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Nische mit Zukunftsaussichten?

Der Markt für Bioschweine

Bioschweine sind weiter sehr gefragt. Seit längerem übersteigt die Nachfrage das Angebot, die Preise für Bioschweine und -ferkel sind in den vergangenen Monaten gestiegen. Zudem hat der Handel verstanden, dass die Betriebe nur bei vollkostendeckenden Preisen zur Umstellung bereit sind.
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Projekt für mehr Transparenz und Planungssicherheit
Das Aktionsbündnis Bioschweinehalter Deutschland (ABD e.V.) startete im vergangenen Jahr mit Fördermitteln aus der Bio-Offensive in Zusammenarbeit mit der AMI ein Projekt, das eine größere Markttransparenz im Bioschweinemarkt gewährleisten soll. Angestrebt wird Biobetrieben, umstellungsinteressierten Betrieben aber auch Verarbeitern und Handel bei der unternehmerischen Planung eine größere Absatzsicherheit zu bieten. Derzeit wird von rund 25 Bioferkelerzeuger:innen monatlich die Zahl der abgesetzten Ferkel erfasst, um so in einem möglichst frühen Stadium Aussagen zu Erzeugungsmengen treffen zu können. Darüber hinaus werden die Umstellungs-Berater und -Beraterinnen halbjährlich befragt, um auch auf diesem Weg frühzeitig von Veränderungen der Bioschweine-Bestände in Deutschland erfahren zu können. Sowohl interessierte Betriebe als auch Berater und Beraterinnen können sich gerne beim ABD (aktionsbuendnis@bioschweine-deutschland.de) melden.

Das Angebot wird zunehmend erweitert

Auch wenn es sich bei Bioschweinefleisch weiter um eine Nische handelt, ist der Handel zunehmend bemüht, seinen Kunden und Kundinnen ein breiteres Sortiment anzubieten. Seit einigen Jahren weiten die Handelsketten ihr Frischfleischangebot deutlich aus. Neben Schnitzel, Kotelett und Geschnetzeltem wird mittlerweile auch Schweinefilet angeboten. Parallel wird auch das Angebot an Biorind- und Biogeflügelfleisch ausgeweitet. Allerdings ist das Angebot, bis auf wenige Ausnahmen, auf den SB-Bereich begrenzt. Auch die knapp 1.000 Biosupermärkte in Deutschland verfügen in den meisten Fällen nicht über eine Bedientheke, da die Naturkostkund:innen eher für eine fleischarme Ernährung stehen und die Thekenbereiche nicht immer gewinnträchtig laufen. Dennoch gab es auch im Naturkostfachhandel Umsatzzuwächse bei Bioschweinefleisch von 50 Prozent und mehr, wie einzelne Biogroßhändler berichteten. Dabei dürfte aber auch die Corona-Pandemie eine Rolle gespielt haben.

Ein breites Biosortiment ist für die Vollsortimenter Teil ihres Anspruchs, alle Kund:innen umfassend bedienen zu können. Große Märkte haben bis zu 10.000 unterschiedliche Bioprodukte im Sortiment - mehr als der durchschnittliche Biosupermarkt und mehr als das Doppelte im Vergleich zu klassischen Bioläden. Insbesondere die selbständigen Edeka- und Rewe-Märkte sind hier führend. Sie beziehen das Biofleisch meistens über die Regionalgesellschaften, teilweise auch direkt von den Erzeuger:innen.

Preisanpassungen um Mehrkosten zu decken

Anfang 2021 standen bei vielen Lieferverträgen Neuverhandlungen an, da sie bereits in den Jahren 2015 und 2016 geschlossen wurden. Die Landwirt:innen waren nicht bereit die Verträge zu unveränderten Konditionen fortzuschreiben, da eine vollkostendeckende Erzeugung so nicht möglich war. Auch neue Betriebe konnten zu Preisen von 3,75 Euro je kg Schlachtgewicht nicht für die Umstellung gewonnen werden. Trotz verbesserter Leistungen bei Bioferkelerzeugung und Mast können mit diesen Preisen die Mehrkosten bei Investitionen, Arbeit und Fütterung nicht aufgefangen werden: In der Praxis zeigt sich, dass sich selbst bei größeren Betrieben nicht die erhoffte Einsparung bei den Arbeitskosten realisieren lässt.

Auch die hundertprozentige Biofütterung bei Schweinen über 35 kg Lebendgewicht ab dem Jahr 2022 führt zu Mehrkosten. Außerdem ist die staatliche Förderung im Rahmen des Agrarinvestitionsförderungsprogramms (AFP) auf Investitionen bis eine Millionen Euro begrenzt, so dass schon Stallungen für 100 Sauen nur noch anteilig gefördert werden.

Die 4-Euro-Marke wurde geknackt

Ergebnis der Verhandlungen bei einem größeren Handelsunternehmen war ein Preis oberhalb von 4 Euro pro kg SG, der im Dezember noch einmal um 10 Cent angehoben wurde. In der Folge zogen fast alle Abnehmer von Bioschweinen nach. Es verwundert also nicht, dass die AMI im September 2021 erstmals für E-Schweine mit 4,02 Euro einen durchschnittlichen Preis von über 4 Euro je kg Schlachtgewicht auswies. Manche Verarbei-ter und Vermarkter beklagen jedoch, dass sie die Preissteigerungen nicht in vollem Umfang an die eigenen Abnehmer weitergeben können. Viele Unternehmen verarbeiten ausschließlich Biofleisch und müssen dementsprechend die höheren Kosten für den Wareneinkauf 1:1 weitergeben, während große Handelsketten hier die berühmte „Mischkalkulation“ anwenden können, insbesondere wenn Bioschweinefleisch am Gesamtumsatz des Unternehmens und am Umsatz mit Bioartikeln nur eine untergeordnete Rolle spielt.

Die verstärkte Listung von Edelteilen des Schweins im Lebensmitteleinzelhandel führt auch zu beachtlichen Vorteilen bei der Zerlegekalkulation, da zuvor große Teile des Schlachtkörpers ins gemischte Hackfleisch gingen. Bei Unternehmen mit Spezialisierung auf Biofleisch ist dieser Faktor ohne Einfluss, da hier bisher schon eine weitestgehend optimale Verwertung des Schlachtkörpers erfolgte. Und nicht zuletzt arbeiten die großen Handelsketten häufig mit großen Schlachtunternehmen zusammen, so dass sich bei Schlachtung und Verarbeitung hohe Kosteneinspareffekte ergeben. Da Bioschweinefleisch knapp ist, verringern manche Ketten im gemischten Hackfleisch den Schweinefleischanteil zugunsten des Rindfleischanteils.

Preisunterschiede zwischen öko und konventionell

Zwischen verbandszertifiziertem Bioschweinefleisch und Fleisch nach EU-Bio-Standard besteht eine gerechtfertigte Preisdifferenz. Während bei der Haltung keine Unterschiede bestehen, ist Futter nach Verbandsrichtlinien teurer. Größere Unterschiede werden offenbar, wenn man den Gesamtbetrieb betrachtet. Nach EU-Bio-Verordnung können pro Hektar mehr Mastschweine gehalten werden und die Kooperation mit konventionellen Biogasanlagen ist deutlich einfacher. In Zeiten von Überangebot – das gab es auch schon – zeigen sich nach Verbandsrichtlinien erzeugte Bioschweine grundsätzlich preisstabiler. Auch ist das Spektrum der Anbieter deutlich größer, da in vielen Bereichen auf das Verbandslabel Wert gelegt und dieses auch ausgelobt wird.

Mit dem Preis für Biomastschweine wurde auch der Grundpreis für Bioferkel angehoben. Aktuell liegt er zwischen 150 und 160 Euro. Bioferkelerzeuger und Biomäster sehen sich als Teil einer Wertschöpfungskette. Entsprechend werden Preiserhöhungen ebenso wie Preissenkungen direkt an die Ferkelerzeuger weitergegeben. Bioferkelerzeuger:innen haben folglich Interesse an hohen Preisen für Biomastschweine und beteiligen sich häufig an den Preisverhandlungen. In vielen Liefervereinbarungen ist die Weitergabe von Preisänderungen integriert. Bewährt hat sich dabei ein fester Faktor, so dass nicht bei jeder Preisänderung neu verhandelt werden muss.

Schwierig wird es, wenn die Ferkelerzeuger:innen mehrere Mäster:innen als Kund:innen haben, die wiederum Abnehmer:innen mit unterschiedlichen Erzeugerpreisen haben. Bei Anwendung eines festen Faktors müssten die Ferkelerzeuger:innen unterschiedliche Preise für die Ferkel ansetzen, obwohl es sich um das gleiche Produkt handelt. Würde man den höchsten Mastschweinepreis zugrunde legen, kämen die Mäster:innen mit dem nied-rigsten Preis nicht zurecht. Umgekehrt kann auch der niedrigste Preis nicht der Maßstab sein, weil dann die Ferkelerzeuger:innen benachteiligt würden. Insofern erscheint es sinnvoll, sich Partner zu suchen, die ähnliche Preise für ihre Mastschweine erzielen. Die gleichzeitige Belieferung von EU-Bio-Mäster:innen und Mäster:innen mit Verbandsmitgliedschaft könnte zu Problemen führen.

Einfluss der Afrikanischen Schweinepest

Die Afrikanische Schweinepest (ASP) hat auf den Bioschweinemarkt und damit auch auf die Preise bisher keinen Einfluss. Bioschweinefleisch wird beinahe ausschließlich für den eigenen Markt produziert, fehlende Ware wird importiert. Sorge bereitet jedoch die unsichere Rechtslage der Auslaufhaltung in Regionen, die von der ASP betroffen sind. Zwar verlieren Biobetriebe nicht den Biostatus, wenn die Nutzung der Ausläufe untersagt wird. Aber ohne Ausläufe funktionieren die Stallsysteme nicht mehr, denn der Auslauf ist Teil des Haltungssystems. Im Auslauf sollen die Schweine koten, so dass man im Stall auf maschinelle Entmistung weitestgehend verzichten kann. Außerdem dient der Auslauf als „Wellnessoase“, in dem gewühlt und Raufutter aufgenommen werden kann. Ohne diese Möglichkeiten entsteht bei den Schweinen erheblicher Stress, was man sich bei Langschwanzschweinen nicht leisten kann.

Die Zahl der Umstellungsinteressierten steigt

Die knappe Versorgung am Bioschweinemarkt hat das Interesse an einer Umstellung erhöht. Die höheren Erzeugerpreise sowie das Fehlen einer Perspektive im konventionellen Markt sind wesentliche Beweggründe. Die hohen Investitionen bei gleichzeitig schwieriger Ausgangslage machen es den konventionellen Schweinehalter:innen jedoch nicht leicht. Die nun schon länger bestehende Preisflaute sorgt für niedrige Gewinne. Damit laufen die Halter:innen Gefahr aus Mangel an Eigenkapitalbildung die Voraussetzungen für die Investitionsförderung nicht zu erfüllen. Auch unabhängig von notwendigen Investitionen ist die Umstellungsphase eine wirtschaftlich herausfordernde Zeit, die es zu überbrücken gilt.

Doch die ökologische Schweinehaltung hat Vorteile: Der Absatz ist grundsätzlich gesichert und die Erzeugung entspricht den Vorstellungen breiter Bevölkerungsschichten, auch wenn noch nicht alle sofort bereit sind, die entsprechenden Kaufentscheidungen zu treffen. Zudem gibt es in der Biobranche, im Gegensatz zum konven-tionellen Markt, ein klares Regelwerk. Das neue EU-Bio-Recht trat zum 1.1.2022 in Kraft. Die wesentlichen Haltungsvorschriften wurden aus den bestehenden Verordnungen übernommen und sind in den wichtigsten Bereichen seit über 20 Jahren kaum verändert worden.

Fazit: Wunsch nach gesicherter Nachfrage

Der Bioschweinemarkt ist und bleibt eine Nische. Erzeugen kann man nur das, was auch verkauft werden kann. Die meisten Umsteller:innen haben daher auch erst mit den Investitionen begonnen, wenn zumindest ein Letter of Intent bestand, also klare Absichtserklärungen zur Abnahme bestimmter Mengen zu definierten Konditionen. Sobald aus dem Nachfragemarkt ein Angebotsmarkt wird, drohen aber auch im Biomarkt die üblichen Marktmechanismen zu greifen.

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