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Maisanbau und Artenschutz

Von Mono zu Vielfalt

Vier Landwirte, vier Wege, um die Artenvielfalt in der Landwirtschaft zu fördern. Die Betriebe von Axel Eberhardt, Andreas Müller, Michael Reber und Oliver Weber sind Demonstrationsbetriebe im EU LIFE Projekt Insektenfördernde Regionen. Alle vier bauen Mais an, sorgen aber auf ganz unterschiedliche Weise dafür, dass Insekten und andere Tiere einen Lebensraum auf dem Acker behalten.

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Vielfalt auf dem Feld: Der Wechsel zwischen Leguminosen, anspruchsvollen und genügsamen Kulturen hilft, Unkräuter in Schach zu halten.
Vielfalt auf dem Feld: Der Wechsel zwischen Leguminosen, anspruchsvollen und genügsamen Kulturen hilft, Unkräuter in Schach zu halten.Jonas Klein
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Egal ob als Körnermais und Silage zur Fütterung oder als Substrat für Biogasanlagen – von vielen Betrieben ist Mais nicht wegzudenken. So vielfältig die Nutzung, so vielfältig auch die Ansprüche an die Kultur und so kontrovers die Diskussion über die intensive Nutzung. Um Mais erfolgreich anzubauen und gleichzeitig die Artenvielfalt auf den Äckern zu schützen, braucht es passgenaue Lösungen für die unterschiedlichen Betriebsstrukturen. Vier Landwirte aus Hohenlohe im nördlichen Baden-Württemberg beschreiten jeweils ihren ganz individuellen Weg zur Artenvielfalt – passend zu ihrem Betrieb und den damit verbundenen Voraussetzungen. Begleitet und beraten werden sie vom regionalen Projektträger, der Bäuerlichen Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall.

Blühstreifen als Lebensraum für Insekten

Bereits vor zehn Jahren hat Axel Eber­hardt angefangen, im elterlichen Betrieb mit anzupacken. Inzwischen führt der 26-Jährige die GbR im Landkreis Schwäbisch Hall gemeinsam mit seinem Vater. Auf dem Hof sind täglich rund einhundert Schwäbisch-Hällische Zuchtsauen mit Ferkeln und Jungsauenaufzucht, 30 Angusrinder, 30 Hühner und zwei Pferde zu versorgen. Mais braucht der Landwirt für die Biogasanlage eines benachbarten Betriebs, von ihm bezieht er Abwärme für die Heizung des Schweinestalls. Um Insekten einen Lebensraum zu bieten, hat die Eberhardt GbR um alle Maisfelder Blühstreifen aus Buchweizen, Kresse, Phacelia, Ringelblume, Senf und Sonnenblume etabliert.

Axel Eberhard hat Blühstreifen rund um seine Maisfelder angelegt. © privat

Die Vielfalt liegt uns am Herzen und wir freuen uns, wenn Tiere und Insekten auf unseren Flächen Lebensräume finden.“ - Axel Eberhardt, Landwirt

Insbesondere die Sonnenblumen stechen dabei ins Auge. Wichtig bei der Anlage solcher Blühstreifen ist, Sonnenblumen zu wählen, die wirklich Pollen und Nektar anbieten. Also keine Hybride, die zwar lange blühen, aber pollenfrei sein können. Im Hinblick auf den verlängerten Blühzeitraum sind auch vielköpfige Sonnenblumen eine Möglichkeit.

Für die Zukunft kann sich der Junglandwirt vorstellen, an einem Projekt der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen mitzuwirken. In dessen Rahmen werden Untersaaten und Blühstreifen im Mais entwickelt und untersucht. Neben der Förderung der Biodiversität steht dabei auch Erosionsschutz im Fokus der Forschenden.

Das Bodenleben im Blick behalten

Auch Andreas Müller bewirtschaftet seinen Betrieb mit eigener Ferkelerzeugung und angeschlossener Mast gemeinsam mit seinen Eltern. „Wir versuchen auf unseren Äckern und Obstbauwiesen möglichst lange Zeit im Jahr blühende Pflanzen zu haben. Der ständige Bewuchs der Felder dient auch als Rückzugsort für Niederwild und Insekten über den Winter“, erklärt der Landwirt. Zentraler Fokus im Getreideanbau ist das Bodenleben, welches durch reduzierte Bodenbewegung, Gemengeanbau, Untersaaten und Wintergrüne Zwischenfrüchte gefördert wird. So wird Winterweizen beispielsweise mit Wintererbse, Leindotter und Inkarnatklee angebaut.

Andreas Müller (l.) bewirtschaftet die Stiftsgrundhof GbR gemeinsam mit seinen Eltern. © privat

Möglichst wenig Bodenbewegung fördert das Bodenleben und schont Insekten und Kleintiere.“ - Andres Müller, Landwirt

Im nächsten Schritt wird nun der Maisanbau auf dem Betrieb weiterentwickelt: Andreas Müller testet in diesem Jahr ein „Bio-Strip-Till“-Verfahren. Das System hat die Landwirtsfamilie selbst ausgetüftelt, um das Bodenleben zu fördern, Erosion zu verhindern, Wasser in der Fläche zu halten und nicht zuletzt, um blütenbesuchenden Insekten ein Blühangebot zu bieten. Bei dem Verfahren handelt es sich um eine Weiterentwicklung und Anpassung des Strip-Till-Verfahrens, einer konservierenden Bodenbearbeitung in Streifen mit partieller Lockerung.

Bio-Strip-Till gliedert sich bei der Stiftsgrund GbR in mehrere Schritte: Im ersten Schritt wird die AGROA Zwischenfruchtmischung Vielfalt (AGROA Raiffeisen eG, Eppingen) plus Ackerbohne, Buchweizen, Brauner Senf, Körnermais, Lein, Leindotter, Phacelia, Sonnenblume, Sommererbse und Tiefenrettich ausgesät. Im September kann so eine Güllegabe erfolgen, anschließend werden Winterhafer, -erbse und -rübse im Reihenabstand von 75 cm gesät. Über den Winter friert die Zwischenfrucht ab und bereitet den Weg für eine Mulchsaat von Mais Anfang Mai im Folgejahr, wenn es bereits warm genug ist. Die Streifen aus Winterhafer, Wintererbse und Winterrübse bleiben stehen und werden später gewalzt. Damit will die Familie zum einen auf die Bodenbearbeitung im Frühjahr verzichten, zum anderen den Herbizideinsatz reduzieren und eine blühende Komponente integrieren, die schon im frühen Frühjahr bereit steht.

Für Vielfalt in den Kulturen sorgen

„Das Schöne an unserem Betrieb ist, dass es hier gar nicht mehr um die Frage ‚bio oder konventionell?‘ geht“, sagt  Michael Reber. „Das System ist offen für alle landwirtschaftlichen Produktionsformen. Wir arbeiten schon jetzt ohne Herbizide und Insektizide im Getreide.“ Der Landwirt betreibt auf seinem Betrieb „Innovative Landwirtschaft Reber“ eine Biogasanlage. Neben Wirtschaftsdüngern von Zulieferbetrieben und anderen nachwachsenden Rohstoffen, wie Gras, Ganzpflanzensilage und Durchwachsene Silphie, dient auch Mais als Substrat für die Biogasanlage. Zum größten Teil baut Reber ihn selbst an – und auch er macht das nicht komplett in Reinkultur. Er legt großen Wert auf Vielfalt im Anbau der Kulturen, um so auch ein vielfältiges Bodenleben zu ermöglichen. So wird das Getreide zur Erzeugung von Ganzpflanzensilage als Mischkultur mit Untersaat angebaut, zum Beispiel Roggen/Wicke mit Inkarnatklee und Leindotter als Untersaat.

Das Ehepaar Reber verzichtet auf Herbizide und Insektizide im Getreide. Ziel ist, auch den Mais frei von Herbiziden anzubauen. © privat

Das System ist offen für alle landwirtschaftlichen Produktionsformen. Wir arbeiten schon jetzt ohne Herbizide und Insektizide im Getreide.“ - Michael Reber, Landwirt

Mais baut Reber seit 2020 versuchsweise in Kombination mit Sorghum, Sonnenblumen und, seit 2022, mit Ackerbohnen an. Sein Ziel ist es mittelfristig, auch den Mais frei von Herbiziden anzubauen. Ein weiterer zentraler Baustein für den erfolgreichen Maisanbau im Biogasbetrieb ist eine vielfältige Zwischenfrucht mit mindestens 18 Mischungskomponenten. Das trägt, neben dem Anbau von Mischkulturen sowohl beim Getreide als auch beim Mais, dazu bei, das Bodenleben so vielfältig wie möglich zu füttern und ein Blühangebot zu schaffen.

Ein vielfältiges Mosaik imGrünland

Die Versorgung der Milchkühe steht bei Oliver Weber im Mittelpunkt des Wirtschaftens. Soweit möglich, weiden die Tiere auf den Schatten spendenden Streuobstwiesen, zudem bekommen sie Heu und Silage. Ziel des Landwirtes ist es, im Grünland ein Mosaik aus stärker genutzten Flächen, das heißt häufig gemähten Flächen für die Grassilage, sowie extensiv genutzten Heuwiesen zu schaffen. Bei Letzteren handelt es sich unter anderem um Flächen, deren Bewirtschaftung wegen ihrer ökologischen Wertigkeit nach der Landschaftspflegerichtlinie gefördert wird. Grünland ist nicht nur ein großer Kohlenstoffspeicher, es ist auch wichtig für die Grundwasserneubildung und Insektenvielfalt.

Neben Grassilage ist für die Fütterung der Milchkühe aber auch Maissilage nötig. Um den Maisanbau vielfältiger zu gestalten, setzt Weber auf ein Gemenge von Mais-Stangenbohne, welches die Wiederkäuer verwerten können. Das ist wegen des in den Bohnen enthaltenen Phasins nicht allen Tieren möglich.

Wir möchten eine vielfältige, zukunftsfähige Landschaft unterstützen und unsere Bewirtschaftung entsprechend anpassen.” - Oliver Weber

Wissenschaftlichen Studien zufolge haben Stangenbohnen bisher nur einen begrenzten Effekt auf die Artenvielfalt, da nur wenige bestäubende Insekten von der Pflanze profitieren können. Durch die große Anbaufläche von Mais kann das Mais-Stangenbohnen-Gemenge dennoch ein wichtiger Baustein sein, um die Diversität auf den Äckern zu schützen. Hier bedarf es weiterer wissenschaftlicher Untersuchungen. Mit ihrem Fruchtfolgewert und der möglichen Düngereinsparung bieten Gemenge zudem weitere Vorteile. Das Jahr 2022 hat deutlich gezeigt, dass äußere Faktoren immer prägnantere Auswirkungen auf die Betriebe haben: Im Gegensatz zum Vorjahr zeigten sich nur wenige und recht zarte Stangenbohnen.

Konventionell, aber ganz unkonventionell

Die vorgestellten Landwirte arbeiten konventionell – und zeigen dabei, wie unkonventionell auch konventionell wirtschaftende Betriebe sein können. Es gibt kein Patentrezept für mehr Artenvielfalt auf dem Acker, die vielfältigen Ansätze bilden ein Mosaik. Wichtig ist, dass man einen individuellen Weg von „Mono zu Vielfalt“ beschreitet, denn – das sagt auch die Forschung – die Summe der unterschiedlichen Ansätze hilft durchaus. Die insektenfreundlichen Strukturen gefallen neben den (Wild-)Bienen und Schmetterlingen häufig auch (Nieder-)Wild und fördern das Bodenleben – alles zentrale Bausteine für ein funktionierendes Ökosystem und somit auch für einen landwirtschaftlichen Betrieb.

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