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Vor- und Nachteile

Biogasanlagen im Ökolandbau

Mit der Zielsetzung der Bundesregierung, bis 2030 den Anteil von ökologisch bewirtschafteten Flächen auf 30 Prozent zu steigern, sollte auch eine höhere Leistungsfähigkeit der ökologischen Agrarsysteme verbunden sein. Können Biogasanlagen dabei zielführend eingesetzt werden? Hier lesen Sie, welche Vorteile und Herausforderungen das birgt.

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Rueß
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Ökolandwirt:innen galten zwischen 1984 und 1995 als Pioniere der Biogasentwicklung in Deutschland. Ihre Ziele: die Nährstoffkreisläufe im Betrieb und die Düngeverwertung zu verbessern und eine energetische Unabhängigkeit zu erreichen. Heute sind Öko-Biogasanlagenbetreiber:innen in der Minderheit. Es gibt nur circa 160 bis 200 Biogasanlagen, die unter den Rahmenbedingungen des Ökolandbaus betrieben werden. Das sind 1,4 bis zwei Prozent aller Biogasanlagen in Deutschland.

Experten wie Dr. Falko Stockmann von C.A.R.M.E.N. e.V. sind davon überzeugt, dass Biogasanlagen im Ökobetrieb auch heute noch viele Vorteile bringen. „Im Moment gibt es ein realistisch mobilisierbares Potenzial von 150 MWel installierte Leistung“, fasst er das Potenzial von Bio-Biogasanlagen in Deutschland zusammen. Die momentane Leistung betrage 31 MWel. „Das heißt circa 80 Prozent an Potenzial sind noch zu erschließen“, sagt Stockmann. Gründe, das zu tun, sieht der Experte viele.

Was spricht für eine Biogasanlage im Ökobetrieb?

Durch die Spezialisierung, die auch im Ökolandbau zunimmt, sind reine Marktfruchtbetriebe ohne Tierhaltung zur Nährstoffversorgung meist auf den Anbau von Kleegras angewiesen. Wird der Aufwuchs nur gemulcht und verbleibt auf dem Feld, kommt es zu negativen Auswirkungen wie Lachgasemissionen und verzögertem Wiederaufwuchs. Außerdem reduziert sich die Fixierleistung der Knöllchenbakterien, da diese ein stickstoffarmes Milieu zum Wachstum bevorzugen.

Durch die Integration einer Biogasanlage kann der Kleegrasaufwuchs abgefahren und verwertet werden. Die Vorteile: weniger Emissionen, besserer Wiederaufwuchs des Kleegrases und bessere Fixierleistung. Zusätzlich wird hochwertiger organischer Dünger produziert. Anstatt über das Mulchen Kleegras mit Kleegras zu düngen, kann der Gärrest als Dünger auf Kulturen ausgebracht werden, die einen hohen Nährstoffentzug haben, zum Beispiel Mais im Wachstum. Gärsubstrat lässt sich zum Zeitpunkt des höchsten Nährstoffbedarfs gezielt in der gewünschten Kultur ausbringen

.Anders als bei konventionellen Biogasanlagen, werden in Biobetrieben die Substrate für die Biogasanlage normalerweise nicht gezielt angebaut. Dieses so geschlossene System entspricht zum einen dem Kreislaufgedanken des Ökolandbaus und mindert die Emissionen. Zum anderen produziert der oder die Landwirt:in aus dem Biogas Strom und Wärme und generiert so zusätzliche Einnahmen. Auch das Düngemanagement lässt sich damit flexibler gestalten.

Aber auch tierhaltende Betriebe profitieren von einer Biogasanlage. Werden Wirtschaftsdünger wie Gülle oder Mist offen gelagert, entstehen Emissionen wie Lachgas und Methan. Durch den Einsatz der Substrate in einer Biogasanlage wird das System geschlossen, was Emissionen, aber auch Stickstoffverluste vermindert. Die Rückführung des Gärproduktes auf das Feld kann aufgrund der Ligninanteile den Dauerhumus fördern. Auch werden Geruchsemissionen durch Gülle und Mist reduziert. Aber Achtung: Das höhere N-Angebot und die teilweise schnellere Pflanzenverfügbarkeit des Gärproduktes kann zu mehr Krankheiten im Bestand führen.

Das sagt die Forschung

Die von Stockmann beschriebenen positiven Effekte sind wissenschaftlich belegt. Hier ist die Arbeitsgruppe um Prof. Dr. Kurt-Jürgen Hülsbergen, Lehrstuhlinhaber der Professur „Ökologischer Landbau und Pflanzenbausysteme“ der technischen Universität München, führend. Laut deren Forschungen hat die Ausnutzung der Biogasgärprodukte (Biogasgülle) einen sehr positiven Einfluss auf den Boden-Kohlenstoffanteil. Die leicht vergärbaren Gärprodukte werden weitestgehend verstoffwechselt, der schwer vergärbare hohe Ligninanteil verbessert die Humusproduktion. Biogasgärpodukte steigern nachweislich den Kornertrag von Winterweizen: Es konnte ein signifikanter Anstieg gegenüber einem reinen kleegrasbasierten Marktfruchtbetrieb ohne Gärprodukt oder Gülle als Dünger festgestellt werden mit einem 38-prozentigen höheren Kornertrag. Auch der Rohproteinanteil stieg von zehn Prozent auf 11,4 Prozent. Darüber hinaus wurden die Aggregatstabilität und Bodenstruktur sowie die Regenwurmanzahl und -biomasse positiv beeinflusst.

Welche Herausforderungen bergen Biogasanlagen im Ökobetrieb?

Eine Bio-Biogasanlage kann aber auch Herausforderungen bereithalten. Unter anderem sind in Ökobetrieben die Biomasseerträge je Hektar und die Energiedichte der Substrate geringer. Auch findet sich ein höherer Rohfaseranteil in den Substraten, was zu höheren Kosten für Einbring-, Rühr- und Pumptechnik führen kann. Der höhere Ligninanteil, der über das Gärprodukt wieder ausgebracht wird, wirkt sich jedoch positiv auf den Humusgehalt aus. Bei der Düngung mit Gärprodukten ist ferner zu beachten, dass es Anteile von schnell und langsam verfügbaren Nährstoffen gibt. Dies wirkt sich auf die Nährstoffkreisläufe aus.

Im Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) gibt es noch keinen Ökobonus für Bio-Biogas. Eine Honorierung der Umweltleistungen, zum Beispiel über die volle Anrechnung von Kleegras als Wirtschaftdünger bei Güllekleinanlagen, wäre laut Stockmann ein wichtiger erster Schritt. Auch führt die Integration einer Biogasanlage  zu einem höheren Dokumentationsaufwand. Um die Akzeptanz für Biogasanlagen bei der Bevölkerung zu steigern, muss zudem weitere Öffentlichkeitsarbeit geleistet werden. Und wer eine Biogasanlage im Ökobetrieb betreibt, muss die Verbandsrichtlinien beziehungsweise die Vorgaben der EU-Öko-Verordnung beachten. Dabei können unterschiedliche Richtlinien für die Biogasanlage gelten. Landwirtinnen und Landwirte sollten sich hierfür an ihre Zertifizierungsstelle oder ihren Verband wenden.

Was sagt die Praxis?

Ein Großteil der Ökobetriebe mit Biogasanlagen ist, trotz Herausforderungen, von dieser Kombination überzeugt. Bei einer Umfrage im Jahr 2009 wurden 140 Ökobetriebe mit Biogasanlagen dazu befragt, wie sich die Integration auf ihren Betrieb ausgewirkt hat. 73 Prozent der Befragten stellten eine Ertragssteigerung durch die Düngung mit Gärprodukten fest. Qualitätsverbesserungen, zum Beispiel im Rohproteingehalt, konnten 40 Prozent der Befragten bestätigen. 32 Prozent konnten keine Qualitätsverbesserung feststellen.

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