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Nährstoffmanagement im Ökolandbau

Mikrobielle Carbonisierung

Eigentlich würden Sie gern eigenen Kompost aus Ihrem Wirtschaftsdünger herstellen, scheuen aber den Aufwand? Wer keine Zeit hat, ständig die Miete umzusetzen und Kosten sparen möchte, sollte über die Mikrobielle Carbonisierung nachdenken.

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„Die anaerobe Behandlung von Wirtschaftsdünger hat   zu Unrecht einen schlechten Ruf!”, findet Landwirt Kreppold. Er schwört auf die   Mikrobielle Carbonisierung.
„Die anaerobe Behandlung von Wirtschaftsdünger hat zu Unrecht einen schlechten Ruf!”, findet Landwirt Kreppold. Er schwört auf die Mikrobielle Carbonisierung.Kreppold
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Schon seit 40 Jahren wird auf dem Biolandhof Kreppold im bayerischen Aichach ökologisch gewirtschaftet. Der Schwerpunkt liegt auf 100 Hektar Ackerbau. Hinzu kommen einige Mutterkühe und Mastrinder. Wegen dem geringen Viehbesatz von 0,4 Großvieheinheiten (GV) pro Hektar ist betriebseigener Wirtschaftsdünger knapp. Betriebsleiter Johannes Kreppold legt daher besonders viel Wert darauf, dass dieser optimal aufbereitet wird.
Deshalb verarbeitet er ihn mit dem Verfahren der Mikrobiellen Carbonisierung (MC), einem anoxischen Wirtschaftsdüngermanagement, das Humusmanagement-Berater Walter Witte entwickelt hat. Auf einer Bioland-Wintertagung berichtete der Landwirt über seine Erfahrungen mit dem alternativen Verfahren der Wirtschaftsdüngeraufbereitung. Er ist überzeugt, dass die Mikrobielle Carbonisierung die beste Möglichkeit ist, die wertvollen Huminsäuren zu erzeugen und in den Boden zu bringen. „Humifizierung geht nämlich vorwiegend anaerob. Die anaerobe Behandlung von Wirtschaftsdünger hat zu Unrecht einen schlechten Ruf!“, betont der Landwirt.

Betrieb Kreppold
  • Aichach (Bayern)
  • 100 ha Ackerland, 20ha Wiesen
  • Kulturen unter anderem (mittlere Erträge in dt/ha): Kleegras, Weizen (60), Körnermais (90), Soja (30), Dinkel (45), Hafer, Roggen (45); Keine starre Fruchtfolge
  • Mutterkühe und Rindermast (zusammen 0,4 GV/ha)
  • Zertifizierung: Bioland

Mehr Kohlenstoff im Boden, weniger in der Atmosphäre

Humus ist wichtig. Nicht nur für den einzelnen Betrieb als Bodenverbesserer, sondern auch für die Gesellschaft als Kohlenstoffsenke, so Kreppold. Und der Kohlenstoffgehalt einer MC-Miete übersteigt den eines konventionellen Komposts deutlich. Er enthalte reichlich Huminstoffe, die der Landwirt wegen ihrer hohen Wasserspeicher- und Kationenaustauschkapazität (Nährstoffspeicher) schätzt.

Beim aeroben (sauerstoffhaltigen) Kompostieren wird das C/N-Verhältnis mit der Zeit enger. Regelmäßiges Wenden sorgt für gute Sauerstoffversorgung in der gesamten Miete, was den bakteriellen Stoffwechsel anregt und die Mineralisierung fördert. Bei diesem Prozess wird Kohlenstoff als CO2 frei und dampft in die Atmosphäre ab. Auch bei diesem Kompostierungsverfahren entstehen Huminstoffe, jedoch deutlich weniger als beim MC-Verfahren, wie Claus-Robert Wonschik in verschiedenen Versuchsreihen für seine Dissertation 2017 an der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg herausfand. Andere Studien kamen jedoch zu dem Schluss, dass bei klassischen Kompostieren mehr Huminstoffe gebildet werden.

Reifes MC-Substrat enthält Wonschiks Untersuchungen zufolge mehr Kohlenstoff als ein konventioneller Kompost. Denn während der Umsetzung wird deutlich weniger Kohlenstoff emittiert als bei offenen Komposten, was überwiegend auf den geringeren Mineralisierungsgrad des Substrats zurückgeführt werden kann. Außerdem kann MC-Substrat mehr Wasser speichern, was vor allem in trockenen Regionen hilfreich sein kann. Daher tritt auch während des Reifeprozesses weniger Sickerwasser aus.

Beim anoxischen Verfahren steht den Mikroorganismen nur der zu Beginn in der Miete enthaltene Sauerstoff zu Verfügung. Während der Umsetzung verengt sich das C/N-Verhältnis nur gering. „MC-Mieten sind wie ein Kuchenteig: Man bringt einmal alles rein und rührt dann nicht mehr drin rum“, erklärt Landwirt Kreppold. Unter der Oberfläche der Miete entsteht ein anaerobes Milieu, das die Mineralisierung aufhält. Das verringere auch die Geruchsbelastung. Anders als die konventionelle Kompostierung zielt die Mikrobielle Carbonisierung nicht auf Mineralisierung und reduziertes Volumen des Ausgangsmaterials ab, sondern auf den Aufbau von organischer Substanz und Huminstoffen.

Überblick Mikrobielle Carbonisierung (MC)
  • Ohne Sauerstoff entsteht aus lignin- und eiweißhaltigem Ausgangsmaterial ein Substrat mit hohem Anteil komplexer Huminstoffe
  • Die Mineralisierung wird stark reduziert, wodurch kaum Gase bei der Zersetzung organischen Materials entstehen. Der Kohlenstoff bleibt weitestgehend im Substrat.
  • Hohe Anteile an Huminstoffen und wasserlöslichem Stickstoff können das Ertragspotential steigern.
  • Das Verfahren wurden bislang nur wenig wissenschaftlich erforscht.

Einer Studie aus dem Jahr 2005 zufolge (Linzner et al.) wirken sich wechselnde Milieubedingungen hinsichtlich Temperatur, Wassergehalt, Sauerstoffversorgung und Abbauzustand günstig auf die Bildung von Huminstoffen aus. Während diese wechselnden Bedingungen bei der konventionellen Kompostierung sehr bewusst eingestellt werden müssten, ergäben sie sich bei der Mikrobiellen Carbonisierung meist automatisch.

Das spricht noch für das MC-Verfahren

Laut Wonschiks Studie bringt das MC-Verfahren gegenüber konventioneller Kompostierung noch weitere Vorteile. Unter anderem punktet es aus ökonomischer Sicht mit einem geringeren Kostenaufwand als die offene Kompostierung. Außerdem bedarf es weniger Zeit-, Flächen- und technischen Aufwand, da die MC-Miete weniger bewegt wird als die konventionelle. Allein der Verzicht auf regelmäßiges Umsetzen spart etwa ein Drittel an asphaltierter Fläche.

Eine MC-Miete entwickelt weniger Hitze als ein Kompost. Die Temperaturen liegen bei etwa 55°C. Dennoch ist der Unkrautbesatz nicht höher. Auch die Schwermetallgrenzwerte werden in aller Regel eingehalten. Um trotz geringer Temperaturen eine ausreichende Seuchen- und Phytohygiene zu gewährleisten, wird empfohlen, die MC-Substrate mindestens acht, besser zwölf Wochen zu behandeln.

Die Anteile aller anderen Nährstoffe unterschieden sich Wonschik zufolge nicht von konventionellen Komposten. Allerdings enthielten die untersuchten MC-Substrate höhere Anteile wasserlöslichen Stickstoffs in Form von Ammonium und Nitrat. Bei richtiger Anwendung könnte das MC-Substrat daher auch zu höheren Erträgen beitragen. Achtung: Bei unsachgemäßer Düngung können diese Stickstoffformen auch rasch ausgewaschen werden und Gewässer belasten.

Das richtige Ausgangsmaterial

Um MC-Substrat herzustellen, braucht es zunächst das richtige Ausgangsmaterial: 60 bis 70 Prozent der Masse sollte aus ligninhaltigen Stoffen wie Stroh, Dinkelspelzen oder Grünguthäckseln bestehen. Eiweißhaltige, strukturschwache und leicht abbaubare Substrate wie Grünschnitt, Kleegras, Silage und tierische Ausscheidungen stellen die übrigen 30 bis 40 Prozent. Entscheidend ist das Verhältnis von Kohlenstoff zu Stickstoff. Soll das reife MC-Substrat später zu stickstoffliebenden Kulturen gegeben werden, empfiehlt sich ein geringerer Anteil ligninhaltiger Stoffen, zur Düngung von Leguminosen ein höherer.

Das Material sollte möglichst frisch sein. Nach Kreppolds Erfahrung verläuft der Prozess der Mikrobiellen Carbonisierung am besten bei einem initialen Feuchtigkeitsgehalt von 50 bis 60 Prozent. „Die Hände sollten leicht feucht sein, wenn ich auf das Material drücke“, berichtet der Landwirt aus seiner Erfahrung. Auch während des Reifeprozesses sollte der Wassergehalt nicht wesentlich unter diesen Bereich sinken.

Jetzt geht’s los:

Zunächst werden die Ausgangsmaterialien vorbereitet. Bei Kreppold ist dies hauptsächlich der (Tiefstreu-)Mist seiner Rinder und zusätzlich etwas gehäckseltes Grünschnittmaterial. Diese Materialien mischt der Landwirt mit einem Radlader vor und lässt sie einen Tag liegen zum Durchziehen. Wenn das Material zu feucht ist, mischt Kreppol Dinkelspelzen hinzu.

Über einen Miststreuer streut er das gesetzte Substrat dann zwischen anderthalb und zweieinhalb Meter hoch auf eine Miete. Die Oberfläche wird anschließend mit dem Frontlader angedrückt und nicht abgedeckt, um den Gasaustausch mit der Umgebung zu ermöglichen. Zudem benötigen die Bakterien auf der Oberfläche der Miete das Sonnenlicht. Wonschik zufolge sorgt eine Abdeckung auch für größere Wasserverluste in den Randbereichen der Miete. „Vor Starkregenereignissen kann man das natürlich trotzdem kurzzeitig abdecken“, empfiehlt Kreppold. In niederschlagsreichen Regionen schütze ein Dach über der Miete vor zu viel Feuchtigkeit.

Mitunter wird empfohlen, das fertige MC-Substrat mit Mikroorganismen zu beimpfen, bevor es ausgebracht wird. Denn die Sauerstoffzufuhr stört die anaeroben Organismen. Kreppold findet, dass es auch ohne geht. Wer mag, kann auch Gesteinsmehl zugeben. Wonschik empfiehlt, ein bis zwei Prozent Gesteinsmehl aus Litharenit bezogen auf die Frischmasse des Ausgangssubstrats einzumischen, da dieses sowohl als Ionentauscher als auch Kohlenstoffbinder fungiert. Es bringt zugleich wertvolle Spurenelemente in das Substrat ein. Darauf zählt auch Landwirt Kreppold – zumal sich das reine Mehl sonst schlecht ausbringen ließe.

Die Miete bleibt dann für acht bis zwölf Wochen liegen. In der Zwischenzeit ist nicht viel zu tun, außer gelegentlich die Temperatur zu überprüfen: Sie sollte bei maximal 60 bis 70°C liegen. Gegen Ende des Prozesses sinkt die Temperatur wieder auf etwa 40°C. Das fertige MC-Substrat kann dann auf dem Acker ausgebracht werden. Etwa 20 Tonnen pro Hektar werden empfohlen. Kreppold setzt dagegen mit 30 Tonnen pro Hektar auf etwas mehr, düngt aber jährlich nur einen Teil seiner Felder – für mehr reicht der Rindermist nicht.

Das spricht nach Kreppolds Erfahrungen für die Mikrobielle Carbonisierung:
  • mehr Kohlenstoff im Substrat, weniger in der Luft
  • keine extra Technik nötig
  • geringerer Energieeinsatz
  • weniger Arbeitsaufwand
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