Isermeyer: "Wir können Energiewende"
Theoretisch kann sich Deutschland über Wind und Solar selbst ohne Importe mit Energie versorgen. Diesbezügliche Berechnungen stellte Professor Dr. Folkhard Isermeyer, Präsident des Thünen-Instituts, auf der Fachtagung der Deutschen Agrarforschungsallianz (DAFA) am 8./9. November 2022 in Berlin vor.
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Um allerdings bis 2040 klimaneutral zu sein, dafür brauche es einen „Doppelwums“ in der gesamten Gesellschaft, drückte der Wissenschaftler in Berlin gleichfalls drastisch wie ironisch die Dringlichkeit von Veränderungen aus.
In der Landwirtschaft brauche es dafür vor allem großer Veränderungen in der Landnutzung. Mit der möglichen geschätzten Energie, die man auf einem Hektar erzeugen könne, könne man die Versorgungssicherheit von rund 80 Mio. Menschen auch auf knapp 10 Mio. ha LN sichern, so seine überraschende Rechnung. „Wir können auf einem Hektar 30 bis 50 MWh erzeugen, mit Tierproduktion aber entsprechend weniger. Durch Fleischerzeugung verschwenden wir sehr viel Energie“, unterstreicht Isermeyer. Sonnen- und Windenergie würden dabei den Unterschied ausmachen. „Wir können Energiewende, ohne die Lebensmittelsicherheit zu gefährden“, bekräftigt er: „Wir könnten uns aus Wind und Sonne selbständig mit Energie versorgen!“
Nahrungsmittel-, Energie-, Industrierohstofflieferant und Ökodienstleister
Dabei ließen sich laut Isermeyer nach wissenschaftlichen Berechnungen auf immer weniger verfügbarer Agrarfläche alle Herausforderungen meistern, die die Landwirte vor der Brust haben. Setzt sich der bisherige Trend von Agrarlandschwund fort, würden in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts eventuell noch 15 Mio. ha LN verfügbar sein. Darauf müssten Landwirte Nahrungsmittel, Energie, Industriegrundstoffe und Ökosystemdienstleistungen erzeugen. Um gut 80 Mio. Menschen mit 10 Mio. ha LN zu erzeugen, müsse allerdings der Fleischkonsum und die Erzeugung tierischer Proteine eingeschränkt werden.
Zur Energieversorgung über Sonne und Wind reichten theoretisch 1 bis 2 Mio. ha Freiflächen-PV plus Wind zur Komplettversorgung aus. Um Petrochemie zu ersetzen, würden ca. 20 Mio. t Kohlenstoffrohstoffe benötigt. Dafür brauche es unter Umständen einen Flächenbedarf, abhängig vom Rohstoffmix, von 5 Mio. ha. Bezüglich des Klimaschutzes sei es das Ziel, ca. 1 Mio. ha landwirtschaftlich genutzter Moorbodenflächen wieder zu vernässen. Die Expansion der Naturschutzflächen für den Umweltschutz sei politisch determiniert. Hierbei sollte aber nicht einfach, so Isermeyer „Quadratmeter Naturschutz in die Fläche geknallt werden“. Denn Fläche bleibe insgesamt knapp: Biotopverbünde und kluge Ko-Nutzungen seien anzustreben.
Mehr zur DAFA-Tagung „Landnutzung im Wandel“ und zu den Berechnungen von Prof. Folkhard Isermeyer z5ur Eigenversorgung mit Wind- und Sonnenenergie lesen Sie in der nächsten BWagrar 46/2022.
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