussten sie schon ein paar Wiesen aufgeben, da sie sich nicht mehr rentierten, wenn mitten in ihr ein Teil der Fläche beispielsweise für die Holzlagerung genutzt wurde.

„Die Rindviehwirtschaft hängt stark von den Grünflächen ab. Für die Rinder müssen wir viele Tonnen an Futter bewegen, und so ist es für uns ein Problem, wenn Wiesen wegfallen“, erklärt Sebastian Kill. Auf ihren Grünflächen kann man laut Kill teilweise zwölf oder 13 Kennarten finden. Durch die Umnutzung der verkauften Flächen droht die Biodiversität zu verschwinden.

Langsam wachsen, nach Bedarf produzieren

Von den ursprünglich 30 Kühen konnte das Paar nicht leben. Heute sind es 50 Mutterkühe plus Nachzucht, die auf den hofnahen Wiesen und auf der zugekauften Hofstelle weiden. Mit dem ersten mobilen Hühnerstall konnten sie die Eiernachfrage von 36 auf 1.000 Stück pro Woche steigern. Heute sind es drei mobile Hühnerställe mit rund 650 Legehennen und 3.500 Eiern pro Woche. Aus dem ehemaligen Rinderstall machten die beiden einen Schweinestall. Mittlerweile schlachten sie 100 Schweine und 60 Rinder im Jahr. Von einem Bio-Kollegen werden jährlich 60 bis 70 Lämmer zugekauft und vermarktet und weitere zehn bis 15 Altschafe, die zu Salami und Schinken verarbeitet werden. Zudem gibt es Pferde, Ponys und drei Hütehunde, die für Ordnung unter den Tieren sorgen.

Mit im Betrieb arbeiten drei Männer mit Minijob, eine Vollzeitkraft im Hofladen sowie ein Metzger in Vollzeit. Denn als vor vier Jahren der vorherige Schlachter seine Tätigkeit einstellte, entschieden sie sich, hinter den Hofladen ein eigenes Schlachthaus zu bauen.

Neben dem Hofladen beliefern Nina und Sebastian Kill die Biohof-Gaststätte, das Hofgut in Ruppertsberg und neuerdings die Burgschänke Landeck in Klingenmünster sowie diverse Bioläden in der Pfalz.
„Als wir angefangen haben, hatten wir nicht gedacht, dass wir jetzt so gut dastehen würden. Aber es war uns immer wichtig, dass alles aufgeht. Wir wollten nicht in die Situation kommen, in der wir nicht wissen, wie wir zum Beispiel die Reparatur einer Maschine bezahlen sollen“, bilanziert Nina Kill und betont: „Wir wachsen langsam und produzieren auch nur so viel, dass wir auch im Sommerloch klarkommen.“ Als nächste Projekte sind ein vierter Hühnerstall und Geflügelfleisch angedacht. „Unsere Kunden schätzen es, alles aus einer Hand zu bekommen“, schließt Sebastian Kill.

0 Kommentare
Was denken Sie? Artikel kommentieren

Zu diesem Artikel liegen noch keine Kommentare vor.
Schreiben Sie den ersten Kommentar.

Artikel kommentieren
Was denken Sie? Artikel kommentieren
Ort ändern

Geben Sie die Postleitzahl Ihres Orts ein.