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Interview mit Fabian Neu

Das bringt das Osterpaket für Agrifotovoltaik (APV)

Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages haben am 7. Juli 2022 mehrere Gesetzesvorlagen des Osterpakets zum Ausbau erneuerbarer Energien verabschiedet. Fabian Neu ist zuständig für die Projektentwicklung von Agriphotovoltaik (APV) bei der BayWa r.e. in Deutschland. Im Gespräch mit #Ö erklärte er, was sich für den Ausbau der APV in Deutschland geändert hat.
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Fabian Neu ist zuständig für Projektentwicklung von Agriphotovoltaik (APV) bei der BayWa r.e. in Deutschland.
Fabian Neu ist zuständig für Projektentwicklung von Agriphotovoltaik (APV) bei der BayWa r.e. in Deutschland.BayWa r.e.
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Fabian Neu ist zuständig für Projektentwicklung von Agriphotovoltaik (APV) bei der BayWa r.e. in Deutschland. © BayWa r.e.

Wie sah die bisherige Förderung von APV nach dem EEG aus?

Im letzten EEG konnten Agri-PV-Projekte nur im Rahmen der sogenannten Innovationsausschreibung für Besondere Solaranlagen umgesetzt werden. Um hierbei eine Förderung zu erhalten, musste jede APV-Anlage als Anlagenkombination, zum Beispiel mit einem Energiespeicher, eingereicht werden. Außerdem durfte die Größe der Gesamtanlage 2 MWp nicht überschreiten. Im EEG 2021 war das Ausschreibungsvolumen zudem auf 150 MW begrenzt. Die APV ist eine kostenintensivere Technologie gegenüber der Freifläche und das zusätzliche Erfordernis zum Beispiel eines Speichers in Kombination mit der geringen Anlagengröße haben die Etablierung der Technologie bislang ausgebremst.

Was hat sich durch die EEG-Novelle für APV und Freiflächenanlagen geändert?

Durch das neue EEG wurden die besonderen Solaranlagen, dazu zählt auch APV, in die gleichen Ausschreibungen wie die „normalen“ Freiflächenanlagen aufgenommen. Horizontal aufgeständerte APV-Anlagen erhalten in diesem Segment einen degressierenden Bonus von zunächst 1,2ct je kWh in 2023, der als Zuschlag auf den in der Ausschreibung ermittelten anzulegenden Wert bezahlt wird. Bodennah installierte Anlagen erhalten keinen Zuschlag.

Grundsätzlich begrüßen wir die Überarbeitung des EEG, welches insgesamt viele positive Ansätze enthält. Der Ausbau der erneuerbaren Energien ist auch aufgrund der Energiekrise in Europa dringend notwendig. Dafür brauchen wir ein Hybridkonzept aus vielen erneuerbaren Energiequellen. Innerhalb der PV brauchen wir ebenso ein Hybridkonzept zwischen APV, Freiflächen-PV und Aufdachanlagen - nur so können wir eine nachhaltige Energiewende schaffen. Ob die Änderungen ausreichen, um der APV in den Ausschreibungen gegenüber den Freiflächenanlagen zum Durchbruch zu verhelfen, bleibt abzuwarten. Der Bonus für Agri-PV im Rahmen der Ausschreibung ist sicherlich deutlich zu niedrig angesetzt. Demgegenüber können Freiflächenanlagen nun im Korridor von 500 m um Schienen und Autobahnen gefördert werden. Vor der EEG-Novelle waren es nur 200 m. 

Sind benachteiligte Gebiete nicht für APV prädestiniert?

APV kann vor allem auf Böden eine Option sein, die zu fruchtbar sind, um sie mit einer Freiflächenanlage zu belegen. Schließlich erlaubt die APV weiterhin eine vorrangig landwirtschaftliche Nutzung der Fläche. Die APV kann nun auf Ackerland, Sonderkulturen und auch auf Grünland gefördert werden. Da die landwirtschaftliche Nutzung der Flächen erhalten bleibt, werden auch Subventionen für den Teil der Fläche bezahlt, auf der Lebensmittel angebaut werden. In der Durchführungsverordnung ist vorgesehen, dass 85 Prozent der Agrarförderung weiterbezahlt werden, wenn eine Agri-PV-Anlage auf der Fläche errichtet wurde. 

Bei hochaufgeständerten Anlagen, die sich besonders über Beerenkulturen eignen, wurde im EEG neben den 5,9 Cent je kWh aus der normalen Freiflächen-Ausschreibung eine zusätzliche Förderung gewährt. Diese startet mit 1,2 Cent pro kWh und wird über die kommenden Jahre sukzessive sinken, sodass keine Wettbewerbsfähigkeit gewährleistet ist.  Für die Wettbewerbsfähigkeit wäre ein Bonus von mindestens 3 Cent pro kWh notwendig. 

In Sonderkulturen wird die PV-Anlage über der Kultur hoch aufgeständert gebaut. Wird das über einem großen Acker nicht sehr aufwändig? 

Bei der APV unterscheidet man zwischen Anlagen der Kategorie 1, die hoch aufgeständert sind. Unter solchen Anlagen kann beispielsweise Gemüse, Beerenobst oder Getreide angebaut werden. Dieser Anlagentyp ist eher geeignet für Sonderkulturen, weil die PV-Module die Ernte vor Starkwetterereignissen schützen. Für den erzeugten Strom erhält man auch die oben genannten 1,2 Cent pro kWh on top. Aufgrund steigender Gestehungskosten für Stahl und Baumaterial sehen wir den Zuschlag aber als zu gering an.

Für Ackerkulturen sind Anlagen der Kategorie 2 mit den aktuellen Bau- und Förderkonditionen attraktiver. Dabei handelt es sich um bodennah montierte PV-Module, die in Streifen auf dem Acker stehen. Zwischen den Streifen wird die Fläche wie gehabt bewirtschaftet und der Reihenabstand der PV-Module so gewählt, dass eine Durchfahrt mit Traktoren und Mähdreschern problemlos möglich ist. Die Fläche ist dann von Reihen unterteilt, ähnlich wie es auch bei Agroforst oder beim Anlegen von Blühstreifen innerhalb des Felds der Fall wäre. Die bodennahen Anlagen der Kategorie 2 erhalten im Falle des Zuschlags in der Ausschreibung eine Vergütung von bis zu 5,9 Cent pro kWh.

Wie viel Platz braucht die Anlage auf dem Feld? 

Eine aufgeständerte APV-Anlage belegt etwa 10 Prozent der Fläche, bei den Reihenanlagen der Kategorie 2 sind es 15 Prozent. Auf 90 beziehungsweise 85 Prozent des Felds können also weiterhin Kulturpflanzen wachsen und Lebensmittel produziert werden. 

Das EEG besagt, dass diese Zahlen zur APV durch die Bundesnetzagentur definiert sind. Diese sind für APV über Ackerbau und Sonderkulturen zu befolgen. Für Grünland gibt es im Rahmen der Innovationsausschreibung noch keine APV-Definition, die Bundesnetzagentur wird die Anforderungen für APV auf Grünland aber bis zum 1. Juli 2023 definieren. Die Bundesnetzagentur verweist bei der Definition von APV aktuell an die Standards der DIN SPEC 91434. Dort ist geregelt, welcher Anlagentyp wie viel Platz in Anspruch nehmen darf. Auch muss ein homogenes Lichtkonzept umgesetzt werden, um landwirtschaftliche Nutzung und Solarstromerzeugung miteinander zu vereinbaren. Der Referenzertrag der verwendeten Fläche nach Bau der Anlage muss 66 Prozent des Ertrags vor dem Bau betragen. Wie genau der Ertrag auf dem Betrieb gemessen wird, bedarf aktuell aber noch einer Definition oder eines Standards durch die Bundesnetzagentur.

Diese Standards gelten für den Bau einer Anlage. Ist auch festgehalten, wie der Rückbau nach der Nutzung laufen wird?

Nach Ende der Laufzeit wird die Anlage wieder abgebaut. Es wird ohne Betonfundamente gearbeitet, in der Regel werden nur Stahlprofile in die Erde gerammt. Dadurch ist ein Rückbau ohne Rückstände möglich, die Fläche kann danach wieder rein landwirtschaftlich genutzt werden. 

Das klingt ähnlich einfach wie der Bau und Abbau eines festen Weidezauns. Sehen auch die Baurechtsbehörden den Bau einer APV so unverfänglich?

Wer eine Anlage bauen möchte, benötigt Stand heute ein Bauleitplanverfahren. Bei jeder Anlage muss nach wie vor der Flächennutzungsplan geändert werden. Im kleineren Rahmen des Eigenverbrauches sind vielleicht auch Lösungen ohne Bauleitplanverfahren denkbar. Wenn die Anlage zur Einspeisung ins Stromnetz genutzt wird, kommt man um das Verfahren aber nicht herum. 

Bei so viel Planung sollte die Anlage möglichst lange stehen, damit sich die Investition lohnt. Hält eine APV genauso lang wie eine Anlage auf freien Flächen?

Sicherlich haben wir bei APV auf dem Feld auch Nebeneffekte wie Staubentwicklung. Viele Module in Anlagen der Kategorie 2 können aber aus der Bearbeitungsrichtung bei der Ernte oder Bodenbearbeitung herausgedreht werden. Eine wichtige Rolle spielt auch die regelmäßige Reinigung der Module. Bei Anlagen der Kategorie 1 kann das mit einem Roboter auf den Modulen geschehen, bei Kategorie 2 geht das vom Boden aus. Wir erwarten daher keine größeren Abnutzungserscheinungen als bei Freiflächenanlagen.

Wie sieht das Geschäftsmodell der BayWa r.e. in der Landwirtschaft aus?

Die BayWa r.e. arbeitet mit Landwirt:innen zusammen, um Anlagen auf Flächen zu errichten und zu betreiben. Die Landwirte wiederum erhalten eine Flächenpacht, die eine Diversifizierung des Einkommens bringt. Die Landwirt:innen können die Fläche weiterhin landwirtschaftlich nutzen. Unterm Strich steht ein höherer Deckungsbeitrag für die Bewirtschafter:in. Durch Verträge für die Pflege der Grünstreifen und Reinigung der Module kann eine weitere Einkommenssteigerung möglich sein.

Anlagen der Kategorie 1 sind mit den neuen Vergütungssätzen und den gestiegenen Preisen für Baustoffe weniger rentabel als Anlagen der Kategorie 2. Dort sind die Gestehungskosten pro Kilowatt-Peak geringer und es können bessere Pachtkonditionen für die Landwirte entstehen. In der Regel geht es um Pachtlaufzeiten zwischen 25 und 35 Jahren. Früher betrug die Laufzeit meist 20 Jahre. Da die Investitionskosten steigen und die Vergütungen abnehmen, sowie die Langlebigkeit der Anlagen zunimmt, ergibt die längere Laufzeit Sinn. 

Leisten die Grünstreifen neben und unter der Anlage einen Beitrag zur Biodiversität?

Entlang der Anlagestreifen können Blühstreifen zur Artenvielfalt beitragen. Vor allem auf Ökobetrieben gibt es hier Potenzial, da die Arbeitsbreiten oft etwas geringer sind und keine Pflanzenschutzmittel zum Einsatz kommen. Aber auch für konventionelle Betriebe können die Grünstreifen einen Beitrag zum Erhalt der Artenvielfalt leisten, wenn sie gut geplant sind. 

Ich sehe auch große Vorteile bei Anlagen der Kategorie 2, da sich neue Bewirtschaftungsformen ergeben, wie Controlled Traffic Farming, bei dem der Traktor immer in der gleichen Spur fährt, oder Streifenbewirtschaftung von Hackfrüchten, Leguminosen oder Getreide nebeneinander. Das schafft Anreize gegen große Schläge mit Monokulturen. 

Mehr zur Definition von APV auf: https://www.din.de/de/meta/suche/62730!search?_csrf=9b1f3646-3879-41e1-92af-08b266e56afd
 

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