Passt Lohnverarbeitung zu meinem Betrieb?
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Unter Lohnverarbeitung versteht man die folgende Konstellation: Ein Lohnverarbeitungsunternehmen verfügt über Technik, Arbeitskräfte, Know-how und Infrastruktur. Diese kauft der Landwirt in Form einer Dienstleistung zu. Er übergibt dem Lohnverarbeiter seine Urprodukte und bekommt ein verarbeitetes Produkt und eine Rechnung über die Dienstleistung zurück. Gängige Beispiele sind Lohnmostereien, Lohnschlachtereien oder mobile Käsereien.
Ob Lohnverarbeitung für Sie in Frage kommt, hängt von Ihrer Betriebsausrichtung ab.
Diese könnte zum Beispiel lauten:
- Entlastung der Familienarbeitskräfte, wenn man die hofeigene Verarbeitung abgeben möchte,
- höhere oder überhaupt sichtbare Gewinnspannen für die eigenen Produkte erzielen – insbesondere bei Erntespitzen (Erdbeermarmelade, Tomatensoße) oder bei Produkten, die unverarbeitet kaum vermarktbar sind (Wurstfleisch, Streuobst),
- Restprodukte für den eigenen Betrieb nutzbar machen (Düngepellets aus Wolle),
- Attraktivität des eigenen Sortiments steigern.
Vielleicht steht bei Ihnen auch ein anderes Ziel im Vordergrund. Dann gilt es, dieses klar zu benennen.
Die Lohnverarbeitung verursacht Kosten, die der Lohnverarbeiter in Rechnung stellt. Eventuell kommen weitere Kosten dazu, wie etwa für Transport, zusätzliche Arbeitszeit auf dem Betrieb oder für gezielte Bewerbung der neuen Produkte.
Wann lohnt sich Lohnverarbeitung?
Zunächst gilt es den Verkaufspreis, beispielsweise im Hofladen, zu ermitteln. Dieser ergibt sich aus dem Preis für das unverarbeitete Produkt (möglicher Ansatzpunkt ist der Großhandelspreis) plus den Kosten für die Lohnverarbeitung sowie den zusätzlichen Kosten, die das neue Produkt im Betrieb verursacht (Transport, Verpackung, Arbeitszeit, Marketing, etc). Hinzu kommen noch der angestrebte Unternehmergewinn und die Vermarktungskosten (je nach Produkt circa 50% der Summe der bisher genannten Kosten).
Aus dem so ermittelten Preis ergeben sich (mindestens) zwei Fragen: Gibt es genug Kunden, die genau dieses Produkt zu genau diesem Preis gern kaufen? Können Sie als Betriebsleiter hinter diesem Produkt zu diesem Preis stehen?
Ersteres kann man nur durch Ausprobieren herausfinden. Zweiteres ist eine Balanceübung zwischen Realismus, angemessener Wertschätzung und Mut, die Grenzen der eigenen (Preis-)vorstellungen auszuweiten. Der betriebswirtschaftliche Teil ist wichtig, aber nicht allein entscheidend. Zudem wollen auch weitere Aspekte betrachtet werden, beispielsweise die folgenden:
- Qualität, Stil und Betriebsphilosophie: Gibt es hier einen stimmigen, gemeinsamen Nenner für Landwirt und Verarbeiter?
- Regionalität: Ist die Entfernung zwischen Landwirt und Verarbeiter angemessen?
- Bioqualität: Kann der Lohnverarbeiter nach Biorichtlinien produzieren? Oder können die Produkte auch ohne Biolabel vermarktet werden?
- Zusatznutzen: Welche Aufgabe erfüllt ein verarbeitetes Produkt im Betrieb, über den reinen Verkaufserlös hinaus? Oder auch anders herum: Welche zusätzlichen Aufgaben entstehen durch die Lohnverarbeitung?
Es gibt keine pauschale Antwort, wann eine Lohnverarbeitung für einen Betrieb sinnvoll ist. Es gibt nur die Empfehlung, sich über die Ausrichtung des eigenen Betriebs immer wieder neu klar zu werden und die Zusammenarbeit mit Lohnverarbeitern mit der eigenen Haltung und mit den eigenen Zielen abzugleichen.
Alternativen zur Lohnverarbeitung
Neben der klassischen Lohnverarbeitung gibt es weitere Varianten, verarbeitete Produkte in den eigenen Hofladen zu bekommen. Prüfen Sie, welcher Weg die eigenen Ziele am besten unterstützt:
- Einstellen eines Mitarbeiters, der in der hofeigenen Küche Marmelade kocht, Kuchen backt, etc.
- Investition in eine betriebseigene Infrastruktur, in der über die Verarbeitung der hofeigenen Produkte hinaus auch eine Lohnverarbeitung für andere Betriebe möglich ist.
- Zusammenschluss mehrerer Betriebe, die gemeinsam in einen Verarbeitungsraum investieren, den jeder zu vereinbarten Zeiten nutzen kann.
- Zusammenschluss mehrerer Betriebe zu einem gemeinsamen (Online-)Hofladen, der den Kunden eine breite Palette anbieten kann, ohne dass jeder einzelne Betrieb seine Produkte verarbeiten lässt.
- Zukauf verarbeiteter Produkte, die zwar nicht vom eigenen Betrieb stammen, aber dennoch ganz im Sinne des Betriebsleiters entstanden sind.
- Verkauf der eigenen Urprodukte an einen Verarbeitungsbetrieb, zu dem ein Vertrauensverhältnis besteht
- Einkoch-Workshops für Kunden anbieten.
Lesen Sie hier mehr zum Thema: Umfrage unter Lohnherstellern: Was ist für die Zusammenarbeit mit Landwirten entscheidend?







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