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Klimaschutz als Betriebszweig

Bewirtschaftung von Moorböden

Nasse Moore sind ein wichtiger Beitrag für den Klimaschutz. Doch wie kann auf vernässten Moorböden eine klimaschutzgerechtere, torferhaltende und wirtschaftlich tragfähige Landwirtschaft etabliert werden?
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Georg Wiedenmann, Tina Niess und Winfried Bayer haben ihre Flächen zusammengelegt und die Biomoos GbR gegründet. Gemeinsam betreiben sie Mutterkuhhaltung im Gundelfinger Moos.
Georg Wiedenmann, Tina Niess und Winfried Bayer haben ihre Flächen zusammengelegt und die Biomoos GbR gegründet. Gemeinsam betreiben sie Mutterkuhhaltung im Gundelfinger Moos.Peter Roggenthin/DVL
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Das Schwäbische Donaumoos ist eines der größten zusammenhängenden Feuchtgebiete Süddeutschlands. In der Vergangenheit wurden große Teile davon trockengelegt und verursachen seither durch die natürliche Torfzersetzung hohe Treibhausgasemissionen. Heute wird das Moor nach wie vor landwirtschaftlich genutzt, Teile stehen aber auch unter Schutz.

Um die Zersetzung und damit die Emission von Treibhausgasen zu stoppen, hat die Arbeitsgemeinschaft Schwäbisches Donaumoos (Arge Donaumoos) es sich zur Aufgabe gemacht, die ursprüngliche Funktion des Moorkörpers wiederherzustellen. Dafür wird der Wasserstand angehoben. Die wiedervernässten Flächen sollen nicht aus der Nutzung genommen, sondern weiter landwirtschaftlich genutzt werden. Dafür braucht es Landwirt:innen, die sich dieser Herausforderung annehmen und darauf angepasste Betriebszweige entwickeln. Die Arbeitsgemeinschaft Donaumoos sah darin die Ansätze für ein neues Berufsbild: Moor-Klimawirt:in.

Mutterkuhhaltung im Moor

15 Landwirt:innen beteiligen sich am Erhalt der artenreichen Wiesen im Donaumoos, indem sie Landschaftspflegearbeiten ausführen oder Vertragsnaturschutzprogramme abschließen. Georg Wiedenmann, Tina Niess und Winfried Bayer aus dem Gundelfinger Moos, einem Teil des Schwäbischen Donaumooses, gingen 2018 noch einen Schritt weiter: Sie legten ihre Flächen zusammen und gründeten die Biomoos GbR mit dem Ziel, gemeinsam Mutterkuhhaltung im Moor zu betreiben und Weiderindfleisch zu vermarkten. Alle drei sind im Moos aufgewachsen, haben mit ihren Familien einen eigenen landwirtschaftlichen Betrieb. Georg Wiedenmann und Winfried Bayer in Bayern, Tina Niess in Baden-Württemberg. Die drei vereint das Herzblut für ihre Landschaft.

Seit 30 Jahren und über Generationen entbuschen die Familien im Auftrag der Arge Donaumoos das Feuchtgebiet für den Wiesenbrüterschutz. Als ein Landwirt aus der Region seine Schottische Hochland-Rinderherde aufgeben musste, klopfte die Arbeitsgemeinschaft bei den Dreien mit der Idee an, die Rinder zu übernehmen. Daraus entstand der gemeinsame Betrieb für Landschaftspflege und Moorschutz.

Eine der großen Herausforderung für die Wasserstandsanhebung in Mooren liegt darin, dass davon viele Flächeneigentümer:innen betroffen sind, deren Zustimmung gebraucht wird. Derzeit läuft ein Wasserrechtsverfahren zur Wiedervernässung des Gundelfinger Mooses mit dem Freistaat Bayern. Seit zehn Jahren führt die Arge Donaumoos im Auftrag der Regierung als Vermittlerin unzählige Gespräche mit den Flächeneigentümer:innen und Bewirtschafter:innen. Sie kümmert sich darum, dass alle informiert und angehört werden, organisiert Flächentausch, kauft Flächen für den Naturschutz und wirbt mit Förderprogrammen für eine naturverträglichere Bewirtschaftung.

Reicht die Honorierung aus?

Die Arbeitsgemeinschaft hat die Pacht vieler Naturschutzflächen an die Biomoos GbR vermittelt. Und die Biomoos GbR hat darauf Fördermaßnahmen des bayerischen Vertragsnaturschutzprogramms abgeschlossen, um den zusätzlichen Aufwand und den entgangenen Ertrag für das Einhalten von festen Schnittzeitpunkten, Messerbalkenmahd und Beweidung zu kompensieren. Aber reicht das aus? „Wir haben sehr nasse Wiesen und Weideflächen, was einen größeren Arbeits- und Technikaufwand bedeutet. Alles ist schwieriger, das Ausmähen, die Zaunkontrolle. Dafür sind die Prämien, vor allem die Beweidungsprämie, zu niedrig. Und der aktive Klimaschutz muss honoriert werden“, antwortet Georg Wiedenmann. „Wir machen das ja nicht als Hobby“, stellt er klar.

Inzwischen haben sie 32 Hektar Weidefläche und die gleiche Fläche für das Winterfutter. Wenn die Wiedervernässung startet, soll eine Wasserbüffelherde dazukommen. Die Vermarktung läuft viel besser als gedacht. Das Fleisch der Rinder war in kurzer Zeit ausverkauft und die Rückmeldungen sehr motivierend für die Biomoosler. „Wer schon mal eine Steak von einem Weidetier gegessen hat, will nichts anderes mehr“, so Georg Wiedenmann.

Leitbild Moor-Klimawirt:in

Der Deutsche Verband für Landschaftspflege (DVL) und das Greifswald Moor Centrum beschäftigten sich drei Jahre lang in Zusammenarbeit mit Landwirt:innen, regionalen Verbänden und weiteren Schlüsselpersonen mit praxistauglichen Lösungen für Landwirt:innen mit Moorbewirtschaftung. Dazu gehörten die technischen Herausforderungen der Moornutzung, der Anbau von Paludikulturen und Verwertungsmöglichkeiten, sowie die Finanzierung und Ausgestaltung der Konditionalitäten im Rahmen der neuen Gemeinsamen EU-Agrarpolitik. Gemeinsam haben sie das Leitbild „Moor-Klimawirt“ entwickelt.

Sechs Pioniere, darunter die Biomoos GbR, haben bereits mit Umstellungen ihres Betriebs begonnen, bewirtschaften Flächen mit hohem Wasserstand, haben in moorspezifische Technik investiert und versuchen ihren Betrieb an vorhandenen und neuen Einkommens- und Finanzierungsquellen auszurichten. Dazu gehören Bewirtschaftungsverträge, Agrarumweltmaßnahmen und Landesförderprogramme. Bei den einen steht die Weidetierhaltung im Fokus, andere suchen nach einer marktfähigen Verwertung der Biomasse, zum Beispiel mit Partnern aus Industrie und Wirtschaft oder gemeinsam mit anderen Landwirten.

Der DVL hat die sechs Pioniere in einer Broschüre vorgestellt, die kostenlos im Netz verfügbar ist. Zusammenarbeit im Moor - So kommt der Klimaschutz voran!

Zu diesen Pionieren gehören auch Sebastian und Juliane Petri aus dem Rhinluch, einer Niedermoorlandschaft in Brandenburg. Nach der Ausbildung und Arbeit in Süddeutschland und Berlin kehrten sie in ihre Heimat zurück und pachteten 86 Hektar Moorwiesen mit der Vision, die Nutzung an den Standort anzupassen. Die Petris beschäftigten sich intensiv mit der Moorbewirtschaftung, starteten die Haltung von Wasserbüffeln und Heuproduktion. Sie investierten dafür mit einer Förderung des Landes in eine eigens umgebaute Moorraupe, mit der die Böden wesentlich schonender befahren und beerntet werden können. Petris Heu hat einen hohen Anteil von Rohrglanzgras, einer typischen Pflanze für nasse Böden, die optimal für Freizeitpferde geeignet ist. Über ihren Onlineshop verkaufen sie 2.500 Rundballen pro Jahr bis nach Berlin.

Ohne gezielte Förderung bleibt ein hohes Risiko

Gerne würden sie mehr für den Klimaschutz und Bodenerhalt tun und weitere Flächen vernässen, aber dafür müssen alle Flächeneigentümer:innen zustimmen. Die damit einhergehende Veränderung der Bewirtschaftung und Betriebsumstellung, für die teilweise hohe Investitionen für Anbau, Ernte und Verarbeitung erforderlich sind, kann kurzfristig nicht mehr zurückgenommen werden. Zudem verlieren die Flächen an Wert, weil die Klimaleistung noch nicht honoriert wird. Ohne gezielte Förderung und Absatz gehören ökonomische Risiken und Verluste zu den Pionierleistungen der ersten Moor-Klimawirt:innen.

Schwierigkeiten bereitet ihnen zudem noch die natürliche Schwankung der Wasserstände und damit das Risiko des Ernteausfalls. Gerne würden sie auch in die Produktion von Biomasse aus Anbau-Paludikultur einsteigen, aber dafür fehlen gegenwärtig noch die Verwertungsmöglichkeiten. Die industrielle Weiterverarbeitung muss erst aufgebaut werden. Sebastian Petri sieht die Industrie hier als entscheidenden Partner, zum Beispiel für die Herstellung von Kunststoffen, Dämmplatten oder Pappe, für die die Landwirt:innen die Biomasse liefern könnten. Das treibt ihn um. „Wir haben einen kostenlos nachwachsenden Rohstoff, können das Moor erhalten, Klimaschutz betreiben, haben aber keine Möglichkeit der Vermarktung. Jetzt brauchen wir Partner aus der Wirtschaft für die Verwertung!“

Klimaschutzleistungen im Moor
Eine Klimaschutzleistung ist die Vermeidung von Treibhausgasemissionen, welche auf entwässerten Moorböden durch eine Anhebung des Wasserstands erreicht wird. Bei Wasserständen von etwa 10 bis 30 cm unter Flur im Sommer und 0 im Winter beziehungsweise dauerhaft hohen, moortypischen Wasserständen stellen sich die angestrebten schwach torfzehrenden beziehungsweise torferhaltenden Verhältnisse ein. Beispiele für die Bewirtschaftung nasser Moorböden sind – Nasswiesen- und Nassweidenbewirtschaftung – Anbau von Paludi-Dauerkulturen (Schilf, Rohrkolben, Torfmoose).

Forderungen des Deutschen Verbandes für Landschaftspflege (DVL)

Damit Deutschland seine Klimaziele erreicht und die Wasserstandsanhebung in Mooren eine größere Akzeptanz erhält und eine langfristige betriebliche Perspektive bietet, müssen noch einige politische Rahmenbedingungen angepasst werden. Der Deutsche Verband für Landschaftspflege fordert daher, dass

  • Entschädigungen und Förderprogramme die langen Vorlaufzeiten und Pionierleistungen berücksichtigen,
  • die stoffliche Nutzung von Paludikulturen und Beweidung, mit diesbezüglicher Anpassungen der GAP-Direktzahlungsverordnung, sowie die Produktentwicklung und der Ausbau der industriellen Weiterverarbeitung gefördert werden,
  • überbetrieblichen Moorgemeinschaften mit einer Organisation, die die Zusammenarbeit von Landwirt:innen und Flächeneigentümer:innen initiiert und betreut, mit öffentlichen Mitteln finanziert werden.

Laut DVL sollte Klimaschutz ein Grundpfeiler der landwirtschaftlichen Ausbildung sein und die nasse Moorbewirtschaftung in andere Betriebszweige wie die Milch-, Getreide- oder Biogasproduktion einfließen. In der Ausbildung sollte es in den betroffenen Regionen eine Spezialisierung für Moor-Klimawirt:innen geben, und für bereits praktizierende Moor-Klimawirt:innen ein Angebot fachlicher Fortbildungen.

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