Leichter verkaufen mit Verkaufsautomaten
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Nicht jeder will gleich einen Hofladen eröffnen. Wer dennoch in die Direktvermarktung einsteigen möchte, für den könnte ein Verkaufsautomat die richtige Lösung sein. Er erfordert weniger Raum und Personaleinsatz und kann auch bei geringer Produktauswahl erfolgreich sein.
Für den Erfolg ist die Lage entscheidend. Wolf Ziebold vom Biolandhof Ziebold hat es in dieser Hinsicht gut getroffen: Sein Hof liegt im Naherholungsgebiet am Stadtrand von Emmendingen. Eine Verbindungsstraße sowie ein Fernradweg führen direkt am Grundstück vorbei. „Hinfahren, holen, weiterfahren – so funktioniert das gut für unsere Kunden“, erklärt der Schweinehalter.
Produktschwerpunkt: Fleisch
300 Schweine mästet er zurzeit – artgerecht in einem Stall mit angeschlossenem anderthalb Hektar großem Freigelände. Das Futter für die Tiere erzeugt er komplett auf der eigenen Fläche. Früher verkaufte er die Schweine an einen Nachbarn, der einen Hofladen führte. Damals keimte schon die Idee, einen Verkaufsautomaten anzuschaffen, aber er wollte dem Kollegen keine Konkurrenz machen.
Als dieser seinen Betrieb jedoch aufgab, fragten immer mehr ehemalige Kunden nach, wo sie das Fleisch der Tiere kaufen könnten. Die artgerechte Haltung und die Qualität des Fleisches hatten sie überzeugt. „Und wenn dann der Fünfzigste anfragt, fängt man an, darüber nachzudenken…“, erinnert sich Ziebold. Wie die Jungfrau zum Kind sei er deshalb doch zum Verkaufsautomaten gekommen. Während der Techniker schon den Automaten einrichtete, baute der Schweinehalter gemeinsam mit einem Bekannten eine Schutzhütte um das neue Gerät – mit Fundament und Stromanschluss.
Damals, vor fünf Jahren, war der Verkaufsautomat noch eine große Investition. Für den sogenannten „Regiomaten“ hatte Ziebold sich entschieden, weil der dafür bekannt war, jedwedes landwirtschaftliche Erzeugnis verkaufen zu können. Ziebold verkauft damit Wurst, Fleisch und andere Produkte von seinen Schweinen. Die Kunden zahlen bar, denn das Modul für die Kartenzahlung ist teuer. Wenn sie das Geld eingeworfen und das Produkt gewählt haben, legt der Automat es in die Ausgabe.
Zwei Biometzger aus der Umgebung verarbeiten die Schweine vom Biolandhof Ziebold. Maximal zehn Kilometer legen die Tiere zum Schlachter zurück. Ziebold verkauft die Schlachttiere an die Verarbeiter und kauft die Ware zurück. Zusammen sorgen die Metzger für ein umfangreiches Sortiment: Lyoner, grobe Bauernwurst, Schwarzwurst, Schinkenwurst und Blutwurst werden in der Dose verkauft, Lyoner und Schinkenwurst zusätzlich im Darm. Daneben gibt es Fleisch wie Schnitzel, Bauchspeck und Filets – in der Grillsaison auch fertig eingelegt. Je nach Jahreszeit kommen Gyros, rote Grillwurst oder Gulasch als Spezialitäten hinzu. Bauernsalami, Schwarzwälder Schinken, Chorizo am Stück und Landjäger bilden das Dauerwarensortiment.
Das Sortiment klug gestalten
Das Sortiment sollte gut geplant sein, damit so wenig wie möglich verdirbt. Dosenware ist Ziebolds Pufferprodukt, weil sie sehr lange hält. Bei gutem Grillwetter kann er sich über Verkaufsspitzen freuen.
Die Preise sind natürlich höher als für konventionelle Ware – die Kosten sind es ja auch. Aber Ziebold achtet auf Fairness: „Jemand, der sich ein schönes Stück Fleisch kaufen will, soll sich das auch leisten können. Verschleudern wollen wir unsere Produkte trotzdem nicht.“
Der Appetit der Kunden ändert sich mit dem Wetter, aber auch mit dem Standort. Inzwischen hat Ziebold einen weiteren Automaten im Vorraum eines Bioladens. Dort fragen die Verbraucher verstärkt Braten und Aufschnitt nach. Auf dem Hof dagegen funktionieren Grillprodukte und Dosenware besonders gut. „Die Herausforderung bei der Sortimentsgestaltung ist es, ein ganzjährig attraktives Angebot zu gestalten, über die Grillsaison hinaus“, betont Ziebold. Deshalb steht von Zeit zu Zeit ein Sortimentswechsel an. Auch Neues probiert der Landwirt gern aus, wie zuletzt das Biogyros.
Immer wenn sich das Sortiment ändert, programmiert Ziebold den Automaten um. Fächer und Preise müssen neu zugewiesen werden. Der Landwirt ist in dieser Hinsicht Autodidakt. Einmal zerstörte er versehentlich die gesamte Programmierung. Weil der Techniker gerade keine Zeit hatte, sah er sich gezwungen, das Gerät selbst mithilfe der Betriebsanleitung wieder in Gang zu bringen. „Da hab ich aus der Not eine Tugend gemacht. Jetzt bin ich bei der Programmierung nicht mehr auf andere angewiesen“, berichtet Ziebold stolz.
Je besser er den Regiomaten verstand, desto weniger Zeit musste er für ihn aufbringen. Nur wenn er ab und zu das ganze Sortiment umstellt, muss er lange programmieren.
Gegen Diebstahl gesichert
Der Automat steht, jederzeit zugänglich, in einer Schutzhütte vor dem Hof. „Wir wollten den Automaten nachts nicht einfach draußen stehen lassen und haben alles diebstahlsicher konzipiert“, erklärt der Landwirt. Einmal versuchten Diebe, den Automaten aufzubrechen. Die Täter waren nicht erfolgreich, aber die Stelle, wo sie ihn aufhebeln wollten, sieht man immer noch. Zwei Metallriegel haben das Münzfach geschützt. Frustriert versuchten die Einbrecher daraufhin, die Scheibe einzuschlagen. Aber auch das missglückte. Im Sicherheitsglas prangte nur ein kleines Loch. „Das Brecheisen haben wir später bei den Schweinen gefunden, die Täter waren verschwunden“, erzählt Ziebold. Zum Glück kam die neue Scheibe innerhalb von zwei Tagen. Selbst durch das winzige Loch verlor der Automat viel Energie – wie ein offener Kühlschrank.
Ein anderes Problem ist Vandalismus. Manche Kunden füllen Klebstoff in das Münzfach oder stopfen Pappmünzen in den Automaten. Dann funktioniert er nicht mehr und Ziebold muss den Schaden beheben. „Man muss eine gewisse Toleranz für Schwachsinns-aktionen mitbringen“, fasst der Landwirt zusammen. Die meisten Leute schätzen den Automaten allerdings und sorgen für soziale Kontrolle.
Der Regiomat braucht Betreuung
Ansonsten erwies sich das Gerät über die Jahre als erstaunlich wartungsarm. Jedenfalls nachdem Ziebold die alte Zahleinheit ausgetauscht hatte. Immer wieder hatte sie „gezickt“ – bis herauskam, dass das Modell eigentlich ein Indoor-Gerät war. Die Feuchtigkeit hatte den Sensoren geschadet. Das Einzige, was an dem Automaten bislang tatsächlich kaputtgegangen ist, war ein Zahnradmodul. Das ließ sich leicht ersetzen.
Bei der Bestückung ist Ziebold sehr sorgfältig, damit die Verpackungen sich beim Vorfahren der Ware später nicht verkanten. Falls es doch passiert oder etwas daneben fällt, genügt ein kurzer Anruf und schon steht Ziebold oder ein anderes Familienmitglied beim Kunden. „Dann verschenke ich auch ab und zu mal ein Produkt, quasi als Treueprämie. Das ist die beste Werbung“, findet der Schweinemäster. So ein bisschen Kontakt zum Kunden schade ohnehin nicht, da komme man ins Gespräch. „Manche fragen dann, wo das Schweinefleisch herkommt. Da sag ich immer: Die da drüben sind dann hier drin.“ Im Grunde erübrigt sich die Frage: Die Schweine wühlen direkt hinter dem Regiomaten-Häuschen in der Erde.
Es ist wichtig, dass immer jemand da ist, wenn Fehler auftreten oder ein Fach leer steht. „Das ist wie in der Tierhaltung. Da kann man automatisch füttern, aber es ist immer besser, selber da zu sein und zu gucken“, vergleicht Ziebold. Das gilt vor allem für den umsatzstarken Sonntag. Sonst verprellt man sich die Kundschaft. „Das läuft aber einfach neben dem anderen her, was wir so zu tun haben“, berichtet der Landwirt. Deshalb hat auch jeder auf dem Hof einen Schlüssel für den Regiomaten.
Direktvermarktung im Trend
Im Moment sei ein guter Zeitpunkt für den Einstieg in die Direktvermarktung. Gesunde Lebensmittel, Nachhaltigkeit und Tierwohl stehen im Fokus der Bevölkerung. „Gerade die Jugend hat ein Bewusstsein dafür entwickelt. Die kaufen hier auch ein“, stellt Ziebold fest. Vor allem in Ballungsräumen bieten sich daher gute Chancen für Verkaufsautomaten.
Der Hersteller des Regiomaten unterstützt bei der Wahl des passenden Automaten und der individuellen Modifikation. Zusätzlich bietet er Schulungen, eine Onlineplattform mit Supportvideos für den Automaten sowie eine Beratung in der Direktvermarktung an.
Ziebold fand sich jedoch auch ohne Seminare zurecht. Auch die „Regioheimat-Plattform“, eine Verkaufsautomatenübersicht im Internet, nutzt der Landwirt nicht. Hier können Besitzer des Regiomaten kostenfrei ihre eigene Homepage verlinken, um Kunden anzuziehen oder sich mit Kollegen auszutauschen. Stattdessen hat Ziebold seinen Regiomaten in der neuen App „Frischeautomat“ verlinken lassen.
„Ich bin Fan von organischem Wachstum." Wolf Ziebold
„Ich bin Fan von organischem Wachstum. Ich will nicht zuhauf Flyer drucken lassen oder Kampfangebote machen. Der Regiomat soll sich lieber rumsprechen“, erklärt er. Ein überschaubarer, aber treuer Stammkundenkreis sei ihm am liebsten. Nur am Eingang der Straße und direkt am Automatenhäuschen hat er jeweils ein Werbeschild angebracht. „Ich bin und bleibe Landwirt!“, untermauert Ziebold seinen Standpunkt. Werbung und Vertrieb – das ist nichts für ihn.
Der Regiomat auf dem Biolandhof hatte sich entsprechend der Prognose des damaligen Vertrieblers innerhalb von drei Jahren amortisiert. Länger sollte das auch nicht dauern, findet Besitzer Ziebold: „Aufwand und Ertrag müssen in einem gesunden Verhältnis zueinander stehen.“









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