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Versicherungsschutz

Mehrgefahrenversicherung: Auf Nummer sicher

Der Klimawandel ist im vollen Gange: Unwetterereignisse treten immer häufiger, intensiver und großräumiger auf. Das Produktions­risiko steigt und Versicherungsschutz kann sinnvoll sein. Aber welche Möglichkeiten gibt es für Landwirte?
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Gegen Dürre werden derzeit 
in Deuschland nur sogenannte Indexversicherungen angeboten.
Gegen Dürre werden derzeit in Deuschland nur sogenannte Indexversicherungen angeboten.Vereinigte Hagelversicherung
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Für landwirtschaftliche und gartenbauliche Kulturen besteht seit jeher die Gefahr von Schäden durch Wetterrisiken. Hagel, Sturm, Starkregen, Frost oder Trockenheit können die Pflanzen bis hin zum Totalausfall schädigen. Der Klimawandel ist in vollem Gange und wird vorrausichtlich weiter fortschreiten. Infolge der dadurch aufgeheizten Atmosphäre treten Unwetterereignisse immer häufiger, mit einer stärkeren Intensität und großräumiger auf.

Schäden können während der gesamten Vegetationsperiode entstehen. Schon wenige Minuten können ausreichen, um die Feldbestände einer ganzen Region zu zerstören. Der durchschnittliche jährliche Ernteschaden durch Wetterextreme beträgt, laut dem Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), im langjährigen Mittel bereits jetzt über 500 Millionen Euro. Die Schadenerfahrungen zeigen, dass mittlerweile selbst bei größeren Betrieben, deren Flächen über mehrere Gemeinden verteilt sind, die innerbetriebliche Risikostreuung nicht mehr funktioniert. Auch wird deutlich, dass es kaum Regionen gibt, die nicht von Schäden betroffen sind.

Das Produktionsrisiko steigt

Da in den letzten Jahren – häufig im Gegensatz zu den Markterlösen – die Vorleistungskosten gestiegen sind, kann ein ausreichender Versicherungsschutz sinnvoll sein, um im Schadenfall nicht in eine Liquiditätsfalle zu geraten und damit die Existenz des Betriebes zu gefährden. Für die Landwirtschaft allgemein lässt sich festhalten, dass Extremwetterlagen das Produktionsrisiko immer weiter erhöhen: Trotz milder Winter nimmt das Auswinterungsrisiko zu, der frühere Vegetationsbeginn erhöht das Frostrisiko, ungleiche Niederschlagsverteilung erhöht die Dürregefahr und extreme Unwetter mit Hagel, Sturm und Starkregen fallen heftiger aus.

Der konkrete Schaden wird ersetzt

In Deutschland ist eine sogenannte schadenbasierte Versicherung zur Absicherung der Ernte üblich. Der Landwirt bekommt dabei den tatsächlich auf seinem Feld entstandenen Schaden von der Versicherung ersetzt. In der Regel handelt es sich um eine Versicherung des konkret festgestellten mengenmäßigen Ertragsverlustes. Bei Sonderkulturen ist zumeist auch der Qualitätsverlust miteingeschlossen. Aber wie funktioniert eine solche Versicherung eigentlich?

Nachdem der Versicherungsnehmer bestimmt hat, welche Kultur er versichern möchte, legt er einen sogenannten Hektarwert fest. Dieser Hektarwert richtet sich nach dem Wert des Bestandes auf dem Feld und ergibt sich aus der erwarteten Erntemenge mal dem Preis. Innerhalb eines von der Versicherung vorgegebenen Korridors kann der Versicherte den Wert individuell bestimmen. Die zu versichernde Kultur und der Hektarwert werden aufgrund des Fruchtwechsels und der erwarteten Preisentwicklung jedes Jahr für die einzelnen Flächen neu festgelegt. In einem Anbauverzeichnis werden diese Angaben entsprechend jährlich aktualisiert. In Abhängigkeit von dem gewählten Deckungsumfang und der jeweiligen Risikolage wird daraus der Versicherungsbeitrag berechnet.

Individuelle Gestaltung ist möglich

Der Versicherungsnehmer hat dabei die Möglichkeit, besondere Vereinbarungen zu treffen, mit denen er seiner individuellen Risikoeinschätzung gerecht wird und nach denen sich die Prämie richtet:

  • Mit verschiedenen Umbruchpauschalen wird festgelegt, welchen Prozentsatz der Versicherungssumme der Landwirt bei einem Schaden, der einen Umbruch mit Neuansaat nötig macht, ausgezahlt bekommt.
  • Mit sogenannten Plus-Varianten wird die festgestellte Schadenquote direkt prozentual erhöht. Mit dieser zusätzlichen Entschädigung können zum Beispiel notwendige Transport- oder Zukaufkosten abgedeckt werden.
  • Bei Sonderkulturen besteht im Falle eines besonderen Verwertungsinteresses die Möglichkeit, die festgestellte Schadenquote direkt auf die Maximalentschädigung anzuheben. Dies bietet sich an, wenn die Ware schon bei kleineren Schäden nicht mehr vermarktet werden kann.
  • Durch die Wahl einer Maximalentschädigung kann die maximale Höhe der Auszahlung bestimmt werden.
  • Durch einen freiwilligen möglichen Selbstbehalt wird entschieden, wie viele Prozentpunkte des festgestellten Schadens pro Feldstück selbst getragen werden sollen.

Die zu zahlende Prämie richtet sich nach den vorgenannten Kriterien, den versicherten Gefahren, der versicherten Kultur sowie der Gemeinde, in der die Flächen liegen, und wird betriebsindividuell berechnet.

In Deutschland ist der Abschluss einer Ertragsschadenversicherung gegen die Gefahren Hagel, Sturm, Starkregen und Starkfrost möglich. Je nach Kulturart sind dabei alle oder nur einige Wettergefahren versicherbar. Hagel ist als die Gefahr mit der höchsten Eintrittswahrscheinlichkeit bei den Verträgen als Kern immer enthalten. Die Versicherungssteuer für die Mehrgefahrenversicherung beträgt seit 2013 übrigens einheitlich 0,3 Promille der Versicherungssumme, unabhängig von der Anzahl der versicherten Gefahren. Etwas anders sieht die Absicherung bei der Gefahr Trockenheit aus.

Bei Dürre nur Indexversicherungen

Gegen Dürre werden in Deutschland zurzeit nur sogenannte Indexversicherungen angeboten. Dabei wird ein Index zugrunde gelegt, der für die Feststellung eines Schadens erreicht werden muss. Dies können zum Beispiel Niederschlagswerte oder nutzbare Feldkapazität sein. Die Werte werden vom Deutschen Wetterdienst (DWD) veröffentlicht. Sobald ein vorher festgelegter Grenzwert unterschritten ist, kommt es zu einer Auszahlung. Die Höhe der Entschädigungsleistung richtet sich nach der Vertragsgestaltung (hohes/niedriges Risiko, das beim Landwirt verbleibt) und meist einem vertraglich vereinbarten Schwellenwert.

Wie bei allen Indexversicherungen verbleibt ein Basisrisiko beim Landwirt: Der, wie auch immer gewählte, Indexparameter springt nicht an, aber der Versicherte hat dennoch einen individuellen Ertragsverlust zu beklagen. Dies ist ein Grund, warum aktuell in Deutschland nur rund 5.000 Hektar gegen Dürre als „Wette auf das Wetter“ versichert sind. Die Entschädigungszahlung entspricht dabei nämlich – anders als bei der Ertragsschadenversicherung – nicht präzise dem tatsächlich eingetretenen Schaden. Die Versicherungsunternehmen entwickeln daher gerade im Bereich Trockenheit weitere Versicherungsalternativen.

Vorgehensweise im Schadenfall

Im Schadenfall meldet der Betroffene die entsprechenden Flächen seiner Versicherung. Er gibt dabei das Datum des Schadenereignisses sowie die betroffenen Flächen an. Wichtig ist, dass die Meldung innerhalb von vier Tagen nach dem Schadereignis erfolgt. Innerhalb weniger Tage, bei Schäden in der Erntezeit auch unmittelbar, begutachten die Sachverständigen den Schaden und stellen ihn oft im Beisein des Landwirts fest. Dabei bewerten die Sachverständigen eine bestimmte Anzahl an Pflanzen auf Beschädigungen und Verluste, zum Beispiel Knickungen, Brüche, Ährenverluste, Kolbenverluste oder Lieschblattdurchschläge. Daraus ermitteln sie den Schädigungsgrad. Zur Unterstützung der Sachverständigen werden bei Bedarf auch Drohnenaufnahmen eingesetzt.

Die Berechnung des Schadens erfolgt in Prozent von der festgelegten Versicherungssumme. Je nach Kultur, Schadbild und Zeitpunkt des Schadens werden die Felder einmal oder mehrmals begutachtet. Nach Feststellung der endgültigen Sachverständigenquote erhält der Versicherte den entsprechenden Anteil seines festgelegten Hektarwertes ausgezahlt. Durch die eingesetzte mobile digitale Schadenregulierung erfolgt die Auszahlung schnell und unkompliziert. Bei einer festgestellten Sachverständigenquote unter acht Prozent trägt der Versicherungsnehmer dies grundsätzlich selbst. Ist der Schaden höher als diese sogenannte Integralfranchise, bekommt er den gesamten Schaden ausgezahlt, die Selbstbeteiligung fällt weg. Voraussetzung hierfür ist, dass keine weiteren Selbstbeteiligungen oder Eigenanteile vereinbart wurden.

Wie sieht es im Ausland aus?

Mehr als drei Viertel aller EU-Mitgliedstaaten unterstützen ihre Landwirtschaft durch eine Präventionszulage für ein aktives Risikomanagement gegen Wetterextreme. Zum einen werden europäische Finanzmittel im Rahmen der ersten und zweiten Säule der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) genutzt, zum anderen stehen aus den nationalen Haushalten Mittel bereit. Bund und Länder in Deutschland unterstützen die Landwirte dagegen aktuell noch nicht umfassend beim Risikoschutz. Baden-Württemberg, Sachsen und vermutlich demnächst auch Bayern haben jedoch bereits Pilotprojekte für den Bereich der Sonderkulturen gestartet. Auch beim Thema Versicherungsteuer gibt es europaweite Unterschiede. Hierzulande gilt zwar ein ermäßigter Versicherungssteuersatz in Höhe von 0,3 Promille der Versicherungssumme. In vielen anderen europäischen Ländern wird für die Ernteversicherung jedoch gar keine Steuer erhoben.

Definitionen der Gefahren
  • Hagel ist ein fester Niederschlag in Form von körnigen Eisbrocken unterschiedlicher Größe. Die Eisbrocken müssen einen Durchmesser von mindestens fünf Millimeter aufweisen, ansonsten spricht man von Graupel. Beim Auftreffen der Hagelkörner kommt es zu Anschlägen, Knickungen, Schlitzungen Brüchen oder Abschlägen.
  • Sturm ist definiert als eine Luftbewegung von mindestens Windstärke 8 nach der Beaufort-Skala. Insbesondere in Regionen mit sandigen Böden droht bei Sturm die Verwehung des Saatgutes oder das Abschmirgeln der frisch aufgelaufenen Saat. In späteren Reifestadien sind hochwachsende Pflanzen besonders gefährdet.
  • Als Starkregen werden in den Versicherungsbedingungen verschiedene Niederschlagsmengen kurzfristig oder innerhalb eines Zeitraums von 24 Stunden definiert. Besonders junge Pflanzen sind davon bedroht: Verkrustung und Verschlämmung unterbinden die Luftzufuhr der Sämlinge, es entstehen Lücken im Bestand und er gelangt uneinheitlich zur Erntereife. Im Extremfall entsteht ein Totalschaden. Auch weiterentwickelte Pflanzen können Schaden nehmen, indem sie freigespült oder zugeschlämmt werden.
  • Frost ist eine wetterbedingte Abkühlung der Luft auf Temperaturen merklich unter 0° Celsius. Insbesondere durch Frost zum Zeitpunkt der Blüte kommt es zu verminderten Erträgen. Starke Fröste, insbesondere Kahl- und Wechselfröste, während der Vegetationsruhe können zu sogenannten Auswinterungsschäden führen. Diese verursachen ebenfalls eine Dezimierung des Bestandes mit dem entsprechenden Ertragsrückgang oder erfordern im schlimmsten Fall den Umbruch und Neueinsaat.

 

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