Nährstoffbilanzierung im Ökolandbau
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Erhalt und Förderung der Bodenfruchtbarkeit werden im Ökolandbau stark betont. Häufig wird zudem ein geschlossener Nährstoffkreislauf gefordert. Diesen vollständig zu schließen, ist jedoch nicht möglich, da auf jedem Betrieb Nährstoffe über das Erntegut und tierische Produkte exportiert werden. Vor allem Stickstoff (N), aber auch andere Nährstoffe, gehen außerdem durch Auswaschung und Ausgasung verloren.
Um zu erfassen, welche Nährstoffe den Betrieb verlassen und ihm wieder zugeführt werden, eignen sich Methoden der Nährstoffbilanzierung.
Lästig, aber hilfreich
Nährstoffbilanzen, insbesondere die Hoftorbilanz, sind ein unverzichtbares Werkzeug, um einen Eindruck zu bekommen, wie sich das aktuelle Bodenfruchtbarkeitsmanagement langfristig auswirken dürfte. Mit ihrer Hilfe lässt sich ermitteln, wo der eigene Betrieb steht und inwiefern sich gegebenenfalls die Düngestrategie anpassen lässt. Die Berechnungen sollten mit regelmäßigen Untersuchungen der Grundanalyse für die pflanzenverfügbaren Nährstoffe P und K verknüpft werden.
Durch berechnen der Nährstoffinputs und –outputs lassen sich Fehlentwicklungen frühzeitig erkennen. Die oft als lästiges Übel wahrgenommene Berechnung der Stoffstrombilanz, wie sie die Düngeverordnung ab 2023 für die meisten Betriebe vorschreibt, bietet also auch die Chance, mit möglichst vollständig zusammengetragenen Datensätzen die Nährstoffflüsse auf dem Betrieb zu erfassen. Nährstoffbilanzen werden in der Regel für N, P und K errechnet, können aber auch alle anderen Nährstoffe, zum Beispiel Schwefel, Calcium und Magnesium, umfassen.
In Wissenschaft und Praxis werden Nährstoffbilanzen unterschiedlich berechnet, je nach Fragestellung und Bezugsgröße. Jedes Verfahren hat Stärken und Schwächen und daher unterschiedliche Einsatzgebiete.
Die Hoftorbilanz
Die Hoftorbilanz bezieht sich auf die Betriebsebene. Sie umfasst auf der einen Seite alle Nährstoffe, die in den Betrieb gelangen – beispielsweise durch Futterzukauf, externe Düngemittel, biologische Stickstofffixierung, Einstreu, Tiere sowie Saat- und Pflanzgut. Auf der anderen Seite erfasst sie alle Nährstoffe, die den Betrieb verlassen – zum Beispiel das Erntegut, tierische Produkte und hofeigene Dünger oder Stroh, die abgegeben werden. Nicht erfasst werden innerbetriebliche Nährstoffflüsse. Dazu gehören unter anderem der Grünlandaufwuchs, innerbetriebliche Düngemittel und Nährstoffverluste, die beispielswese beim Lagern und Ausbringen von Düngemitteln auftreten können. Der in der Düngeverordnung verwendete Begriff „Stoffstrombilanz“ entspricht der Hoftorbilanz.
Vorteil: Viele Nährstoffflüsse sind einfach zu ermitteln, da die erforderlichen Daten dem Betrieb ohnehin vorliegen und bereits Angaben zu den Nährstoffgehalten vorhanden sind. Das gilt zum Beispiel für die zugekaufte Menge an Futter oder Handelsdünger sowie die verkaufte Menge an pflanzlichen Produkten, Milch, Fleisch und Ähnlichem. Anhand der Hoftorbilanz können grundlegende Nährstoffflüsse und dadurch bedingte Nährstoffungleichgewichte erfasst werden.
Nachteil: Das Ergebnis der Hoftorbilanz ist mit gewissen Unsicherheiten, insbesondere beim Stickstoff, behaftet. Da liegt daran, dass ökologische Betriebe häufig Produkte kaufen und verkaufen, deren Mengen und Nährstoffgehalte nur geschätzt werden können. Das gilt zum Beispiel bei Silage, Heu und Festmist. Insbesondere bei ökologisch wirtschaftenden Futterbau- oder Gemischtbetrieben wird die N-Bilanz zudem oft unterschätzt, da innerbetriebliche Flüsse nicht berücksichtig werden.
Im Internet existieren zahlreiche, frei verfügbare Excel-Tools, um Hoftorbilanzen zu berechnen. Diese sind jedoch häufig nicht auf den ökologischen Landbau zugeschnitten. Im Projekt RELACS (Replacement of Contentious Inputs in Organic Farming Systems) wurde speziell für den Ökolandbau ein Excel-Tool geschaffen. Es gibt noch weitere Tools, die aber vor allem für den konventionellen Landbau erstellt wurden - zum Beispiel die Hoftorbilanz von der Landesanstalt für Landwirtschaft, Ernährung und Ländlichen Raum Schwäbisch Gmünd.
Die Feldbilanz
Die Bezugsgröße bei der Berechnung der Feldbilanz können einzelne oder mehrere Schläge sein. Erfasst werden alle Nährstoffe, die auf die jeweilige Fläche ausgebracht werden oder von ihr abgehen. Das betrifft jegliche Düngemittel, egal ob innerbetrieblich oder extern, Saat- und Pflanzgut, die N-Fixierung und den atmosphärischen N-Eintrag (Tabellenwerte) sowie das Erntegut. Andere Verluste, zum Beispiel die N-Auswaschung, gasförmige Verluste oder Verluste im Stall bei Ausscheidung und Lagerung, werden nicht berücksichtigt.
Vorteil: Wird die Feldbilanz über die gesamte Fruchtfolge berechnet, erhält man ein klares Bild des Nährstoffsaldos pro Fläche. So kann man die Düngestrategie anpassen – insbesondere in Kombination mit den Ergebnissen der Bodenuntersuchungen. Die Feldbilanz erfasst auch Nährstofftransfers, zum Beispiel vom Grünland auf das Ackerland und umgekehrt. Dadurch wird deutlich, auf welchen Flächen zum Beispiel ein P- und/oder K-Ausgleich für diese Transfers notwendig ist.
Nachteil: Dass die Daten auf Ebene des Einzelschlags erhoben werden müssen, erhöht deutlich den Aufwand im Vergleich zur Hoftorbilanz. Das betrifft vor allen Betriebe mit vielen Teilflächen oder Gemüsebaubetriebe mit einer großen Anzahl von Kulturen beziehungsweise vielen Sätzen der einzelnen Kulturen.
Auch für die Feldbilanzen existieren frei verfügbare Bilanzierungstools, zum Beispiel das Schlagbilanz-Tool vom DüngungsNetzwerk BW oder das Bilanzierungs- und Empfehlungssystem Düngung BESyD vom Sächsischen Staatsministerium für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft. Beide Tools erlauben eine Verknüpfung mit Schlagkarteien und beinhalten die für die Düngeverordnung notwendige Dokumentation.
Die Feld-Stall-Bilanz
Die Feld-Stall-Bilanz wird auch als Flächenbilanz oder aggregierte Schlagbilanz bezeichnet. Sie kombiniert die Feldbilanz als Summe aller Schläge eines Betriebs mit den Nährstoffflüssen im Stall und integriert an dieser Stelle die Nährstoffverluste (insbesondere N) bei der Lagerung und der Ausbringung von Wirtschaftsdüngern. Dabei wird auf Faustzahlen zurückgegriffen.
Vorteil: In der Feld-Stall-Bilanz werden N-Verluste im Betriebssystem erfasst, was bei den anderen Bilanzierungsverfahren nicht der Fall ist. Für die Nährstoffe P und K ist diese Art der Bilanzierung weniger relevant, da für beide Nährstoffe kaum Verluste zwischen Feld und Stall auftreten.
Nachteil: Auch hier ist der Aufwand hinsichtlich der Erfassung der Daten relativ hoch, da bekannt sein muss, welche Flüsse in den Stall hinein und wieder hinaus fließen. Ebenso müssen schlaggenaue Daten hinsichtlich Ernte und Düngung vorliegen. Ein weiterer Nachteil ist, dass teilweise „unvermeidbare Verluste“ berücksichtigt werden, die wissenschaftlich nicht nachvollziehbar sind. Sie können die Bilanzsalden verringern, sodass eine eigentlich ausgeglichene Bilanz ins Minus „rutschen“ kann.
Im Zuge der Umsetzung der Düngeverordnung werden auch hier von den Landesanstalten und Landwirtschaftskammern unterschiedliche frei verfügbare Tools angeboten, die die Berechnung der Feld-Stall-Bilanz ermöglichen.
Herausforderung Nährstoffbilanz: Jeder Betriebstyp hat spezifische Nährstoffprobleme








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