Geben Sie einen Suchbegriff ein
oder nutzen Sie einen Webcode aus dem Magazin.

Geben Sie einen Begriff oder Webcode ein und klicken Sie auf Suchen.
Nutzhanf anbauen

Hanf ohne Rausch

Obwohl er zur gleichen Art gehört wie der "Marihuana-Hanf", führt Nutzhanf nicht zu rauschhaften Zuständen. Seit etwa 25 Jahren erlebt die robuste Pflanze in Deutschland ein Revival – auch auf dem Hof von Gereon Güldenberg.
Veröffentlicht am
/ Artikel kommentieren
Hanf ist eine robuste Kultur, die Landwirt Gereon Güldenberg sichtlich Freude bereitet.
Hanf ist eine robuste Kultur, die Landwirt Gereon Güldenberg sichtlich Freude bereitet. Theresa Petsch
Artikel teilen:

Wieder einmal fährt die Polizei auf dem Rösslerhof von Gereon und Bianka Güldenberg vor. Passanten vermuteten beim Anblick von etwa sechs Hektar Nutzhanf einen Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz. Dabei darf dieser seit 1996 wieder angebaut werden – unter strengen Auflagen versteht sich. Auch Güldenbergs Acker in Schlier nahe Weingarten in Baden-Württemberg ist legal.

Das Hanffeld hat er bei der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) angemeldet, den Anbau dokumentiert. Der Biolandwirt verwendet zugelassene Sorten aus zertifiziertem Saatgut, deren Tetrahydrocannabinol- (THC-) Gehalt unter 0,2 Prozent liegt. Spezielles Ökosaatgut gibt es nicht, obwohl mehr als die Hälfte der Hanfanbaufläche in Deutschland biologisch bewirtschaftet wird. Sobald die Pflanzen Anfang Juli zu blühen beginnen, wird Güldenberg auch dies der BLE melden. Einer ihrer Vertreter wird daraufhin den THC-Gehalt der Pflanzen auf dem Feld bestimmen.

Dass Güldenbergs Hanf (Cannabis sativa) keinen Rauschzustand hervorrufen kann, wird also während des Anbaus regelmäßig sichergestellt. Aber das wissen weder die Passanten, die ihn bei der Polizei melden, noch jene, die sich am Feldrand regelmäßig den Rucksack mit seinem Hanf vollpacken – in der Hoffnung auf einen Joint.

Abwechslung in der Fruchtfolge

Tatsächlich baut Güldenberg die wohlriechende Pflanze aus der Familie der Hopfengewächse an, um aus den Samen Öl zu pressen. Nur Unternehmen der Landwirtschaft nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte dürfen Nutzhanf anbauen. Gärtnereien oder Weinbaubetriebe nicht. Bei einem Hektarertrag von 0,7 bis 1 Tonne Samen und einer Ausbeute von etwa 25 Prozent liefert ein Hektar Hanf circa 270 bis 200 Liter Öl.

Ein großer Vorteil der bis zu zwei Meter hohen, einjährigen Pflanze ist, dass keine ihrer Verwandten in der Fruchtfolge auftaucht. Dementsprechend gibt es keine Probleme mit Krankheiten oder Schädlingen. Das ist auch gut so, denn zurzeit sind für den ökologischen Hanfanbau keine Pflanzenschutzmittel zugelassen. Und das passt auch gut zum Betriebsmotto des Rösslerhofs: „Wir sind spezialisiert auf Vielfalt!“ Man müsse sich nicht spezialisieren, um erfolgreich zu sein, so Güldenberg. „Das wollen wir ausstrahlen.“

Oft würde sich in der Landwirtschaft nur auf eine Kultur oder eine Tierart fokussiert, was eine Reihe an Problemen mit sich bringe. „Da wollen wir gegensteuern“, erklärt der Biolandwirt. Der Anbau von Hanf zur Ölgewinnung käme da sehr gelegen und bringe außerdem auch wirtschaftliche Vorteile. Denn eine weite Fruchtfolge mit verschiedenen Kulturen schalte viele Probleme aus, die man mit einer engen Fruchtfolge normalerweise hat. Die unscheinbaren Hanfblüten ziehen zudem viele Insekten an. Sie haben zwar nicht viel Nektar, fördern aber die Gesundheit des Bienenvolks, was sie für Imker interessant macht.

Egal welcher Boden ihm beschert ist – Hanf gedeiht. Hauptsache, das Saatbett ist feinkrümelig und der Untergrund weder verdichtet noch staunass. Wärmere und niederschlagsreiche Standorte mit nicht zu sauren, nährstoffreichen Böden schätzt die Pflanze. Bei Güldenberg steht Hanf weit hinten in der Fruchtfolge nach drei Jahren Kleegras, Körnermais und Winterweizen.  „Eigentlich muss man nur darauf achten, dass der Hanf genug Stickstoff bekommt“, meint der Landwirt.

„Die Pflanze hinterlässt einen unheimlich garen Boden“, schwärmt er weiter. Die Pflanzendecke wird sehr dicht, was den Boden beschattet. Außerdem zeichnet sich Hanf durch ein großes Wurzelwerk aus. Unkraut hat gegen ihn kaum eine Chance. Man könne Hanf zwar nicht striegeln, aber das brauche man auch nicht, so Güldenberg.

Hanf zeichnet sich durch eine rasche Jugendentwicklung aus. Unkraut lässt er kaum eine Chance. © privat

Anfang Mai kommt die Saat in den mit Mist oder Gülle gedüngten Boden: 30 bis 50 Kilogramm pro Hektar bei einem Reihenabstand von 17 Zentimetern. Wichtig ist der richtige Zeitpunkt: „Wenn man zu früh sät, ist die Kälte eine Gefahr. Sät man zu spät, hat man Ertragseinbußen“, sagt Güldenberg. Wenn die Pflanze Frost bekommt, wird sie sofort gelb.

„Die Hanffaser ist abartig zäh!“ Gereon Güldenberg

Ist alles gutgegangen, muss man meist nur noch warten. Zwischen Anfang und Mitte September reifen an den weiblichen Pflanzen die braunen, platt-runden Samen. Sobald sie beim Schütteln aus den verzweigten Trugdolden fallen, ist es so weit (Klopftest). Dann fährt auf dem Rösslerhof der Spezialdrescher eines Lohnunternehmers vor, der in ganz Europa Hanf drischt. „Die Hanffaser ist abartig zäh“, verkündet Güldenberg. Ein Standardgerät würde das faserige Stroh sofort zusetzen.

Die reifen Samen müssen getrocknet und gereinigt werden, bevor man sie presst. © privat

Früher war das Stroh unter anderem für die Textilherstellung und für Seile begehrt. Aktuell wächst der Bedarf für Hanfdämmstoffe. Im Moment gibt es dafür leider keinen Markt in Süddeutschland. „Die Frage ist jedes Mal, wie ich das Stroh vom Acker bekomme. Ich kann es unheimlich schlecht einarbeiten und pflügen geht auch nicht, weil das alles mitzieht. Mit der Scheibenegge einarbeiten geht ganz gut, Häckseln aber nicht“, klagt Güldenberg. Also fährt er es ab zum Kompostieren.

Hanföl liegt im Trend

Eigentlich liegt der Schwerpunkt des Rösslerhofs auf der Milchviehhaltung. Ölfrüchte machen nur 20 Prozent des Umsatzes aus. Neben Hanföl produziert Güldenberg auch Sonnenblumen- und Leinöl. Auf den Äckern des Rösslerhofs stand 2020 hauptsächlich die Hanfsorte ‘USO 31’. Bei den ebenfalls zugelassenen Sorten ‘Fedora’ und ‘Finola’ überzeugt die Güldenbergs der Geschmack des Öls nicht. Außerdem schlägt bei ‘Fedora’ ab und zu der THC-Gehalt aus.

Vor der Lieferung an die Ölmühle muss der Hanfsamen getrocknet und gereinigt werden. Die ausgepressten Samen verfüttert Güldenberg an seine Kühe. Seitdem Nutzhanf wieder angebaut werden darf, steigt die Zahl der Produzenten. Der Markt für deutsches Hanföl sei daher inzwischen gesättigt, so Güldenberg. „Die Leute bauen irgendwie echt gerne Hanf an“, überlegt er. Kein Wunder, ist die alte Nutzpflanze doch robust und unkompliziert im Anbau bei hohen Deckungsbeiträgen.

Mit minimalem Aufwand

Gemeinsam mit Bioland- Landwirt Bertholt Weber betreibt Güldenberg die Rösslerhof Bioland-Produkte GbR. Die Aufgaben haben sie gleichmäßig unter sich aufgeteilt: Während Weber Anbau und Einkauf organisiert, kümmert sich Güldenberg um die Vermarktung. Einen Teil der Hanfsamen für die Ölproduktion erwirbt die GbR von sieben Bioland- und Demeterbetrieben aus der Region, mit denen sie in einem lockeren Erzeugerzusammenschluss organisiert ist.

So hält sich der Aufwand für die Organisation in Grenzen. „Wir zahlen gute Preise. Wir wollen damit den Anbau für die regionalen Landwirte attraktiv machen und eine erfolgreiche eigene Marke haben“, erklärt Güldenberg. Zwar müsse die Zusammenarbeit mit den anderen Betrieben organisiert werden, „ansonsten fluppt das aber eigentlich von allein“, berichtet der Landwirt. Zum Glück – denn er verbringt so wenig Zeit wie möglich im Büro.

Marketing mit Social Media

Anfangs ließ der Landwirt das Hanföl bei einem Kollegen in Riedlingen pressen. Inzwischen auch bei Vom Fass und der Allgäuer Ölmühle. Das Öl verkauft er an den Großhandel. Bei Vom Fass, Edeka Südwest, regionalen Bioläden sowie einem regionalen Frischedienst, der die Gastronomie beliefert, ist das Hanföl gelistet. In der Umgebung des Hofs gibt es inzwischen auch viele Unverpackt-Läden, die es verkaufen. Natürlich können Kunden das Speiseöl auch im Hofladen erwerben. Den will Güldenberg in naher Zukunft ausbauen. Auch ein Café soll es geben. An Besuchern wird es sicherlich nicht mangeln. Der Bodenseehinterland-Tourismus brummt. Und die groß gedruckte historische Postkarte im Hofbüro beweist, dass der Rösslerhof bereits in der Vergangenheit ein beliebtes Ausflugsziel war.

Knarzend ruckelt Güldenberg mit dem Stuhl über den Dielenboden zum Bildschirm, um seine Etiketten und den Webauftritt zu präsentieren. „Der Relaunch des Markenauftritts in 2018 über die gesamte Produktpalette hat sich gelohnt“, findet er. Etwa 6000 Euro hat ihn die Arbeit der Werbeagentur gekostet. Die berät ihn auch zu den sozialen Medien.

Seit etwa einem Jahr betreibt der Landwirt selbst einen Facebook- und Insta­gram-Account. Über 420 Follower hat der Rösslerhof bereits. „Das bringt einfach Bekanntheitsgrad. Ich nenne das immer Guerilla-Marketing“, sagt Güldenberg. „Dadurch haben wir eine Marke geschaffen, die zum Selbstläufer geworden ist.“

Hier haben wir weiterführende Informationen zum Nutzhanf für Sie zusammengestellt!

Downloads:
0 Kommentare
Was denken Sie? Artikel kommentieren

Zu diesem Artikel liegen noch keine Kommentare vor.
Schreiben Sie den ersten Kommentar.

Artikel kommentieren
Was denken Sie? Artikel kommentieren
Ort ändern

Geben Sie die Postleitzahl Ihres Orts ein.