
Eine weitere Zitterpartie
Der Deutsche Bauernverband (DBV) geht in seiner Erntebilanz 2024 von einer stark unterdurchschnittlichen Getreideernte aus.
von DBV Quelle Deutscher Bauernverband erschienen am 22.08.2024Die 40-Millionen-Tonnen-Marke beim Getreide in Deutschland wird in diesem Jahr mit 39,3 Mio. Tonnen verfehlt. Damit setze sich der seit zehn Jahren anhaltende Abwärtstrend der Erntemengen beim Getreide fort, teilt der Deutsche Bauernverband mit. Im Vorjahr seien noch rund 42 Mio. Tonnen Getreide geerntet worden.
Mengen und Qualitäten gelitten
Sowohl die Erntemengen als auch zum Teil die Qualitäten haben in einigen Regionen unter den wiederkehrenden und zum Teil starken Niederschlägen massiv gelitten. Nach den aktuellen Zahlen liegt die Erntemenge beim Weizen, der wichtigsten Kultur, mit 18,0 Mio. Tonnen deutlich unter der des Vorjahres (2023: 21,2 Mio. Tonnen). Aufgrund der ungünstigen Witterungsbedingungen zur Aussaatzeit im Herbst ist die Anbaufläche von Winterweizen in diesem Jahr um rund 330.000 Hektar zurückgegangen, was einer der Gründe für die geringe Erntemenge ist.
Auch die erneut gesunkenen Hektarerträge spiegeln den Abwärtstrend beim Winterweizen wider. Bei der Wintergerste liegt die diesjährige Erntemenge mit 8,9 Mio. Tonnen ebenfalls unter der Vorjahresmenge von 9,5 Mio. Tonnen. Die Winterrapsernte 2024 liegt mit einem Durchschnittsertrag von 33,8 dt/ha auf einem ähnlich niedrigen Niveau wie im Vorjahr (33,5 dt/ha). Durch eine geringere Anbaufläche ist zudem die Gesamterntemenge beim Raps auf 3,7 Mio. Tonnen gesunken (2023: 3,9 Mio. Tonnen).
Regen und Frost schaden auch dem Obst
Aus Sicht des Präsidenten des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied, war die diesjährige Getreideernte erneut eine Zitterpartie, die mit großer Enttäuschung über Mengen- und Qualitätseinbrüche endete: „Eine extrem nasse Witterung von Herbst bis Frühsommer, fehlende Sonne und schließlich immer wieder Niederschläge zur Erntezeit, die die Mähdrescher häufig ausbremsten – all das hat unsere Bauern in diesem Jahr vor enorme Herausforderungen gestellt. Hinzu kommen teilweise Frostschäden zur Blütezeit bei Raps sowie im Obst- und Weinbau.
Die stark unterdurchschnittliche Getreideernte unterhalb der Markt von 40 Mio. Tonnen, zeige einmal mehr die spürbaren Auswirkungen des Klimawandels und verfehlter gesetzgeberischer Vorgaben. Um Erträge und Qualitäten auch in Zukunft zu sichern, müssten praxisferne und nicht-praktikable Vorgaben gestrichen werden. Es könne nicht sein, „dass Qualitätsweizen nachgefragt wird, wir Landwirte aber aufgrund immer neuer Vorschriften – etwa bei der Düngung – nur noch Futterweizen erzeugen können.“
Pflanzenschutz vermisst
Auch die zunehmenden Einschränkungen beim Pflanzenschutz verschärfen nach Ansicht von DBV-Präsident Rukwied den Ertrags- und Qualitätsrückgang bei Getreide und Raps. „Insbesondere der starke Infektionsdruck bei Pilzkrankheiten in dieser Saison zeigt, wie wichtig es ist, Pflanzen schützen zu können. Effektiver Pflanzenschutz ist eine zwingende Voraussetzung für sichere und gesunde Lebensmittel. Das sogenannte ‚Zukunftsprogramm‘ Pflanzenschutz bietet keine Lösungen für die Herausforderungen, vor denen wir im Ackerbau stehen. Wir brauchen dringend eine Neuausrichtung in der Pflanzenschutzpolitik“, betont Rukwied.
Die Herbstkulturen wie Zuckerrüben, Mais, Kartoffeln sowie Gemüse konnten größtenteils von den Niederschlägen profitieren. Insbesondere die Kartoffeln leiden jedoch stark unter Kraut- und Knollenfäule. Bei den Zuckerrüben treten neue Krankheiten wie Stolbur oder das Syndrome Basses Richesses (SBR) vermehrt auf. Im Obstbau sind erhebliche Schäden vor allem durch Spätfröste zu verzeichnen und auch hier sorgen Restriktionen beim Pflanzenschutz sowie der Mindestlohn für eine schwierige Gesamtsituation.
Beim Wein wird nach ersten Schätzungen über die Anbaugebiete hinweg ebenfalls eine unterdurchschnittliche Menge erwartet.Besonders kritisch sieht Rukwied die derzeitige Marktlage: „Der extreme Preisverfall insbesondere an den Getreidemärkten stellt uns Landwirte vor enorme Probleme. In Verbindung mit den hohen Betriebsmittelkosten ist ein wirtschaftlicher Getreideanbau in Deutschland bei dem aktuellen Preisniveau kaum noch möglich!“ Laut Rukwied würden die zahlreichen politischen und gesetzgeberischen Hürden, die den Betrieben in den vergangenen Jahren in den Weg gestellt wurden, die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Landwirtschaft zusätzlich einschränken. Hier brauche es dringend ein wirksames Programm zur Wiederherstellung der Wettbewerbsfähigkeit, so Rukwied.
Zu diesem Artikel liegen noch keine Kommentare vor.
Artikel kommentierenSchreiben Sie den ersten Kommentar.