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Tipps für die Bioschweinehaltung

Bioschweine: Fütterung, Haltung und Tiergesundheit

Haltung und Fütterung, Stallbau und Auslaufnutzung, Tiergesundheit und Marktentwicklung die Schweinetagung des Bioland-Verbandes Anfang Juni in Ascheberg bot ein buntes Themenspektrum. Wir geben einen Überblick.

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Die aktuell schwierige Versorgungssituation bei Eiweißfuttermitteln hat nach Ansicht von Rudolf Joost-Meyer zu Bakum, Inhaber der gleichnamigen Biofuttermühle, je nach Futtermittel unterschiedliche Ursachen. „Biosoja aus China ist derzeit mit hohen Logistikkosten belegt und vor allem Selbstmischer hatten Probleme an ausreichend Ware zu kommen“, erklärte Joost-Meyer zu Bakum, der 2023 mit etwa 140 Euro/dt ähnliche Preise wie in diesem Jahr erwartet. Bei Raps- und Sonnenblumenkuchen fehlten 30 bzw. 50 Prozent, weil diese Futtermittel vor allem aus der Ukraine und Russland bezogen werden. Einen großen Importbedarf hat Deutschland auch bei Bioackerbohnen, die preislich ebenfalls gestiegen sind. „Biomilchkühe werden in vielen Regionen Europas auch mit Biosoja im Kraftfutter versorgt und bei hohen Preisen sind viele Betriebe auf Bioackerbohnen umgestiegen, was auch deren Preise deutlich ansteigen ließ“, so der Referent.

„Jede Krise ist ein Korrektiv“ und so bewirken die hohen Preise, dass sparsamer mit Eiweißfuttermitteln umgegangen wird. Dazu gehört zwingend eine dreiphasige Mast, weil die Tiere zum Ende hin einen deutlich geringeren Eiweißbedarf haben als zu Beginn. „Im letzten Drittel wird aber die Hälfte der Futtermenge verbraucht“, betonte Joost-Meyer zu Bakum. Wichtig sei auch, geeignete Mahlsiebe zu verwenden. Während Getreide gröber vermahlen werden müsse, um Darmentzündungen vorzubeugen, komme es bei Leguminosen auf eine feine Vermahlung an, damit sie im Dünndarm gut verdaulich sind. Schließlich sei bei der Mast auch auf die Wünsche des Abnehmers zu achten. Eine Fütterung nach Muskelfleischanteil erfordere eine andere Strategie, als wenn „Wurst, Speck und Schinken“ im Vordergrund stünden. Zum Abschluss gab er noch den Hinweis, dass es in der Mast nicht nur vertretbar, sondern auch wirtschaftlich sinnvoll sei, mit leicht abgesenkten Bedarfswerten zu rechnen.

Optimierung in der Praxis

Martin Kötter-Jürß, Teamleiter der Schweineberatung beim Bioland-Verband, stellte in Vertretung den Betrieb von Jörg Aufenanger vor, der im westfälischen Borgentreich seit 2011 seinen Betrieb nach Bioland-Richtlinien bewirtschaftet und 840 Mastschweine hält. Die Schweine werden in Außenklimaställen, die leicht eingehaust wurden, gehalten. Kötter-Jürß wertet halbjährlich gemeinsam mit Aufenanger die Mastschweine aus und lobte die getroffenen Optimierungsmaßnahmen. Innerhalb weniger Jahre konnte die Futterverwertung von 1:3,46 auf 1:3,08 verbessert werden. Der Muskelfleischanteil liegt mittlerweile bei über 57 Prozent. „Der Landwirt reinigt eigenes und zugekauftes Getreide und Körnerleguminosen konsequent nach und hat in der Vormast zusätzliche Automaten eingebaut, um die Futteraufnahme zu steigern“, zählte Kötter-Jürß einige der durchgeführten Maßnahmen auf. Außerdem werde die Gabe von Raufutter nicht „als lästige Pflicht“ gesehen. Aufgrund der aktuell unsicheren Lage und stark gestiegener Kosten hat Aufenanger eine schon anvisierte Erweiterung um 500 Mastplätze zunächst zurückgestellt.

Füttern von Kleegrassilage

Ralf Bussemas vom Thünen-Institut für Ökologischen Landbau formulierte ein klares Ziel für die Fütterung von Bioschweinen: „Das Futter stammt vorzugsweise vom eigenen Betrieb unter Berücksichtigung der physiologischen Bedürfnisse der Tiere.“ Raufutter beschleunigt den Kotabsatz, senkt die Aggressivität und wirkt sich positiv auf die Verdauung aus. „Bei tragenden Sauen kann man etwa 25 Prozent des Kraftfutters durch Raufutter ersetzen“, erklärte Bussemas und ergänzte: „Mittels Raufutter wird das Magen-Darm-Volumen erhöht und durch die beschleunigte Verdauung wird dem MMA-Komplex entgegengewirkt.“ Insbesondere bei Jungsauen sei auf die hohen Calciumgehalte bei Kleegras zu achten, damit das Verhältnis Calcium zu Phosphor im Lot bleibt und es zu keinen Schwergeburten kommt.

In Trenthorst habe man jedoch die Beobachtung gemacht, dass sich die Sauen an höheren Calciumgehalte gewöhnen können. Nicht immer sei es notwendig, Bioferkel mit besonders hochwertigen Komponenten zu füttern, die zudem in aller Regel nicht vom Betrieb selbst stammen. In eigenen Versuchen wurde festgestellt, dass auch mit abgesenkten Gehalten im Hauptfutter und der Gabe von guter Silage vergleichbare Aufzuchtleistungen erreicht werden können, ohne dass es zu negativen Auswirkungen auf Verluste und Tiergesundheit kommen müsse. Ähnliche Ergebnisse wurden auch in der Mast erzielt. „Die Schweine nehmen etwa 95 Prozent der angebotenen Silage auf“, berichtete Bussemas. Auch hier wurden fast identische Leistungen erzielt und die Ausschlachtung war kaum schlechter. „Früh geerntetes und damit gut verdauliches Kleegras kann somit zur Versorgung der Schweine einen wertvollen Beitrag leisten“, fasste Bussemas zusammen.

„Neue Wege“ aufzeigen, das hatte sich Dr. Gerhard Stalljohann, ehemaliger Referent für Schweinefütterung bei der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, vorgenommen und legte den Schwerpunkt auf die Fütterung der Ferkel und deren Darmgesundheit. „Bekommen Ferkel nach dem Absetzen direkt viel Getreide, kann das die Darmzotten geradezu abrasieren“, warnte Stalljohann. Er stellte alternative Rationen unter anderem aus Hafer- und Weizenflocken vor, deren Anteil langsam gesteigert werden solle. Beim Sojakuchen sei unbedingt darauf zu achten, dass er korrekt thermisch behandelt wurde. Der Rapskuchen dürfe nicht zu viel Restfett aufweisen, weil dies die Futteraufnahme senke. Bei der Fütterungstechnik empfiehlt Stalljohann Automaten, die nur wenig Futter herauslassen, so dass langsam gefressen und intensiv eingespeichelt wird. Das Einspeicheln trage mit 10 bis 15 % zur Verdaulichkeit bei. Mittels Fermentation lasse sich auch bei trockenen Futtermitteln die Verdaulichkeit sowohl der Nähr- als auch der Mineralstoffe erhöhen.

Tipps zum Stallbau

Martina Kozel von der Schweine-Fachberatung des Naturland-Verbandes stellte bauliche Details vor, die die Arbeit in Stall und Auslauf erleichtern und die Funktionsfähigkeit verbessern.

Ein schmaler Durchstieg zwischen den Abferkelbuchten erleichtert es dem Personal von einer Sau zur anderen zu gelangen. Um die Handarbeit zu verringern, setzen manche Betriebe auf eine vollautomatische Entmistung. Der Schieber erkennt dabei Widerstände, wenn Tiere sich in seiner Bahn aufhalten. Nur bei den ferkelführenden Sauen müssen die Tiere zunächst weggesperrt werden, weil die Saugferkel zu wenig Widerstand bieten, so dass sich die Schieberautomatik nicht ausstellen würde. Zur Staubbindung empfiehlt Kozel Vernebelungsanlagen, mit denen auch ätherische Öle ausgebracht werden können. Zur Abkühlung eignen sich kleine Suhlen im Übergang zwischen Stall und Auslauf, die die Tiere im Sommer mittels Tränkenippel selbst fluten können. Auch Scheuerpfosten und Bürsten tragen zum Wohlbefinden der Schweine bei. Da viele Bio-Schweinehalter in Altgebäuden mit Umbaulösungen arbeiten, müssten häufig individuelle Lösungen gefunden werden, die ein funktionierendes Haltungssystem und Arbeitswirtschaftlichkeit vereinen.

Tiergesundheitsmanagement

Nach Ansicht von Dr. Hendrik Nienhoff, Leiter des Schweinegesundheitsdienstes Niedersachsen, zielen zunächst alle Maßnahmen darauf ab, Erreger erst gar nicht in den Betrieb kommen zu lassen. Dabei sei zu beachten, dass manche Erreger, wie PRRS oder Influenza, über weite Strecken durch die Luft eingetragen werden können, während beispielsweise APP nur per Tröpfcheninfektion übertragen wird. Andere Erreger können über Sperma oder auch Ratten, die bei Futtermangel weite Strecken zurücklegen, in den Betrieb gelangen. „Die meisten Erreger werden aber über Tierzukauf oder Menschen hereingeholt“, betonte Nienhoff und führte als positives Beispiel das Landwirtschaftliche Bildungszentraum Echem an, bei dem durch konse-quente Hygienemaßnahmen bis hin zum obligatorischen Einduschen bis heute dafür gesorgt werden konnte, dass der Betrieb PRRS-frei ist. Bei Zukauftieren solle eine sechswöchige Quarantäne selbstverständlich sein, damit sich die fremden Tiere mit dem betriebseigenen Keimmilieu auseinandersetzen und das Immunsystem die neuen Erreger kennenlernen könne. Zur Gewöhnung könnten Läufer oder Altsauen zugestallt oder Kot in den Quarantänestall verbracht werden. Menschliche Nahrungsmittel sollten laut Nienhoff generell vom Stall ferngehalten werden, um auch damit das Risiko eines Erregereintrages zu minimieren.

„Die Wahrheit hängt am Haken“, so das erste Statement von Mirjam Lechner, Fachberaterin für Tierwohl bei der UEG Hohenlohe in Franken, denn hier sehe man die Ergebnisse von Haltung und Management. Leider würden die Tiere manche Auffälligkeiten während ihres Lebens nicht zeigen. „Magengeschwüre haben keinen Einfluss auf die Leistungen“, hob Lechner hervor, erhöhten aber das Risiko von Schwanzbeißen. Nach ihrer Erfahrung und mittlerweile auch wissenschaftlich belegt sei, dass die „Evolution jede Berechnung“ schlage, denn die Tiere seien in der Lage, sich entsprechend ihrer Bedürfnisse zu ernähren. Wenn beispielsweise dem Kraftfutter bestimmte Inhaltsstoffe fehlten, nähmen die Schweine vermehrt Raufutter auf. Eine extreme Raufutteraufnahme könne daher auch ein Hinweis auf ein mangelhaftes Hauptfutter sein. Ziel sei immer, das Mikrobiom, also die Bakterienflora im Darm, gesund zu erhalten und damit Entzündungen im Körper zu minimieren. „Entzündungen aktivieren das Immunsystem, was zu einem erhöhten Energie- und Eiweißbedarf führt“, erklärte Lechner. Fehlen dem Tier Nährstoffe, die im Futter nicht zur Verfügung stehen, könne es zu Verhaltensstörungen wie beispielsweise Lecksucht oder auch Schwanzbeißen kommen. „Erstlimitierend wirkt Wasser“, betonte Lechner und setzt daher auf „Saufkomfort“. Auch wenige Tage alte Saugferkel benötigen Wasser, vor allem die, die wenig an Milch kommen.

„Wir müssen einen Weg zum garantierten Langschwanz finden“, ist der Ansatz von Professor Dr. Dr. Gerald Reiner von der Universität Gießen. Dabei ist die Optimierung der Haltung und die Minderung von Aggression richtig, aber nur die „halbe Miete“. Zunehmend in den Vordergrund rücke das „Entzündungs- und Nekrosesyndrom beim Schwein“, wobei davon ausgegangen wird, dass ein Großteil der Schwanzläsionen durch Nekrosen und Entzündungen entstehen, die „von innen“ kommen. Ursache sind häufig bakterielle Abbauprodukte, die von Darm und Leber nicht abgebaut werden können, so dass sie in den Blutkreislauf gelangen. Über das zentrale Nervensystem werden die Vorgänge vom Körper wahrgenommen, die Futteraufnahme verringert und die Tiere fühlen sich krank. Die Lösung liege also in der Optimierung der Leber- und Darmgesundheit. Durch Verbesserung des Wasserangebots und Rohfasergaben werde die Entgiftung unterstützt und Entzündungen ließen sich verringern. Die Thermoregulation lässt sich durch wärmeableitende Bodenbereiche sowie Suhlen und Schalentränken verbessern. Ein weiterer Ansatzpunkt ist die Genetik, denn ein endogenes Syndrom lässt sich durch die Haltung zwar abmildern aber nicht beheben. In Versuchen konnte nachgewiesen werden, dass die Nachkommen der stabileren Eberlinien rund ein Drittel weniger Probleme hatten.

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