Den Kreislauf schließen
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Den damaligen Nebenerwerbsbetrieb mit vier Hektar Acker und sechs Hektar Wiese siedelte Lothar Braun-Keller 1986 aus dem Ortskern von Leibertingen aus. „Eigentlich wollten wir hier im Nebenerwerb nur ein paar Schafe und Ziegen halten", erinnert sich Lothar Braun-Keller. Dann wurde nach und nach extensiv bewirtschaftetes Land hinzugepachtet, die Schafherde wurde größer, 1991 kamen Mutterkühe dazu. Von hier aus war es nur noch ein kleiner Schritt zur Biogasanlage.
Die 40-kW-Biogasanlage wurde 1995 errichtet. Eingesetzt wurde ausschließlich der Mist aus dem Tiefstreustall von den 100 Großvieheinheiten (GV). Ziemlich bald wurde die Anlage erweitert auf 75 kW, Futterreste und Altbrot ergänzten den Mist.
Anlage vergrößert, Technik laufend angepasst
Seit 1988 wirtschaftet Lothar Braun-Keller nach den Richtlinien von Bioland. Erneuerbare Energie gehört auf einen Biobetrieb, da waren sich Vater und Sohn einig. 2006 gründeten sie die Naturenergie Bäumlehof GmbH, zu der auch die Fotovoltaikanlage gehört, und die Biogasanlage wurde auf 250 kW aufgestockt. Trotz anderer Einbringtechnik – Gras und Mist wurden geschreddert – gab es laufend Probleme mit Schwimmdecken. „Das Rührwerk lief ständig", erinnert sich Braun-Keller.
Dann „entdeckten" sie das System der Sauter Biogas GmbH. Deren Anlagen funktionieren nach dem System „beregnen statt rühren". Das setzte Adrian Keller 2014 auf dem Betrieb um. Das neu gebaute, aber noch nicht in Betrieb genommene Endlager wurde zum Fermenter, der Ring-in-Ring-Fermenter ist jetzt der Nachgärer. „Dieser neue Fermenter wurde mit dem Sauter-System ausgestattet: eine umlaufende Berieselungsanlage, die die flüssige Phase unten aus dem Fermenter entnimmt und auf der Oberfläche des Gärsubstrats gleichmäßig verteilt", erklären die beiden Biogasanlagenbetreiber. Die bessere Substratbeschaffenheit macht sich finanziell deutlich bemerkbar: Statt elf Prozent werden jetzt nur noch sechs Prozent der eigen erzeugten Energie für den Prozess verbraucht.
Die für diese Biogasanlage notwendigen Substratmengen kann Braun-Keller nicht alle selber erzeugen. Etwa die Hälfte kommt aus dem eigenen Betrieb: der Mist aus der ganzjährigen Stallhaltung der Mastfärsen (100 GV) und Grassilage von 165 Hektar Wiese. Den Rest liefern 40 Partnerbetriebe, vor allem Mist und Grassilage. Im vergangenen Jahr wurde wegen der schlechten Grasernte mit Mais ergänzt. Gelegentlich kommen auch andere Substrate dazu, zum Beispiel Silphie, vergammeltes Getreide oder verunkrauteter Raps. Acht der zuliefernden Betriebe wirtschaften konventionell. Deren Anteil am Substrat beträgt fünf bis 30 Prozent, das ist im Rahmen dessen, was laut der Richtlinien von Bioland erlaubt ist.
Weite Fruchtfolge und Düngekreislauf
Auf dem Bäumlehof wird eine siebengliedrige Fruchtfolge eingehalten. Auf 75 Hektar Acker stehen Luzerne-Kleegras – Luzerne-Kleegras – Hafer – Winterweizen – je zur Hälfte Dinkel und Braugerste – Triticale – Wintergerste. Zwischenfrüchte können aufgrund der Höhenlage nur eingesät werden, wenn der Acker im Sommer früh genug geräumt wird. „Unsere Flächen haben eine ganz dünne Humusschicht, die meisten unserer Böden haben 20 bis 25 Bodenpunkte, die Spanne reicht von 19 bis 40 Bodenpunkten", erklärt Lothar Braun-Keller.
Die Gärreste versorgen Äcker und Wiesen mit den notwendigen Nährstoffen. Auf den Acker werden einmal im Jahr im zeitigen Frühjahr, meist Anfang März, etwa 20 Kubikmeter Gärrest ausgefahren, das entspricht 135 Kilo Stickstoff. Die Wiesen werden Ende März/Anfang April, nach dem ersten Schnitt, und dann noch einmal im Herbst mit Gärresten versorgt. Ausgebracht wird mit dem Schleppschlauch.
Von der Herbstdüngung möchte Braun-Keller gern wegkommen, weil bei der Herbstdüngung höhere Stickstoffverluste möglich sein können. Dazu wäre jedoch mehr Lagerkapazität nötig. „Danach werden wir einen Teil der Ackerfläche rund um die Biogasanlage einsäen und die Tiere könnten wieder auf die Weide", so ist das mittelfristige Ziel.
Betrieb der Biogasanlage gesamtwirtschaftlich betrachten
Durch die Umstellung von Mist auf Gärrest sind die Getreideerträge auf dem Bäumlehof gestiegen, obwohl weniger Leguminosen angebaut werden. Bei einer Fruchtfolge mit dreimal Leguminosen und viermal Getreide lagen die Getreideerträge bei 30 dt/ha, heute sind es im Schnitt 42 dt/ha bei zweimal Leguminosen und fünfmal Getreide, so die Erfahrung der beiden Landwirte. Durch den Kreislauf kommt viel Kohlenstoff wieder auf die Flächen zurück. „Das ist nötig, um den Humusgehalt im Boden zu steigern", betont Braun-Keller. Je höher der Ertrag der Kulturpflanzen ist, desto mehr Wurzelmasse bleibt nach der Ernte im Boden zurück. Luzerne-Kleegras ist in der Beziehung ein echter Tausendsassa. „Damit schaffen wir ober- und unterirdisch Kohlenstoff. Die oberirdische Masse führen wir ab, nach dem Fermentationsprozess in der Biogasanlage gelangt der Kohlenstoff wieder in den Boden und dient mit dem Anteil der unterirdischen Wurzelmasse zur Humusbildung", erklärt er den Kreislauf.
„Die Substrate, die wir Ökolandwirte in der Biogasanlage einsetzen können, sind 30 bis 100 Prozent teurer als in den konventionell bewirtschafteten Betrieben", weiß Braun-Keller. Würde man die Biogasanlage isoliert betrachten mit ausschließlicher Stromproduktion, wäre ihr Betrieb nicht wirtschaftlich. „Es macht also Sinn, wenn wir Substrate einsetzen, die nichts oder wenig kosten, wie Mist, Futterabfälle oder schlecht gewordene Produkte wie Pilzgetreide, und wenn wir die Abwärme durch Nahwärmenetze effizient verwerten und zukünftig unsere Biogasanlage so ertüchtigen, dass wir dann Strom produzieren, wenn andere regenerative Energien nicht liefern können. So bekommen wir auch mit biologischen Inputstoffen einen wirtschaftlichen Betrieb hin", begründet er die gesamtwirtschaftliche Betrachtung aller Betriebsteile.
Und er rechnet vor, dass das System auch ohne Tierhaltung funktioniert und der Nährstoff-Kreislauf zu 100 Prozent geschlossen ist: In zwei Jahren produziert Kleegras, bei einer Erntemenge von 30 bis 35 Tonnen Frischmasse, 600 Kilo Stickstoff, die durch Silieren konserviert werden. Dazu kommen 100 Kilo Stickstoff aus der Wurzelmasse der Luzerne. Diese bleiben im Boden und reichen für den nachfolgenden Hafer. Die anderen 400 Kilo Stickstoff reichen, sozusagen rechnerisch, für die restlichen vier Jahre Getreideanbau, und so ist der Nährstoffkreislauf geschlossen.
Wärmenutzung weiter ausbauen
So macht der Zusatznutzen für die Landwirtschaft die Kombination von Landbewirtschaftung und Biogasanlagenbetrieb wirtschaftlich: „Wir haben einen Stickstoffkreislauf mit weniger Stickstoffverlusten und wir haben weniger Treibhausgasemissionen", fasst Braun-Keller zusammen.
Zur Wirtschaftlichkeit gehört natürlich auch der Verkauf von Strom und Wärme. Der Bäumlehof liefert seinen Strom an die NetzeBW, die Vermarktung läuft über die Firma Next, die die Anlage auf dem Bäumlehof im Sekunden- und Minutentakt schalten kann. Dazu ist eine Überbauung der Biogasanlage von 60 Prozent nötig.
Die Wärme wird für das Nahwärmenetz Leibertingen verwendet. Dazu führt eine Gasleitung zum Satelliten-Blockheizkraftwerk im Ort. Wenn im Winter die Wärme vom BHKW nicht ausreicht, schaltet die Gemeinde eine Hackschnitzelheizung zu.
Im Bau ist ein Nahwärmenetz in Kreenheinstetten, ein Teilort von Leibertingen. Hier soll dann zur Abwärme des Hof-BHKW eine Hackschnitzelanlage in Eigenregie betrieben werden.










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