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Annette Alpers (Naturland) im Interview

Fair denken ist das Gebot der Stunde

Wie stellt sich die aktuelle Situation angesichts des Ukrainekrieges für Geflügelhalter:innen dar? Annette Alpers, Geflügelspezialistin bei der Beratung für Naturland, erklärt im Interview wie es aktuell um die Verfügbarkeit von Futtermitteln steht und welche Alternativen es gibt, um die Eiweißlücke zu schließen.

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Frau Alpers, Sie sind Geflügelspezialistin bei der Beratung für Naturland. Wie nehmen Sie die aktuelle Situation im Zusammenhang mit dem Ukrainekrieg wahr?

Annette Alpers: Ich höre aktuell immer wieder: Die Erträge im Biobereich sind nicht hoch genug, gerade in Kriegszeiten. Dem muss ich deutlich widersprechen. Auch wir arbeiten zum großen Teil mit Hochleistungsrassen. Der Ökolandbau zeigt sehr anschaulich, wie wir Abhängigkeiten aus dem Ausland reduzieren können. Schließlich müssen – zumindest bei Naturland – mindestens 50 Prozent des Futters vom eigenen Hof beziehungsweise aus der Region kommen. Zudem muss der anfallende Dünger dann auch wieder auf diesen Flächen ausgebracht werden. Energieaufwändig – also mit Gas und Öl produzierte – synthetische Düngemittel sind verboten und wir denken stark in regionalen Wertschöpfungsketten. Aber wir dürfen uns nichts vormachen. Alle Betriebe, auch verbandsgebundene, sind zu gewissen Anteilen abhängig vom ausländischen Ölkuchen. Hätte man den Krieg vorausgesehen, hätten die Mühlen anderes geplant, dementsprechend Rohwaren eingekauft und mit den Anbaubetrieben abgestimmt. Denn die Verbandsbetriebe sind mühlentreu.

Annette Alpers ist Geflügelexpertin bei der Beratung für Naturland. © Christoph Assmann

Welche Alternativen schlagen Sie vor, um die Eiweißlücke zu schließen?

Annette Alpers: Kurzfristig sollten wieder fünf Prozent konventionelle Eiweißkomponenten eingesetzt werden können, wie es bis Ende 2021 der Fall war. In Österreich ist das bereits so beschlossen. Auch die vier Prozent-Stilllegung im Rahmen der GAP sollte ausgesetzt werden, um auf den Flächen Öl- und Eiweißpflanzen zu erzeugen. Das bringt ein bisschen Entspannung, aber nicht genug. Mittelfristig müssen noch mehr Eiweißkomponenten in Deutschland und der EU erzeugt werden. Auf kontinental trockenen Standorten in Brandenburg und Sachsen wären Sonnenblumen oder die methioninreiche Hirse Alternativkulturen. Der Einsatz von Insektenproteinen muss endlich in der EU-Öko-Verordnung als Futter legitimiert werden. Langfristig muss die Forschung natürlich produzierte Alternativen liefern, um limitierende Aminosäuren wie Methionin zu erzeugen, die auch im Ökolandbau zugelassen sind.

Der Krieg zeigt, wie abhängig wir besonders im konventionellen Agrarsektor vom Weltmarkt sind. Es war bisher einfach zu billig, große Mengen an Agrarrohstoffen weit zu transportieren. So schrecklich die aktuelle Situation ist, sie bietet auch Chancen. Dadurch, dass der Ökolandbau seit jeher in Kreisläufen wirtschaftet, kann er hier Vorbild sein.

Vor welchen Problemen stehen die Biolegehennenhalter:innen im Moment?

Annette Alpers: Die Preise für Futtermittel, insbesondere beim Eiweiß, werden teurer. Das ist allen klar. Unsere Betriebe müssen wirtschaftlich arbeiten, also müssten auch die Verkaufspreise steigen. Aktuell arbeitet der Handel mit einem Margenmodell: steigt der Einkaufspreis, steigt der Verkaufspreis prozentual mehr, als würde man Stückkosten pro Produkt berechnen. Das verteuert das Produkt für den Verbraucher zusätzlich. Besser wäre ein fixer Aufschlag durch den Handel auf das Produkt, gerade bei Grundnahrungsmitteln. Man muss betonen: Wenn die Preise nicht steigen, gibt es auch keine Eier mehr, weil die Betriebe zu diesen Preisen nicht produzieren können – auch, weil wir seit diesem Jahr verpflichtend den Bruderhahn aufziehen müssen. Fair zu denken und entlang der ganzen Wertschöpfungskette Lösungen zu finden, ist das Gebot der Stunde.

Was raten Sie den Betrieben konkret in der aktuellen Situation?

Annette Alpers: Wir arbeiten mit guter Genetik. Die Tiere legen länger Eier mit fester Schale. Viele Herden schaffen 84 Wochen, einzelne sogar 90 Wochen. Auch eine Mauser ist vorstellbar.

Wer direkt oder über regionale Netzwerke vermarktet, sollte die Verbraucher mit ins Boot nehmen und ihnen die Situation direkt, im Internet oder mit dem Vermarktungspartner zusammen erklären. So lassen sich auch XL-Eier und S-Eier vermarkten. Das ist eine Chance, den Wert der Lebensmittel zu vermitteln.

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