Wie fühlen sich Masthühner im Stall wohl?
Damit Masthühner sich richtig wohlfühlen im Stall, sollte dieser so strukturiert sein, dass die Tiere möglichst gut ihr natürliches Verhalten ausüben können. Wie sollte ein Masthühnerstall also strukturiert sein? Ein Projekt testet erhöhte Sitzmöglichkeiten und Staubbäder.
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Bei Masthühnern ändern sich mit der neuen EU-Öko-Verordnung ab dem 1. Januar 2022 die Anforderungen an die Stalleinrichtung. Erhöhte Sitzmöglichkeiten und Staubbäder sollen es den Tieren ermöglichen, mehr Aspekte ihres natürlichen Verhaltens auszuüben. Diese Stallstrukturierung untersucht Johanna Müsse zusammen mit ihren Kolleg:innen von der Tierärztlichen Hochschule Hannover und der Landwirtschaftskammer Niedersachsen im Rahmen des vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) geförderten Modell- und Demonstrationsvorhabens Tierschutz. Auf der Öko-Mastgeflügeltagung der Verbände Naturland und Biokreis Ende November 2021 wurdne die Forschungsergebnisse und Praxiserfahrungen diskutiert.
Praxistest: Erhöhte Ebene mit Kotband
Im Rahmen des Projektes „Strukturierung und angepasste Fütterung im Masthühnerstall: Optionen für eine verhaltensgerechte und umweltschonende Tierhaltung“ (MaVeTi) wurde ein Prototyp für eine erhöhte Ebene mit Kotband entwickelt. Getestet wurde auf vier konventionellen Praxisbetrieben mit jeweils zwei bis drei Ställen. Die Ebene ist 120 cm breit, 70 cm hoch und verfügt über eine Rampe als Aufstiegshilfe. Die Oberfläche ist als Kunststoffrost mit einer Gitterweite von 1,4 x 1 cm und einer Stegbreite von 5 mm gestaltet. Auf der Ebene befindet sich eine Tränkelinie, darunter das Kotband. Aufgrund der Breite der Ebene wurde die Unterseite mit LEDs ausgestattet, sodass die Tierkontrolle unter der Ebene erleichtert wird. Die Ebene ist auf drei der vier Betriebe an der Decke aufgehängt und kann bei Bedarf komplett hochgezogen werden.
Geschlafen wir eher auf dem Boden
Erste Auswertungen von einem der Betriebe zeigen, dass die Hähnchen die Ebene tagsüber gut nutzen. Zum Schlafen suchen sie jedoch eher den Boden auf. Dieses Verhalten steht im Widerspruch zu der Hypothese, dass die Ebene zum nächtlichen Ruhen aufgesucht werden würde. Teilnehmer:innen der Tagung merkten an, dass sich das Aufbaumverhalten im Rahmen der Verhaltensentwicklung möglicherweise erst zu einem späteren Zeitpunkt ausprägt. Hier bleibt abzuwarten, wie die Verhaltensauswertungen auf den übrigen Praxisbetrieben ausfallen.
Die Reinigung ist aufwändig
Vergleichsmessungen der Stalltemperatur unter der Ebene und in der Stallmitte zeigten keine wesentlichen Unterschiede. Lediglich bei sehr hohen Außentemperaturen (> 35° C) war die Temperatur unter der Ebene am Nachmittag etwas erhöht. Im Vergleich mit der Stallmitte war die CO2-Konzentration unter der Ebene minimal verringert, die NH3-Konzentration in der zweiten Masthälfte deutlich reduziert und die relative Luftfeuchtigkeit niedriger. Die Einstreu war unter der Ebene stets locker und trocken. Eine Reduktion der NH3-Konzentration im Vergleich zum Kontrollstall durch die Abfuhr des auf der Ebene angefallenen Kots über das Kotband konnte jedoch nach bisherigen Auswertungen nicht eindeutig belegt werden.
Die Reinigung der Ebene wurde von den Praxisbetrieben als erheblicher Mehraufwand von etwa 8 Arbeitsstunden beziffert. Dabei wurde besonders die Reinigung des Kotbands als aufwändig beschrieben. Das Einweichen über eine Sprühkühlung oder in Wannen erleichtert die Reinigung. Laboruntersuchungen konnten zeigen, dass nach betriebsüblicher Reinigung und Desinfektion der Ebene keine erhöhte Keimbelastung bestand.
Nach Einschätzung der Ökohähnchenmäster in der Runde wäre es sinnvoller, die erhöhte Ebene ohne Tränkelinie zu gestalten. Dann ist auch kein Kotband notwendig, um feuchte Einstreu unter der Ebene durch Wasser und erhöhten Kotanfall zu vermeiden und die Reinigung der Ebene wird deutlich erleichtert.
Staubbad mit verschiedenen Materialien
Im Projekt werden den Hähnchen in einem Wahlversuch drei verschiedene Materialien zum Staubbaden angeboten: Strohgranulat, Sägemehl und Gesteinsmehl. Es soll ausgewertet werden, welches der Materialien bevorzugt genutzt wird und eine vollständige Ausübung des arttypischen Verhaltens ermöglicht. Die Auswertungen laufen noch, dem ersten Eindruck nach werden Sägemehl und insbesondere Gesteinsmehl gut angenommen. Staubbäder müssen regelmäßig gereinigt werden; außerdem baden die Tiere das Material aus dem Staubbad heraus, sodass es von Zeit zu Zeit wieder aufgefüllt werden muss.
Rohrförderanlage für Stroh und Getreidekörner
Als weiteres Beispiel für die Strukturierung des Stalls durch Aktivitätszonen wird im Projekt eine Rohrförderanlage zur automatischen Vorlage von Beschäftigungsmaterial getestet. Damit kann zum Beispiel ein Gemisch aus Häckselstroh und ganzen Weizenkörnern angeboten werden. Die Hühner werden zum Scharren animiert – nach Einschätzung der Praktiker in der Runde eine gute Idee, denn dadurch würden nicht nur die Tiere beschäftigt, sondern auch die Einstreu locker gehalten.
Fazit: Weitere Forschungsfragen
Auch für Masthühnerhalter wird die Frage zur Strukturierung des Stalls in Zukunft wichtiger. Erste Ergebnisse aus dem Projekt zeigen: Eine erhöhte Ebene mit Tränkelinie und Kotband wird gut von den Masthühnern angenommen – allerdings hauptsächlich tagsüber. Sie verbringen die Nacht lieber am Boden. Zu diesem Verhalten sind noch weitere Untersuchungen nötig.
Durch das Aufstellen der Ebene erhöht sich der Reinigungsaufwand für die Betriebe deutlich. Ein Verzicht auf Tränkelinie und Kotband könnte hier aus Sicht von Praktiker:innen Abhilfe schaffen.
Weitere Versuche sollen Aufschluss darüber geben, welches Material Hähnchen beim Staubbaden bevorzugen – Einschätzung der Beratung für Naturland: je feiner desto besser. von den Praktiker:innen als gut befunden wurde die Idee, Beschäftigungsmaterial über eine Rohrförderanlage einzubringen.







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