Impfung für die Linse
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Die Linse ist eine der ältesten Nutzpflanzen und wichtige Eiweißquelle für den Menschen. Bis in die 40er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts wurde sie in Baden-Württemberg auf bis zu 4.500 Hektar angebaut. Daraufhin ging der Anbau in ganz Deutschland stark zurück. Seit knapp zehn Jahren erlebt die Linse nun in Baden-Württemberg ein Comeback. Derzeit wird sie hier auf etwa 560 Hektar angebaut.
Die Linse ist eine Körnerleguminose, die in der Lage ist, in einer Symbiose mit spezifischen Rhizobien-Bakterien den elementaren Luftstickstoff für die Pflanze verfügbar zu machen. Das Linsensaatgut wird vor der Aussaat mit Rhizobien-Bakterien beimpft, die im Laufe der Vegetationsphase Knöllchen an dem Wurzelsystem der Linsenpflanze entwickeln. Die Pflanze wird durch diesen natürlichen Mechanismus mit Stickstoff versorgt, sie wird gestärkt und ist somit widerstandsfähiger und vitaler.
Für die Impfung der Linse mit Rhizobien gibt es - anders wie bei beispielsweise Soja - aber bislang keine ackerbaulichen Empfehlungen. Eine generelle Impfung des Linsensaatguts wird daher momentan in Deutschland nicht durchgeführt. Ein Grund dafür ist, dass es bisher keine ausführlichen wissenschaftlichen Untersuchungen zum Einsatz von Rhizobien beim Linsenanbau gibt.
Operationelle Gruppe (OPG) Rhizo-Linse
Um die Anbauflächen zu erhöhen und die Wirtschaftlichkeit der Hülsenfrucht im konventionellen und ökologischen Anbau zu steigern, startete im März 2019 im Rahmen der Europäischen Innovationspartnerschaft "Landwirtschaftliche Produktivität und Nachhaltigkeit" (EIP-AGRI) das Projekt „Rhizo-Linse“. In Kooperation mit fünf Aktionspartnern wird eine „Rhizo-Bakterien gestützte Optimierung des Linsenanbaus unter Berücksichtigung bioökonomischer Wertschöpfung“ angestrebt. Das heißt, das bioökonomische Potenzial der Mischkultur (Linse mit Stützfrucht) soll herausgearbeitet werden, um mögliche neue Wertschöpfungsketten im Sinne der Nachhaltigkeit zu entwickeln. In den teilnehmenden Betrieben wird das Linsensaatgut mit Knöllchenbakterien beimpft und es wird untersucht, inwieweit sich diese Behandlung positiv auf das Wachstum auswirkt. Leadpartner des Projekts ist die Firma nadicom mit Sitz in Uhingen.
Bedeutung für den ökologischen Landbau
Durch das biologische Impfmittel soll die Bildung der Knöllchenbakterien (Rhizobien) gesteigert werden. Sind nur wenige Knöllchenbakterien im Boden, müssen diese erst die Pflanze finden. Mit einer Beimpfung des Saatguts hat man direkt eine Akkumulation im Wurzelbereich, eine gezieltere Aufnahme und einen sehr schnellen Effekt. „Natürlich können Leguminosen auch ausgebrachten Dünger aufnehmen, aber man möchte ja die Düngergaben reduzieren, um weniger Nitratauswaschungen in den Böden zu haben“, so Thomas Hattig, Projektkoordinator von nadicom. „Zudem kann eine zusätzliche Stickstoffdüngung die Knöllchenbildung an der Wurzel hemmen.“ Nach Absterben der Pflanzen werden sie als Gründünger inklusive der Knöllchen in den Boden untergepflügt und reichern ihn so mit Stickstoff an. Für eine landwirtschaftliche Nutzung von Agrarflächen wäre dies eine wertvolle Bereicherung zwischen zwei unterschiedlichen Ernten, da andere Pflanzen dem Boden Stickstoff entziehen, der danach gedüngt werden muss.
Positive Effekte des Impfmittels auf den Linsenertrag
Langfristiges Ziel des Projektes ist es, sowohl im ökologischen als auch im konventionellen Linsenanbau die Anbauflächen zu erhöhen. Dafür werden Gewächshaus- und Freilandversuche zum Testen des Impfmittels durchgeführt. Als weiterer innovativer Ansatz wird untersucht, ob mithilfe von Pflanzenkohle als Trägerstoff das Impfmittel in den Boden appliziert werden kann. Dadurch wäre gleichzeitig eine Nährstoffversorgung möglich.
Im Jahr 2020 und 2021 werden die selektierten Rhizobien-Stämme (biologisches Impfmittel) von Landwirten aus der Stuttgarter Umgebung und der Alb-Leisa Erzeugergemeinschaft für ihren Linsenanbau eingesetzt. Dabei sollen die Rhizobien-Stämme unter realen Bedingungen von Praktikern getestet werden.
Das Projekt „Rhizo-Linse“ wird im Dezember 2021 enden. Insgesamt wird das Projekt mit einer Summe von 655.500 € vom Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) und vom Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg gefördert.








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