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In der Komfortzone bleiben

Hitzestress bei Legehennen mildern

Die heißen Tage nehmen zu. Da ist die Wohlfühltemperatur des Geflügels oft überschritten. Mit ein paar Veränderungen in den Haltungsbedingungen können Sie den Hitzestress für Ihre Legehennen mildern.

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Gezielte Bepflanzung dient zur Zuflucht und als Schattenspender.
Gezielte Bepflanzung dient zur Zuflucht und als Schattenspender.Mayer
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Warum müssen wir über Hitzestress reden? Die Begründung lieferte Carmen Sanmartin vom Tiergesundheitsdienst in Bayern auf dem Bayerischen Geflügeltag im Rahmen der Bioland-Woche 2022 Anfang des Jahres: Das Klima ändert sich, die Zahl der heißen Tage ist in den vergangenen 20 Jahren in den Sommern sprunghaft angestiegen. Und im Gegensatz zu den südeuropäischen Ländern, in denen es zwar heiß, aber trocken ist, kommt hierzulande die Hitze zusammen mit einer hohen Feuchtigkeit daher. Das ist viel schwerer zu ertragen, betonte die Fachtierärztin für Geflügel, Wild-, Zier- und Zoovögel.

Wohlfühltemperatur behalten

Geflügel hat eine relativ hohe Körpertemperatur von 40 °C, mit einer Spanne von plus/minus 1,5 °C. Die Wohlfühltemperatur für erwachsene Tiere liegt zwischen 18 und 24 °C. Bei diesen Temperaturen braucht der Stoffwechsel noch nicht ausgeglichen zu werden. Anders ist es bei jungem Geflügel, das sich bis zu einem Alter von vier bis sechs Wochen wechselwarm verhält, Temperaturschwankungen also kaum ausgleichen kann. Die Komfortzone ist in diesem Alter sehr eng, nur ein Grad unter bis ein Grad über der im jeweiligen Alter benötigten Temperatur. Das, so betonte Sanmartin, ist auch der Grund dafür, dass Küken in der ersten Lebensphase die Zufuhr von Wärme brauchen oder zum Beispiel bei Transporten einen Hitzetod erleiden können. Ab einem Alter von vier Wochen sind die Küken dann weniger empfindlich.

Wärme gezielt abgeben

Was hilft dem Geflügel bei hohen Umgebungstemperaturen? Auf der einen Seite haben die Tiere keine Schweißdrüsen. Auf der anderen Seite ist ihre Körpertemperatur sowieso schon ziemlich hoch, und bei zunehmender Muskelmasse steigt dann auch noch der Stoffwechsel und dadurch die Wärmeproduktion. Das sind echte Herausforderungen für die Tiere. Möglichkeiten zur Wärmeabgabe bestehen für sie durch:

  • Ableitung: Kontakt mit kälteren Flächen,
  • Abstrahlung: Flügel ausbreiten,
  • Verdunstung: Hecheln, erhöhte Atemfrequenz.

Unterstützt werden diese Mechanismen durch die Luftbewegung im Stall.

Aus der Temperatur und der Luftfeuchtigkeit ergibt sich die Enthalpie (Gesamtwärme), gemessen in kJ je kg, die ein Gradmesser für den Hitzestress ist.

Klassen des Hitzestress
Enthalpie [kJ7kg] Beschreibung
< 50 kein Hitzestress
50 bis < 58 milder Hitzestress
58 bis < 67 mäßiger Hitzestress
67 bis < 72 starker Hitzestress
> 72 extremer Hitzestress

Ab einer Enthalpie von 50 fangen die Tiere mit ausgleichenden Maßnahmen an, ab 65 ist dringender Handlungsbedarf geboten, ab 75 können die Tiere sterben. Sanmartin wies darauf hin, dass die Wetterdienste hierzu von Mai bis September Vorhersagen herausgeben. Sie rät allen Tierhaltern dringend, diese zu nutzen und sich auf die Wetterlagen vorzubereiten.

Zu viel Wärme macht krank

Die Folgen einer zu hohen Umgebungstemperatur beziehungsweise deren Auswirkungen auf den Organismus des Tieres kann man messen. Durch die Schnabelatmung wird zu viel CO2 in der Lunge abgegeben. Das stört den Säurehaushalt im Blut und in den Zellen, es wird zu wenig Kalzium, Phosphor und Kalium aufgenommen.
Hitze senkt auch den Appetit. Durch die reduzierte Futteraufnahme sinken auch die Tageszunahmen. Die Folge sind weniger und kleinere Eier und dünne Eischalen. Gleichzeitig wird bei hohen Temperaturen der Durst größer. Durch die hohe Wasseraufnahme steigt der Wassergehalt im Kot und die Einstreu wird nass. Die Folge sind nicht nur verschmutzte Eier und dreckige Fußballen, sondern auch ein erhöhter Ammoniakgehalt in der Luft, zählte die Fachtierärztin auf. Damit es soweit nicht kommt, kann an mehreren Schrauben gedreht werden, plädierte die Expertin an die Zuhörer:innen. In jedem Fall sollte natürlich so schnell wie möglich reagiert werden.

Klima verbessern

Eine wichtige und schnell umzusetzende Maßnahme sind Veränderungen beim Klima im Stall und in der Umgebung. Die Luftgeschwindigkeit kann bis auf maximal 3 m/s erhöht werden. Höher sollte sie nicht sein, sonst wird sie unangenehm. Wichtig, betonte Sanmartin, ist ein Messgerät, das die Luftgeschwindigkeit auf der Höhe der Tiere misst, „denn unsere Empfindung kann anders sein, außerdem sind wir oben und die Tiere sind unten“. Durch diese Maßnahme kann eine Kühlwirkung von 3,3 bis 3,5 Grad erreicht werden.

Weiterhin kann auch die Luftwechselrate gesteigert werden. Sie soll um bis zu 4,50 m3 pro Stunde und Kilogramm Einzeltiergewicht erhöht werden. Bei Legehennen mit 1,8 kg Einzeltiergewicht soll die Luftwechselrate 8,1 m3 pro Stunde und Tier betragen. Wenn ich im Bestand 3000 Legehennen mit 1,8 kg habe, muss meine Lüftung 3000 x 1,8 x 4,5 = 24 300 m³ pro Stunde schaffen. Bei Offenställen werden im Sommer zusätzliche mechanische Notbelüftungen eingebaut, zum Beispiel Schwenklüfter an den Längsseiten des Stalles mit einer Leistung von 12.000 bis 22.000 m3 pro Stunde. In geschlossenen Ställen mit Zwangslüftung werden die Firstventilatoren (jeweils 15.000 bis 20.000 m3 pro Stunde) durch Giebellüfter (jeweils bis 40.000 m3 pro Stunde) im Sommer unterstützt (Tunnellüftung).

Die Ventilatoren können versetzt werden, durch eine höhere Luftrate wird ein Teil der Wärme aus dem Stall getragen. © Mayer

Bei Puten, so das Merkblatt zur Vermeidung von Hitzestress bei Puten des Landes Niedersachsen, sollte die Lüftung für extreme Hitzeperioden so ausgelegt sein, dass im Tierbereich ein Luftaustausch von 5 bis 6 m³ je kg Lebendgewicht und Stunde für Hennen und 6 bis 7 m³ je kg Lebendgewicht und Stunde für Hähne erreicht werden kann.

Auch eine höhere Luftfeuchtigkeit im Stall kann den Tieren helfen. Dafür zählte Carmen Sanmartin mehrere Möglichkeiten auf: Sprühkühlung in Kombination mit einer Erhöhung der Luftgeschwindigkeit, das Besprengen der Stallhülle mit Wasser – „das ist eine gute Möglichkeit für Mobilställe“ – und das in Deutschland eher weniger gebräuchliche Befeuchten der Zuluft.

Luft befeuchten durch Sprühkühlung senkt die Temperatur im Stall. © Mayer

Management optimieren

Bei der Planung und Organisation des Betriebsablaufs gibt es viele kleine Schräubchen, an denen der oder die Tierhalter:in drehen kann. Das fängt bei der Temperatur des Tränkewassers an. Sie sollte zwischen 10 und 15 °C liegen. „Das ist im Sommer oft schwierig, aber mit dem Spülen der Tränkeleitungen, manuell oder automatisch, kann man da schon sehr viel erreichen“, so die Erfahrung der Fachtierärztin.

Verdauung erzeugt Wärme. Viel kann also auch erreicht werden, wenn man die Fütterungszeiten in die Morgen- und Abendstunden verlegt. Auch eine Veränderung des Lichtprogramms kann helfen, in Zonen mit weniger Licht können sich die Tiere zum Ruhen zurückziehen.

Besonders wichtig ist eine regelmäßige Kontrolle, „das sollte für jeden Tierhalter selbstverständlich sein, damit er immer weiß, ob es seinen Tieren gut geht und wo eventuell Handlungsbedarf ist“, betonte die Expertin. Dabei muss der Tierhalter oft genug in den Stall gehen und natürlich mit sehr ruhigen Bewegungen. Sehr hilfreich ist es auch, sich mal ein paar Minuten zwischen die Tiere zu setzen und sie zu beobachten.

Einrichtung mit mehreren Funktionen: Unter dem Dach befindet sich das Sandbad. © Mayer

Nicht nur die Tiere erzeugen Wärme. Auch bei der Umsetzung des Mists, auf dem die Tiere laufen, wird Wärme frei. Daher sollte morgens regelmäßig nachgestreut werden, um die Einstreumatte abzudecken. Ein Problembereich ist oft der Auslauf. Er sollte Möglichkeiten zum Unterschlüpfen und zum Ausruhen im Schatten bieten. Bepflanzung ist da eine gute Möglichkeit. Auch mit Reutern, Dächern oder Netzen kann die Fläche strukturiert werden, die Tiere können sich im Auslauf verteilen und finden Schutz vor der Hitze und vor Feinden aus der Luft.

In einem gut strukturierten Auslauf mit Bäumen, Sträuchern und Unterständen finden die Tiere Schutz vor Beutegreifern und Hitze. © Mayer

Eine Möglichkeit, den Tieren ein paar warme Tage zu ersparen, könnte ein Vorziehen des Schlachttermins sein. Der Transport sollte – wenn möglich – nachts erfolgen. Auch hier hat Sanmartin einen Tipp: „Wenn Sie in einen Stau kommen, können Sie die Polizei bitten, dass der Lkw umgeleitet wird, damit die Transportzeit so kurz wie möglich ist.“ Beim Verladen der Tiere empfiehlt sie Zusatzlüfter.

Fütterung umstellen

Durch die normalen Stoffwechselprozesse wie die Zellatmung entstehen durch Reduktion von molekularem Sauerstoff körper­eigene Oxidantien. Im Sommer bei verstärkter Schnabelatmung und höherer Körpertemperatur ist die Produktion von Oxidantien größer. Diese sind für den Tod von Zellen verantwortlich. Abhilfe kann man durch Vitamine, Probiotika oder die Zugabe von Elektrolyten schaffen.

Generell sollte die Futterration im Sommer anders aussehen als im Winter, weil die Tiere weniger Futter aufnehmen und die Verdaulichkeit von Aminosäuren, Kalzium, Natrium und Phosphor verringert ist. Allerdings sollte das nicht durch einen höheren Rohproteinanteil in der Ration ausgeglichen werden, weil hier dann zusätzliche Wärme bei den Umsetzungsprozessen entsteht. Außerdem kann das auch zu Durchfall führen. Besser, so die Fachtierärztin, ist es, den Fettanteil und den Vitamingehalt in der Ration zu erhöhen.

Ergänzung übers Tränkewasser

Letzteres kann gut über das Tränkewasser geschehen. So empfiehlt sich zum Beispiel eine Vitamin-C-Gabe, wenn eine große Tageshitze vorhergesagt ist. Die Tagesdosis soll dann innerhalb von vier Stunden verabreicht werden. Hilfreich sind auch der Vitamin-Komplex ADE und eine Magnesium-Gabe. Ätherische Öle können ebenfalls helfen, zum Beispiel Anisöl, auch hier soll die Tagesdosis innerhalb von vier Stunden verabreicht werden. Genauso können die vorher schon erwähnten Probiotika, also „gute“ Darmbakterien, und Elektrolyte in Form von Pulvern oder Tabs, dazu beitragen, dass die Tiere besser durch die heißen Tage kommen. 

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