Gar nicht mal so schwer
Viele Landwirte haben großen Respekt davor, auf ökologische Landwirtschaft umzustellen. Was muss ich auf dem Feld verändern? Wie baue ich meinen Stall um? Was füttere ich meinen Tieren? Wie vermarkte ich meine Produkte? Es gibt viele Hürden, die aber zu meistern sind. Das zeigt Familie Franz mit ihrem Schweinebetrieb.
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In Ochsental, ein kleiner Weiler der Gemeinde Mulfingen im Hohenlohekreis, gibt es keine Rinder, wie der Name es vielleicht vermuten lässt. Dort leben 100 Sauen der Rasse Schwäbisch Hällisches Landschwein mit ihren Ferkeln und einige Mastschweine auf dem Biohof der Familie Franz. Sie bewirtschaften ihren Betrieb nach den Richtlinien des Bioverbands Ecoland.
Nur ein vitaler Boden sorgt für gute Qualität
Rainer Franz hat früher konventionell gewirtschaftet, das Umdenken begann vor circa 25 Jahren. Er landete zufällig auf einer Veranstaltung der Firma Plocher, die natürliche Präparate für den Ackerbau und die Tierhaltung anbietet. Sozusagen alternative Hilfsmittel wie Gülle- oder Kompostzusätze, Pflanzenhilfsmittel oder auch Futtermittel. Plocher zielt auf eine natürliche Kreislaufwirtschaft ab und versucht so Boden, Pflanzen und Tiere gesund zu bewirtschaften, ganz nach dem ökologischen Gedanken. Das merkte auch Rainer Franz und probierte sich an den Plocher-Produkten aus. Er verzichtete immer mehr auf Mittel, die er eigentlich gar nicht brauchte. Wie zum Beispiel Pflanzenschutzmittel oder mineralischen Dünger. Der ökologische Gedanke gefiel Rainer und Simone Franz. Sie sind überzeugt davon, dass sie nur mit einem vitalen Boden Pflanzen von guter Qualität erzeugen können, die ihre Tiere wiederum besser verwerten, weniger Krankheiten haben und so schließlich auch Fleischqualität beeinflussen.
„Uns wurde klar, wir müssen so wirtschaften, dass die nächste und übernächste Generation auch noch was davon hat“, erklärt Simone Franz. Sie möchten enkelfähige Landwirtschaft betreiben und das vor allem durch einen gesunden Boden. „Wir müssen schauen, dass wir dem Boden etwas Gutes tun", sagt Rainer Franz. Deshalb denken sie im Kreislauf, was bei ihnen gut durch die Kombination aus Tierhaltung und Ackerbau funktioniert, da sie so die organische Masse wieder im Betrieb verwerten können.
Der Hof ersetzt das Fitnessstudio
Ihre Töchter, Katharina und Sophia Franz, arbeiten viel auf dem Hof mit und bringen immer wieder neue Ideen mit ein. Und das, obwohl beide einen Vollzeitjob haben. Katharina arbeitet beim Futtermittelunternehmen Josera und berät Landwirte rund um die Schweinefütterung. Ihre 23-Jährige Schwester Sophia hat Soziale Arbeit studiert und arbeitet als Schulsozialarbeiterin. Da sind dann acht Stunden am Tag bereits mit Arbeit gefüllt. Die restliche Zeit stecken sie in ihren Betrieb zuhause, genauso wie ihre Wochenenden und auch den Großteil ihres Urlaubs. „Ich sitze viel im Auto oder im Büro und der Hof ist für mich ein Stück Ausgleich, Hobby, Fitnessstudio, damit ich rauskomme“, erklärt Katharina.
Sie hat zwar Agrarwissenschaften studiert, hat sich aber bewusst dagegen entschieden, vor zwei Jahren direkt in den Betrieb einzusteigen. „Ich will was anderes sehen, damit ich nicht betriebsblind werde und über den Tellerrand hinausschauen kann“, sagt die 27-Jährige. Sie sieht in ihrem Job viele Höfe und hat so gemerkt, dass Direktvermarktung in Verbindung mit Biolandwirtschaft das Richtige für sie ist. Sie und ihre Schwester sehen darin ihre Zukunft.
Schritt für Schritt zu 'Bio'
Zuerst setzte Familie Franz im Ackerbau die Plocher-Produkte ein. Sie wollten nicht sofort auf Bio umstellen. Also probierten sie zum Beispiel die mechanische Unkrautbekämpfung mit Striegel und Hacke aus. „Wir haben uns langsam herangetastet und wollten nicht erst auf Bio umstellen und dann schauen, ob es funktioniert“, sagt Sophia Franz. Mit der mechanischen Unkrautbekämpfung bemerkten sie, dass sie häufiger fahren müssen und das mehr Zeit kostet. „Ich kann nicht mehr kurz abends mit der Spritze rausfahren und dann ist meine Unkrautbehandlung erledigt“, so Sophia. Sie müssen mehrfach ran, das haben sie anfangs auch unterschätzt. Doch es lohnt sich, sie merken es an den Pflanzen und an ihren Tieren.
Der Stallumbau war die größte Herausforderung
Die größte Herausforderung beim Umstellen war der Stallumbau. „Es war uns wichtig, dass wir das Gebäude nicht einfach abreißen und etwas Neues bauen, sondern das wir eine Art Upcycling Stall machen“, erzählt Katharina. Sie haben Materialien wiederverwendet und viel selbst gebaut. Dadurch haben sie nicht nur Kosten gespart, sondern ihren ökologischen Gedanken auch beim Stallbau weiterverfolgt. Für die Planung holten sie sich Hilfe von Beratern. Eins war aber klar: Alle Schweine, egal ob bei der Ferkelaufzucht, der Mast oder den Sauen, sollen einen großzügigen Auslauf bekommen. Deshalb hat Familie Franz ihre Ausläufe gleich größer gebaut als vorgeschrieben.
Familie Franz betreibt ihren Stall im Rein-Raus-Verfahren. Nach jedem Durchgang waschen sie die Buchten aus, verzichten danach aber auf den Einsatz von Desinfektionsmittel. Viele Desinfektionsmittel töten auch die „guten“ Mikroorganismen in Mist oder Gülle ab, ein paar sollten aber in Form des Stallklimas schon vorhanden sein. Für das Immunsystem der Tiere und um sie über die Gülle wieder in den Boden zu bringen.
Vor der Umstellung gab es im Maststall bereits einen Auslauf, der Wartesauenstall war ein Offenstall mit Hütten, aber sonst war die Sauenhaltung konventionell mit Ferkelschutzkorb. Mit der Bio-Umstellung kamen dann Stoheinstreu, Ausläufe und die freie Abferkelung hinzu. „Ich hatte echt Bauchweh wegen der Erdrückungsverluste“, gibt Katharina zu. Sie hat mit vielen Biolandwirten gesprochen, die ihr erzählten, dass zum Beispiel Sauen der dänischen Landrasse nicht so gut mit der freien Abferkelung klarkommen, da sie für das konventionelle System gezüchtet sind. Schwäbisch-Hällische Schweine sind eine traditionelle, alte Rasse und hatten mit dem konventionellen System ihre Probleme. „Sie können jetzt viel mehr ihr natürliches Verhalten entfalten und sie wollen sich mehr bewegen“, erzählt Sophia. Die Ferkel dürfen auch länger bei der Sau bleiben, nämlich sechs Wochen und da ist es auch für die Mutter angenehmer, wenn sie sich in der Zeit bewegen und auch mal an die frische Luft gehen kann. Auch der Ablauf im Stall hat sich etwas geändert. Zum Beispiel kam nun das Misten dazu, davor standen die Schweine auf Spalten. Das heißt, nun wird täglich das nasse Stroh in den Auslauf geschoben und neues nachgestreut. Einmal in der Woche werden dann die Ausläufe mit dem Hoflader gemistet. Das dauert zwar einen ganzen Morgen lang, aber es lohnt sich, da es den Schweinen mit der neuen Haltung nun besser geht.
Die Futterration muss nun besser angepasst sein
Auch die Fütterung mussten sie umstellen, da das Mineralfutter kaum ausgleichende Substanzen wie freie Aminosäuren oder Enzyme enthalten darf. Biomineralfutter besteht vor allem aus Spurenelementen, Mineralstoffen und Vitaminen. Also muss die Ration nun besser angepasst sein, um den Bedarf der Schweine trotzdem zu decken. „Ich musste also gezielt Komponenten auswählen und sie kombinieren, damit ich den Bedarf der Schweine richtig decke“, sagt Katharina. Ihre Futterkomponenten produzieren sie größtenteils selbst. Trotzdem hat es gedauert, bis sie die richtige Kombination gefunden hatten. Immer wieder kontrollierten sie die Tiere und das Wachstum und passten das Futter an. Und heraus kommt gutes Fleisch, das die Kunden geschmacklich sogar besser finden als das konventionelle Fleisch.
Wie vermarkte ich die Produkte?
Das Fleisch gibt es im Hofladen der Familie Franz, in einige Biomärkten und bei anderen Direktvermarktern zu kaufen. Ihren Hofladen eröffneten sie vor 20 Jahren, Simone Franz kümmert sich vor allem darum. Dort bieten sie nicht nur eigenes Fleisch, Wurstdosen und Eier an, sondern auch allerlei anderer Produkte wie Biowein, Bauernhofeis, Müsli oder Kekse. „Es ist doch einfach schön, wenn man in einen Laden kommt und eine große Auswahl hat“, sagt Katharina. Sie sehen, wie viele Landwirte gute Produkte herstellen. Deshalb möchten sie mit ihnen an einem Strang ziehen und sich gegenseitig bei der Vermarktung unterstützen. Sie nehmen aber vor allem Produkte aus der Region, bevorzugt Bio. Um in den Hofladen zu kommen, müssen die Produkte allerdings zuerst die Geschmacksprobe der Familie Franz bestehen. Nur was ihnen selbst schmeckt, landet auch im Regal.
2018 kam noch das Selbstbedienungshäusle dazu, das auf Sophias Mist gewachsen ist. „Wir wären auch nicht die typischen Kunden, die zu einer bestimmten Zeit in den Hofladen gehen“, stellte sie fest. Sie wollen nicht immer Smalltalk führen oder sich fast gezwungen fühlen, etwas zu kaufen. Deshalb möchten sie das auch nicht für ihre Kunden. Und die Öffnungszeiten sind so flexibler, von morgens bis abends, auch an Wochenenden und Feiertagen. Da direkt ein Wanderweg am Hof der Familie Franz vorbeiführt, kaufen die Leute sich oft Getränke oder ein Eis und machen dort Rast.
Die Kunden müssen informiert sein
Über die Umstellung informierten sie ihre Kunden per Newsletter. Das war wichtig, da die Preise anstiegen. Doch auch der Kundenstamm veränderte sich. Sie haben mit den Bioprodukten neue Leute angesprochen und die Leute kaufen Fleisch nun bewusster ein. Das heißt, sie bestellen pro Einkauf weniger Fleisch, genießen es aber bewusster in Bio-Qualität. Und dahin will Familie Franz auch gehen. Deshalb wollen sie mehr „Nose to tail“-Verarbeitung machen, also nicht nur die edlen Stücke vom Schwein rauspicken, sondern es komplett verwerten. „Da kommt ein Lebewesen auf die Welt, um ein Lebensmittel zu werden. Dann muss es auch würdig gehalten und geschlachtet werden, damit man dem Tier auch gerecht wird“, sagt Katharina.
Die Mädels haben noch viele Ideen und werden weiter am Hof arbeiten. Der nächste Schritt ist, mehr in der Vermarktung zu übernehmen und die Direktvermarktung weiter auszubauen. Und auf lange Sicht gesehen, dann vielleicht auch den Hof nach und nach von den Eltern übernehmen. Ihr Hof soll ein Ort der Begegnung werden, sodass die Leute nicht einfach nur einkaufen, sondern sich wohlfühlen, sehen woher die Produkte kommen und den Genuss wieder bewusster wahrnehmen. Und das sollte den meisten Kunden auch nicht schwerfallen, wenn eine Familie mit Leib und Seele hinter ihrem Hof, ihren Produkten und der ökologischen Bewirtschaftung steht. Oder wie Katharina es sagt: „Wir sehen das nicht als Beruf, sondern als Berufung, nicht nur gute, sondern sehr gute Lebensmittel zu produzieren“.









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