Tierschutz bis zum Ende
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Ein Tod mit möglichst wenig Leid will Sandra Kopf Rindern ermöglichen. Zusammen mit Thomas Mayer rief sie im Januar 2015 die Interessengemeinschaft (IG) Schlachtung mit Achtung ins Leben. Gemeinsam mit Metallbaumeister Peter Brandmeier entwickelten sie eine mobile Schlachteinheit (MSE), die es ermöglicht, Rinder direkt auf dem Hof zu schlachten. So entfallen Verladen und Transport, beides ist häufig mit großem Stress für die Rinder verbunden. Stattdessen betritt das Tier freiwillig, angelockt durch Futter, die Fangeinheit. Hebt es am Fressgitter den Kopf, schließt sich der Bügel und das Tier ist fixiert. Per Bolzenschuss wird es dann betäubt. Mit Hilfe einer Seilwinde wird die Fangeinheit schließlich in die mobile Schlachtanlage gezogen. Ein Rolltor schließt sich und es folgt der Blutentzug. 60 Sekunden darf das Ganze laut Vorschrift dauern. „Wir schaffen das oft sogar in unter 45 Sekunden“, sagt Sandra Kopf. Rund 100 Rinder wurden mittlerweile mit der MSE geschlachtet.
Vorteile bei Fleischqualität und Arbeitsschutz
Um sicherzustellen, dass das Tier freiwillig die Fressfangvorrichtung betritt, verfügt die MSE über eine festinstallierte Kamera. Jeder Schlachtvorgang wird so aufgezeichnet. „Die Kamera ist verplombt und die Maschine läuft nur, wenn die Kamera an ist“, erklärt Sandra Kopf. „Wir wollen den Tierschutz bis zum Ende gewährleisten.“ Das wirke sich auch auf die Fleischqualität aus. „Das Fleisch kommt ohne Stressoren auf den Tisch. Das schmeckt man“, ist Sandra Kopf überzeugt. Auch beim Arbeitsschutz punktet die mobile Schlachtanlage. In regulären Schlachtbetrieben reagieren die Tiere auf den Stress oft mit Zappeln. Das gefährdet Mensch und Tier. „In unserer Schlachteinheit sind die Rinder sicher fixiert und können weder sich selbst, noch umstehende Menschen verletzen.“
2019 erhielt die IG Schlachtung mit Achtung den Tierschutzpreis Baden-Württemberg. Thomas Mayer und Konstrukteur Peter Brandmeier bekamen zudem den LUI-Preis für innovative Landwirtschaft. „Ein starkes Statement von Seiten des Ministeriums“, sagt Sandra Kopf. Denn die Reaktionen auf die mobile Schlachteinheit seien zum Teil heftig gewesen. „Wir wollten explizit das Wort Schlachtung in unserem Namen“, sagt sie. Für viele sei das aber ein Reizwort. „Da kamen unterirdische Dinge, richtige Drohungen“, erinnert die 50-Jährige sich. Vor allem die mangelnde Bereitschaft zum Dialog habe sie enttäuscht. „Für viele gibts nur Schwarz-Weiß“, sagt sie.
Die mobile Schlachteinheit ist in allen Bundesländern zugelassen. „Leider ist das aber noch nicht zu allen Veterinärämtern vorgedrungen“, sagt Kopf. In Deutschland ist momentan nur der Prototyp im Einsatz. Zugelassen ist er für eine stationäre Schlachtstätte im baden-württembergischen Zell im Wiesental. Die MSE ist ein mobiler Teil dieses zugelassenen Schlachthofs. „Das ist quasi ein verlängerter Arm nach draußen“, erklärt sie. Laut Vorschrift muss das Tier innerhalb von 45 Minuten nach seinem Tod in einen Zerlegebetrieb gebracht werden. „Wir können also bisher nur in diesem Radius von 45 Minuten Höfe anfahren.“
Ende Januar wurde die erste auf Bestellung gefertigte MSE in die Schweiz geliefert. Sandra Kopf hofft, dass sich nach und nach mehr Betriebe für diese Art der Schlachtung entscheiden. „Nach einer guten Haltung noch eine Schlachtung ohne Angst und Stress zu haben, ist doch das Tüpfelchen auf dem i“.










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