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#KlimaOhneKrise

Ist es schon zu spät?

Kann Ihr Hof dem Klimawandel standhalten? Der „Klimawandel-Check“ zeigt, wie anfällig Betriebe gegenüber klimatischen Veränderungen sind. Aus den Erkenntnissen entstanden Empfehlungen zu Anpassungsmaßnahmen – abgestimmt auf Betriebstyp und Klimaregion.
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Es wird heißer im Stall und auf der Weide. Da ist es wichtig, dass die Tiere jederzeit genügend Wasser trinken können.
Es wird heißer im Stall und auf der Weide. Da ist es wichtig, dass die Tiere jederzeit genügend Wasser trinken können.Petsch
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Im EU-Projekt LIFE AgriAdapt hat die Bodensee-Stiftung zusammen mit Projektpartnern aus Estland, Frankreich und Spanien einen „Klimawandel-Check“ erarbeitet, mit dem Pilotbetriebe in ganz Europa auf ihre Anfälligkeit gegenüber dem Klimawandel bewertet wurden. Darauf aufbauend wurden diese 126 Ackerbau-, Tierhaltungs- und Dauerkulturbetriebe zu nachhaltigen Anpassungsmaßnahmen beraten. Die Erkenntnisse flossen in ein Handbuch und ein frei zugängliches Webtool ein.

Die Risiken des Klimawandels für die EU-Landwirtschaft sind vielfältig. © AgriAdapt

Ziel des AgriAdapt-Projekts war es, landwirtschaftliche Betriebe rechtzeitig für den Klimawandel zu sensibilisieren, damit sie mit abgestimmten Anpassungsmaßnahmen ihre betriebliche Anfälligkeit gegenüber den Auswirkungen des Klimawandels reduzieren können. Das Projektteam entwickelte dazu Vorschläge für wirksame, nachhaltige und umsetzbare Maßnahmen, die die drei wichtigsten Betriebstypen  (Tierhaltung, Ackerbau, Dauerkulturen) in erster Linie vor den negativen Auswirkungen des Klimawandels schützen. Sie können gleichzeitig aber auch Kosten reduzieren, positiv auf die Umwelt wirken und neue Vermarktungsoptionen eröffnen – eine Win-win-Situation für Betrieb und Umwelt.

Die Anfälligkeit nimmt zu

Die Bodensee-Stiftung arbeitete mit 30 Pilotbetrieben in Baden-Württemberg zusammen, davon wirtschafteten sieben Betriebe ökologisch. Abgedeckt wurden vor allem zwei Regionen: Die Bodensee-Region mit Hinterland bis Biberach und die etwas trockenere und wärmere Region um Heilbronn bis zum Rheingraben.

Grundlage für den Klimawandel-Check waren Ertragsdaten der letzten zehn bis 15 Jahre des jeweiligen Betriebs beziehungsweise des Statistischen Landesamtes auf Landkreisebene. Aber auch Wetter- und Klimaprojektionsdaten der europäischen Plattform Agri4Cast flossen in die Überprüfung ein. Auf Basis dieser Projektionen, die für ganz Europa in einem 25 x 25 km-Raster vorliegen, ließen sich regionalspezifische Aussagen zu agro-klimatischen Indikatoren treffen, aus denen die Anfälligkeit der Betriebe abgeleitet wurde.

Anhand einer SWOT-Analyse (Strengths, Weaknesses, Opportunities und Threats) wurden die Schwächen und Risiken, aber auch die Chancen und Stärken der einzelnen Betriebe analysiert. Bewertet wurde anhand eines Punktesystems. Es basiert auf den Ertrags- beziehungsweise Klimaprojektionsdaten, die einen möglichen Trend der letzten 30 Jahre sowie der kommenden 30 Jahre aufzeigen.

Die Klimatrends in den beiden baden-württembergischen Regionen ähneln sich trotz unterschiedlicher Ausgangssituationen: Zu erwarten sind steigende Temperaturen und veränderte Niederschlagsmuster. Vor allem die Anfälligkeit des Ackerbaus und der Tierhaltung wird bis 2050 zunehmen.

Über das AgriAdapt Webtool finden Sie im Modul "Maßnahmen" weitere Strategien, wie Sie Ihren Betrieb für den Klimawandel wappnen können. Dabei können Sie zwischen den drei Betriebstypen Ackerbau, Tierhaltung und Dauerkulturen den für Sie passendsten wählen.

Herausforderungen erkennen

Zu den großen Herausforderungen gehören längere Hitzeperioden, die zunehmende Trockenheit im Juli und August, Extremniederschläge sowie insgesamt die größere Variabilität der Wetterereignisse. Das haben die drei zurückliegenden Jahre deutlich gezeigt.

Die höhere Anzahl an Sommertagen (>25°C) von Mai bis August wirkt sich negativ auf den Befruchtungserfolg, die Entwicklung des Getreides und damit die Erträge aus. Dagegen wird der Weinbau dank der höheren Wärme- und Trockentoleranz von diesem Problem weniger betroffen sein.

Um den Veränderungen begegnen zu können, sollten sich Ackerbau- und Dauerkulturbetriebe darauf konzentrieren, den Boden zu verbessern und das Risiko zu streuen. Der Boden muss starke Niederschläge schnell aufnehmen können. Wenn eine gute Bodengare die Feuchtigkeit gleichzeitig möglichst lange speichert, profitieren die Pflanzen in Trocken- und Hitzeperioden davon. Tierhaltungsbetriebe sollten ihren Fokus dagegen darauf legen, den Hitzestress im Stall und auf der Weide zu reduzieren.

Wenn es vermehrt zu Trocken- und Hitzeperioden kommt, werden solche Betriebe im Vorteil sein, deren Bodengare in einem guten, stabilen Zustand ist. Doch wie wird das erreicht? Den Betrieben stehen einige Möglichkeiten zur Verfügung. Ein wichtiger Grundsatz ist es, den Boden und das Bodenleben zu schützen und zu fördern.

Eine möglichst ganzjährige Begrünung oder Mulchbedeckung schützt den Boden vor Wind- und Wassererosion, Austrocknung und Hitzeeinstrahlung und somit vor zu hohen Temperaturen. Gleichzeitig liefert die Begrünung organische Substanz, die ein vielseitiges und aktives Bodenleben fördert. Damit dies gelingen kann, ist eine sorgfältige Fruchtfolgeplanung notwendig. Sie sollte Untersaaten und Zwischenfrüchte ebenso berücksichtigen wie den Wechsel zwischen Halm- und Blatt- sowie Winter- und Sommerkulturen.

Eine möglichst ganzjährige Begrünung schützt den Boden vor Erosion.  © AgriAdapt

Gute Erfahrungen macht ein Ackerbau-Pilotbetrieb des AgriAdapt-Projekts mit vielseitigen Zwischenfruchtmischungen. Der Betrieb will dadurch nicht nur den Humusgehalt des Bodens und damit die Bodenstruktur verbessern. Auch den Krankheits- und Schädlingsdruck hofft der Landwirt zu reduzieren. Die artenreiche Mischung mit verschiedenen Kleearten, Abessinischem Senf, Phacelia, Rauhafer, Wicke, Erbse und Meliorationsrettich fördert ein vielseitiges Bodenleben. Die Vielfalt der Pflanzen erschwert es Krankheiten und Schädlingen, die teilweise vom Klimawandel profitieren, sich auszubreiten. Die Zwischenfrüchte unterscheiden sich in den Wurzelausscheidungen und -ausbildungen, im Nährstoffaneignungs- und -mobilisierungsvermögen, in der Unkrautunterdrückung sowie bei den Resistenzen. Reine Senfaussaaten können das nicht leisten.

Vielseitigkeit sollte nicht nur beim Zwischenfruchtanbau eine Rolle spielen, sondern auch in der Fruchtfolge. Leguminosen sind besonders wichtig, da sie nicht nur für eine Stickstoffanreicherung im Boden sorgen, sondern auch positiv auf die Bodenstruktur wirken. Wichtig ist auch eine ausgeglichene Düngung, die nicht nur die Hauptnährstoffe N, P und K, sondern auch Kalk und Mikronährstoffe berücksichtigt. Sie leistet einen großen Beitrag zu gesunden und widerstandsfähigen Pflanzen.

Bodenbearbeitung minimieren

Ein Boden mit guter, stabiler Gare kann Niederschläge besser aufnehmen und verschlämmt weniger. Zudem entwickelt er eine höhere Tragfähigkeit und ist weniger erosionsgefährdet. Viele Betriebe tun sich allerdings besonders im Ökolandbau noch schwer, auf den Pflug zu verzichten. Es gibt jedoch immer mehr gute Beispiele, wie auch hier eine reduzierte Bodenbearbeitung gelingen kann. Eine flache, nicht wendende Bodenbearbeitung schont die Bodengare – im Gegensatz zum (tiefen) Pflugeinsatz. Regenwurmröhren, Wurzelräume und Bodenschichten bleiben erhalten.

Die Flächen sollten ausschließlich in tragfähigem Zustand mit geeigneten Maschinen und angepasstem Reifendruck befahren werden. Mit einer einzigen Überfahrt bei nassen Verhältnissen kann eine jahrelang aufgebaute Bodenstruktur zerstört werden!

Natürlich lässt sich die Bewirtschaftungsart nicht kurzfristig umstellen. Hier spielen individuelle betriebliche Voraussetzungen eine große Rolle. Gegebenenfalls muss die Fruchtfolge angepasst werden, wobei auch die Vermarktungs- und Verwendungsmöglichkeiten der Feldfrüchte betrachtet werden müssen. Es kann dabei mehrere Jahre dauern, bis eine angepasste Bewirtschaftungsmethode gefunden wird. Darüber hinaus spielt auch die Erfahrung und Bereitschaft des einzelnen Betriebsleiters hier eine Rolle. Im Hinblick auf den Klimawandel und eine Verbesserung der Bodenstruktur lohnt es sich jedoch, die derzeitige Bodenbearbeitung unter die Lupe zu nehmen und gegebenenfalls anzupassen.

Im Projekt wurden Maßnahmenblätter wie dieses zur konservierenden Bodenbearbeitung entwickelt. So sind passende Einsatzregionen, Wetterereignisse und Betriebstypen sowie die Auswirkungen auf beispielsweise Boden und Luft schnell ersichtlich. © AgriAdapt

Passende Sorten wählen

Um besser mit Trockenheit im Sommerhalbjahr und häufigeren Sommertagen (>25°C) umgehen zu können, lohnt sich auch ein Blick auf die Sortenwahl. Diese Maßnahme lässt sich relativ einfach und schnell umsetzen. Frühreifere, trockentolerantere Sorten sind weniger anfällig gegenüber Hitze und Trockenheit. Einer der Pilotbetriebe setzt beispielsweise die begrannte Winterweizensorte ‘Rubisko’ ein, die auch unter trockeneren Bedingungen ein hohes Ertragspotential hat. Sie erzielte in der trockenen, warmen Rheinregion gute Ergebnisse.
Um das Risiko von Ertragseinbußen zusätzlich zu minimieren, sollte man verschiedene Sorten etablieren. Der Richtwert liegt bei zehn Hektar Fläche pro Sorte. Die unterschiedlichen Eigenschaften der Sorten können so ein möglichst breites Wettergeschehen abdecken. Einfach ausgedrückt: Mindestens eine der eingesetzten Sorten wird den widrigen Wetterbedingungen, wie beispielsweise Trockenheit oder Hitze, verstärkt standhalten. Der gleiche Grundsatz gilt auch für den Gemengeanbau, beispielsweise von Hafer und Erbse oder Triticale und Erbse.

Es wird heiß im Stall und auf der Weide

Hitze und Sonnenbrand infolge des Klimawandels wirken unmittelbar auf das Tierwohl. Während einer Hitzeperiode 2018 beobachtete einer der Milchvieh-Pilotbetriebe, dass seine Kühe die Köpfe hängen ließen und mit heraushängender Zunge im Stall standen. Gleichzeitig reduzierte sich die Befruchtungsrate in der Herde erheblich, das Brunstverhalten blieb zum Teil ganz aus. Zusätzlich sank die Milchleistung um bis zu 20 Prozent und Sohlengeschwüre traten dreimal häufiger auf als in normalen Zeiten.

Der Klimawandel beeinflusst auch die Futterproduktion, insbesondere im Grünland. Vor allem vermehrte Trockenperioden wie 2018 können dazu führen, dass die Schnitterträge sinken oder gar ganze Schnitte ausfallen. Dabei litt 2018 nicht nur die Quantität, sondern auch die Qualität des Futters, insbesondere von Silage. Durch die langanhaltende Hitze und die trockenere Futtersubstanz verlief der Gärungsprozess oftmals nicht optimal.
Eine an den Standort und die Nutzung angepasste Grünlandzusammensetzung, die auch trockentolerante Sorten enthält, stellt für solche Bedingungen eine gute Basis dar.

Darüber hinaus wird es immer wichtiger, durch ein gutes Grünland- beziehungsweise Grundfuttermanagement eine hohe Futterqualität zu produzieren. So steht den Tieren auch während Hitzestressperioden ein hochwertiges, energiereiches Futter zur Verfügung. Gutes Grünlandmanagement bedeutet in diesem Fall:

  • die Schnittzeiten an die Verhältnisse anzupassen,
  • den Vegetationskegel durch einen nicht zu tiefen Schnitt zu schonen,
  • mit angepasstem Saatgut regelmäßig nachzusäen (auch mit trockentoleranteren Gräsern/Leguminosen),
  • Silierhilfsmittel einzusetzen und gegebenenfalls das Siliergut kleinzuhäckseln und anschließend sorgfältig zu verdichten.

Betrachtet man die teils hohen jährlichen Ertragsschwankungen im Grünland, ist es zudem sinnvoll, Futter aus guten Jahren zu bevorraten. So kann man auch bei schlechtem Ertrag auf einen guten Futtervorrat zurückgreifen. Dabei ist es hilfreich, wenn ergänzend zu den Fahrsilos auch Siloballen produziert werden, die im Sommer bei Futterengpässen verfüttert werden können, ohne das große Silo öffnen zu müssen.

Die größten klimatischen Herausforderungen für Tierhaltungsbetriebe sind die häufigeren Sommertage und der somit steigende Hitzestress für die Tiere sowie das zunehmende Trockenheitsrisiko im Sommerhalbjahr. Im Infokasten finden Sie weitere Anpassungsmaßnahmen für das Grünlandmanagement.

Hitzestress verringern

Ventilatoren und/oder Sprinkler schaffen effiziente und kurzfristige Abkühlung. Dazu trägt auch eine größere Öffnung des Stalls bei. Nach dem Hitzejahr 2018 haben auch einige der Pilotbetriebe diese Maßnahmen in ihren Milchviehställen umgesetzt und konnten so die Wärmebelastung der Tiere spürbar verringern.

Offene Ställe sorgen für passive Lüftung. © AgriAdapt

Während der Hitzeperioden erhöht sich der Wasserbedarf der Tiere. Zusätzliche Wassertröge – bei Schweinen eine zusätzliche Tränke über die Futtertröge – verbessern die Wasserversorgung, sodass auch niederrangige Tiere jederzeit ausreichend Wasser aufnehmen können. Auch auf der Weide muss die Wasserversorgung gesichert sein. Dies ist wichtig, denn Hitzestress bei mehr als 30 bis 35°C wirkt sich unmittelbar auf Fruchtbarkeit, Gesundheit und Milchleistung beziehungsweise Tageszunahmen aus.

Je höher Luftfeuchtigkeit und Temperatur, desto höher der Hitzestress. Sprinkler sollten daher nur in Intervallen die Luft befeuchten und kühlen. Ein mäßiger Hitzestress beginnt bei Milchkühen schon bei 24°C und 65% relativer Luftfeuchtigkeit. Ventilatoren zur besseren Luftbewegung und zum Schadgasabtransport können auch im Offenstall den Hitzestress reduzieren.

Ventilatoren im Stall sorgen für effiziente und kurzfristige Abkühlung. © AgriAdapt

Vielfalt ist der Schlüssel zum Erfolg

Je höher die Biodiversität, desto stabiler sind in der Regel die Erträge. Das gilt für Grünland ebenso wie für den Ackerbau. Eine abwechslungsreiche Fruchtfolge, vielfältige Kulturen und Sorten sowie unterschiedliche Einkommensstandbeine, von Photovoltaik über Ferienwohnungen bis hin zur Direktvermarktung, verbessern die Chancen für den Betrieb, auch im Klimawandel zu bestehen.

Die Anpassung an die Auswirkungen des Klimawandels geht über einfache, kurzfristig durchführbare Maßnahmen hinaus. Sie kann sogar zu einer Änderung des Bewirtschaftungssystems führen. Wer sich nachhaltig an den Klimawandel anpassen will, sollte das Ziel langfristig stabiler Erträge verfolgen, anstatt auf Maximalerträge zu setzen. Der Ökolandbau ist deshalb bereits von seinen Grundsätzen her prädestiniert dafür, die Anpassung an den Klimawandel erfolgreich zu meistern. Also packen Sie es an!

Fazit: Das hilft im Klimawandel

Boden verbessern:    

  • Bedarfsgerechte Düngung
  • Organische Düngung
  • Flächenrotte
  • Vielseitige Fruchtfolge
  • Untersaaten, Gemenge
  • Leguminosenanbau
  • Anpassung des Reifendrucks
  • Befahrbarkeit des Bodens beachten

Erträge sichern:

  • Artenreiche Grünlandzusammensetzung
  • Angepasste Weide- und Schnittzeitpunkte
  • Nachsaat mit trockentoleranten Sorten oder Arten
  • Hohe Grundfutterqualitäten produzieren
  • Einsatz von Silierhilfsmitteln
  • Siliergut häckseln und sehr gut verdichten
  • Siloballen zur kurzfristigen Verfütterung im Sommer

 

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