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Umstellung

Mit Öko in die nächste Generation

Vorbei die Zeiten, als ein klassischer 100-Hektar-Betrieb ein Garant dafür war, dass nicht nur die Familie ernährt, sondern auch die Altenteilsleistungen erbracht werden können. Betriebsaufgaben, Kooperationen zu Betriebsgemeinschaften und Spezialisierung der Betriebe sind die Folge. Für viele ist auch die Umstellung auf ökologischen Landbau eine echte Option geworden, wie aktuelle Zahlen belegen. Wir haben uns bei einem Umsteller umgeschaut.
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Landpixel/Mühlhausen
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„Das ist unsere nächste Baustelle“, sagt Steffen Thudt, während er den Mutterkühen - überwiegend Charolais - auf dem Futtergang eine kleine Schippe Schrot vorwirft - fürs Foto. Alle Tiere stehen brav auf, machen sich über den willkommenen Leckerbissen her. Zwölf Mutterkühe stehen dort, angebunden und Seite an Seite, im einstigen Milchviehstall der Familie Thudt in Herrhausen bei Seesen (Landkreis Goslar) im Harzvorland. „Anbindehaltung - das darf so nicht sein im Ökolandbau. Wir sind noch nicht so weit, deshalb stellen wir die Rinderhaltung zeitlich verzögert auf Öko um. Die Umbaumaßnahmen erfolgen in diesem Frühjahr. Dabei ziehen die Mutterkühe in den alten Vollspalten Bullenstall des Betriebes, welcher durch einen Tiefstreubereich in der angrenzenden Scheune erweitert wird. Günstig und praktisch muss es sein“, sagt der 26-Jährige.

Seit Juli 2019 ist der Hof, der noch auf Thudts Vater Hans-Joachim (61) läuft und zum Sommer übergeben werden soll, in der Umstellungsphase nach den Biolandkriterien. Nach dem Krieg hatte sein Opa, ein Siebenbürger, der kriegsbedingt seinen Weg nach Herrhausen fand, hier auf den Hof geheiratet und diesen als klassischen Gemischtbetrieb geführt und entwickelt. Ackerbau, Milchvieh, ein paar Hühner und Schweine. Noch bis 2015 wurden 18 Milchkühe gehalten, im Sommer auf der Weide und im Winter im Stall gemolken, die Milchviehhaltung dann aber aus gesundheitlichen Gründen des Vaters aufgegeben. Fortan wurden die 25 Hektar Grünland mit einer Mutterkuhherde gepflegt, hinzu kamen 85 Hektar Ackerbau mit Raps, Weizen, Gerste und etwas Zuckerrüben im Anbau (800 mm Jahresniederschlag, Bonitäten von 50 bis 75 BP).

Die Entscheidung zur Umstellung

„Wir standen vor der Frage, wie es weiter geht“, sagt Steffen Thudt, der gerade in Göttingen sein Masterstudium der Agrarwissenschaften beendet. Weiter so wie bisher und versuchen, zu wachsen? „Schwierig in unserer Gegend, der Wettbewerb ist stark und die Preise hoch“, sagt Thudt. In die Veredlung investieren und einen Stall bauen? „Ich möchte mich in diesen unsicheren Zeiten ungern für 20 Jahre und mehr festlegen“, so Thudt. Einen anderen Job suchen und den Hof im Nebenerwerb weiterführen? „Dafür liebe ich diesen Beruf zu sehr“, ergänzt Thudt.

Im Studium faszinierte ihn ein Modul über den Ökologischen Pflanzenbau. „Professor Rauber erklärte uns die speziellen, pflanzenbaulichen Eigenheiten des ökologischen Landbaus und hat mich genau da abgeholt, wo viele meiner Generation gerade stehen. Es ging quasi back-to-the-roots“, erinnert sich Thudt. Mit jeder Vorlesung, mit jedem Modul, mit jeder Exkursion mehr reifte bei Thudt die Idee, den eigenen Betrieb umzustellen. „Das ist eine echte Chance für uns“, sagt er. Etliche Termine bei Feldtagen und Fachtagungen folgten, zudem eine Umstellungsberatung bei Berater Jörge Penk. Unterstützt wurde Thudt dabei von seiner Freundin Jessica Lange, die er im Studium kennenlernte und die mit ihm gemeinsam diesen Weg geht.

Auch äußeren Rahmenbedingungen gaben dem Umstellungswunsch Auftrieb: Klimawandel, Wegfall von chemischen Wirkstoffen, zunehmende Resistenzen, Kritik aus der Gesellschaft und Politik an der konventionellen Landwirtschaft. Weil der Betrieb zu 40 % im Wassereinzugsgebiet liegt, werde auch die Düngung künftig weitere Einschränkungen erfahren.

Auch die Verpächter mussten über die künftige Ökonutzung ihrer Flächen informiert werden. Mit jedem von ihnen habe er Gespräche geführt und sei auf Zuspruch gestoßen. Und daheim? „Mein Vater hat den Betrieb 38 Jahre geführt und einen guten Ackerbau gemacht mit intensiver Bestandesführung und guten Erträgen. Da legt man nicht einfach von heute auf morgen den Hebel auf Öko um“, beschreibt Thudt den Prozess. Letztendlich war es neben dem Vertrauen, das der Vater in seinen Sohn setzte auch die Gewissheit, dass schließlich die kommende Generation den Betrieb in die Zukunft führen muss. Und auch die finanzielle Perspektive spielte eine Rolle: Niedersachsen gewährt 403 Euro Umstellungs- und 273 Euro Beibehalterprämie pro Hektar.

Die Fruchtfolge wurde angepasst

Die Umstellungsphase begann im vergangenen Spätsommer mit der Aussaat von 15 Hektar Kleegras, dem „Motor“ der Fruchtfolge. Der Aufwuchs wird mit einem kooperierenden Ökobetrieb gegen Rindergülle getauscht. Die Fruchtfolge wurde weiter angepasst: statt einer 1-gliedrigen nun eine 2-gliedrige, statt einer 3-feldrigen eine 5-feldrige Fruchtfolge - wobei die Ackerbohne den Raps als weitere Blattfrucht in der Fruchtfolge ersetzt. Zudem drillte Thudt bereits ein Erbsen-Triticale-Gemenge sowie separat Triticale und Winterweizen aus. „Die Bestände sehen derzeit sehr gut aus“, resümiert Thudt. Durch die hohe Zahl an Umstellern sei derzeit Druck auf dem Markt für Umstellungs-Getreide - wogegen Körnerleguminosen auch als U-Ware derzeit sehr gefragt seien.

Den Bestand an Rauhfutterfresser hält Thudt als Teil des Gesamtsystem für unabdingbar, nicht nur für die Verwertung des Grünlandes. Denn auch der Festmist sei sehr wertvoll. Bis auch die Tierhaltung umgestellt wird, würden die Absetzer und Schlachttiere als konventionelle Ware verkauft werden. Rindfleisch soll künftig aber noch mehr direkt vermarktet werden. Denn mit dem Verkauf von Eiern (120 Legehennen im eigengebauten Hühnermobil), zudem Kartoffeln und Gemüse wie Tomaten, Zwiebeln und Möhren aus eigenem Anbau hat Thudt sich gemeinsam mit seiner Freundin schon einen kleinen Kundenstamm aufgebaut. Pfiffig: Eine „stille“ WhatsApp-Gruppe informiert interessierte Kunden, wenn neue Ware im Verkaufsraum liegt.

Thudt ist sich sicher, dass die Umstellung für den Betrieb, aber auch für ihn persönlich der richtige Weg ist. „Die Umstellung bzw. der Ökologische Landbau ist extrem spannend. Zudem ist es der direkte Kundenkontakt, der uns viel Freude macht.“, sagt Thudt. Zu sehen, dass die eigene Arbeit wertgeschätzt und nachgefragt werde, bringe Erfüllung. Und schließlich Erträge zu erwirtschaften aus eigenen angebauten Primärerzeugnissen und die direkte Rückmeldung der Kunden bringe eine hohe Zufriedenheit für die tägliche Arbeit.

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