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Rukwied: Landwirtschaft hat Zukunft

Perspektiven trotz Hürden

Die Landwirtschaft hat Zukunft! Davon ist Joachim Rukwied trotz aller Hürden fest überzeugt. Der Präsident des Deutschen (DBV) und des Landesbauernverbandes (LBV) begründet das beim Bauerntag Heilbronn-Ludwigsburg am 4. Februar 2016 in Ilsfeld-Auenstein (Landkreis Heilbronn) vor allem mit der guten Ausbildung, den Fortschritten in der Technik und dem kaufkräftigen heimischen Markt.
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Überzeugende Rede beim Bauerntag Heilbronn-Ludwigsburg: Präsident Joachim Rukwied (links); von rechts: Kreisvorsitzender Eberhard Zucker, Landrat Detlef Piepenburg, stv. Kreisvorsitzender Helmut Eberle in der Tiefenbachhalle in Ilsfeld-Auenstein (Landkreis Heilbronn).
Überzeugende Rede beim Bauerntag Heilbronn-Ludwigsburg: Präsident Joachim Rukwied (links); von rechts: Kreisvorsitzender Eberhard Zucker, Landrat Detlef Piepenburg, stv. Kreisvorsitzender Helmut Eberle in der Tiefenbachhalle in Ilsfeld-Auenstein (Landkreis Heilbronn).Krehl
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Ilsfeld-Auenstein (Landkreis Heilbronn), 4. Februar 2016

Die Landkreise Heilbronn und Ludwigsburg stünden wirtschaftlich gut da. Zu dieser Aussage des Heilbronner Landrats Detlef Piepenburg in der voll besetzten Tiefenbachhalle betont Rukwied, die Landwirtschaft trage ihren Teil dazu bei. Er nennt auch die Infrastrukturmaßnahmen, welche den Landwirten viel Fläche entziehe: „das kann so nicht weitergehen! Über den Flächenausgleich müssen wir uns unterhalten!“

Hürden als Herausforderung

Beispielhaft spricht der Bauernpräsident folgende Hürden an, welche die Landwirte herausfordern.

Die teils kritische Sicht in der Öffentlichkeit über die Landwirtschaft verfehle am Ende nicht ihre Wirkung, auch wenn sie nicht zutreffend sei. Rukwied, selbst landwirtschaftliche Unternehmer, verweist auf die von ihm in seiner über 40-jährigen Erinnerung erlebten und mit umgesetzten Fortschritte in der Pflanzenerzeugung und Tierhaltung. Die Betriebe seien innovativ und bereit, die Anforderungen der Gesellschaft umzusetzen. Allerdings koste das Geld, welches sich derzeit in den schlechten Erzeugerpreisen nicht wiederfinde.

Die missliche Einkommenslage hatte er eingangs dargestellt, ganz ohne zu jammern. Danach erwarten die Fachleute von Buchstellen und Kammern nach den Einbußen von bundesweit durchschnittlich 35 Prozent 2014/15 weitere Rückgänge im laufenden Wirtschaftsjahr von 17 bis zu 30 Prozent.

Die Öffentlichkeitsarbeit für den Berufsstand gilt es zu verstärken. So können teils unseriöse Aussagen durch sachliche Argumente in der Öffentlichkeit entkräftet werden. Das solle nicht besserwisserisch geschehen. Vielmehr gelte es, stärker die neuen Medien zu nutzen. Rukwied sieht hier noch deutliches Potenzial und setzt unter anderem auf den Berufsnachwuchs.

Den landesweiten Aktionstag zum Schweinefleisch im Januar stellt Rukwied als gelungenes Beispiel für die Öffentlichkeitsoffensive des Bauernverbandes heraus. Er verbindet das mit dem ausdrücklichen Dank an alle Beteiligten in den Kreisen Heilbronn, Ludwigsburg und darüber hinaus im ganzen Land.

In der Öffentlichkeitsarbeit grundsätzlich noch besser zu werden, hält der Präsident für überaus wichtig, um eine mögliche Fehlleitung der Politik infolge einseitiger Aktivitäten landwirtschaftskritischer Verbände möglichst zu verhindern.

Bei der Novelle der Dünge-Verordnung, deren Entwurf derzeit in Brüssel beurteilt wird, gilt es, die Auswirkungen auf die Praxis zu bedenken. So bei der Verkürzung der Ausbringungsfrist. Dies sei von Praktikern schwer zu verstehen, zumal die klimatischen Veränderungen in den vergangenen Jahrzehnten zusätzlich 18 Vegetationstage erbracht haben.

Die NEC-Richtlinie mit ihrem vorgesehenen Bestimmungen zur Emmissionsverringerung, wenn sie denn wie vorgesehen kommt, würde unter anderem die Tierhaltung in Deutschland massiv reduzieren. Da in diesem Betriebszweig im Durchschnitt das Haupteinkommen erzielt wird, ist das für Rukwied nicht akzeptabel.

Den Mindestlohn, welcher 2017 auf neun Euro je Stunde steigt, bezeichnet Rukwied als „einseitigen Eingriff“. Da jedoch nicht zugleich ein Mindestpreis eingeführt wurde und in anderen EU-Staaten der Mindestlohn bei knapp über einem bis zu drei Euro je Stunde läge, bedeute das immense Wettbewerbsverzerrungen. Das kleinstrukturierte Baden-Württemberg mit seiner Vielfalt an arbeitsintensiven Sonderkulturen sei dabei besonders betroffen.

Im Lebensmitteleinzelhandel sei die Konzentration zu hoch. Deshalb hat Rukwied kein Verständnis für die sich abzeichnende Ministererlaubnis der Übernahme von Kaiser's Tengelmann durch Edeka. Das würde "uns als Erzeuger weiter schwächen!"

Für die Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP) befürwortet der Bauernverband grundsätzlich Verhandlungen. Einen Abschluss würde er jedoch nur akzeptieren, wenn die europäischen Standards nicht unterschritten werden. Anderenfalls hätten die EU-Landwirte "keine Chance gegen die US-Kollegen!" Derzeit habe er „kein gutes Gefühl". Die fehlende Einsicht in die Verhandlungsunterlagen stimmt ihn nachdenklich. Rukwied erwartet von der EU-Kommission, "hart zu verhandeln und europäische Standards durchzusetzen“.

Einige wichtige Erfolge erzielt

Was tut der Bauernverband angesichts der schwierigen Einkommens- und Finanzlage? Rukwied listet gleich im ersten Teil seiner engagierten Rede eine Fülle von Aktivitäten, Gesprächen und Forderungen auf. Und einige für die Bauernfamilien wichtigen Erfolge können selbst Kritiker dem Verband nicht absprechen. Drei wichtige Beispiele:

  1. So hat der Lebensmitteleinzelhandel nach intensiven Gesprächen im Sommer vergangenen Jahres von seinem Vorhaben abgesehen, die Preise für einen Teil seines Segmentes an Molkereiprodukten zu senken, sondern hat diese vielmehr angehoben. Das war nicht nur ein auch psychologisch wichtiges Signal, sondern brachte Milcherzeugern durchschnittlich ein Plus von gut einem Cent je Liter Milch.
     
  2. Gelungen ist es zudem, ein Großteil der Superabgabe in Form des EU-Liquiditätshilfe-Programmes in die Landwirtschaft zurückzuführen.
     
  3. Weiterhin wurden die staatlichen Mittel für die Berufsgenossenschaft im laufenden Jahr um 78 Millionen Euro aufgestockt, woraus sich eine Beitragsverringerung von durchschnittlich 16 Prozent ergibt.

Ohne Landwirtschaft kann kein Land existieren

Der Bauernverband arbeitet an zahlreichen aktuellen Themen und Herausforderungen, für welche es durchaus Lösungsansätze gibt, fasst Rukwied zusammen. Landwirtschaft habe Zukunft! Daran glaubt er. Denn ohne Landwirtschaft könne kein Land existieren.

Es gebe aktuell zwar Risiken, aber auch Chancen. Rukwied verweist auf die Verbraucher "vor der Haustür" und die Stärke unserer Agrar- und Ernährungswirtschaft. “Wenn wir gemeinsam im Verband von unten bis oben einig sind, uns die Politik und Verwaltung unterstützt, haben wir Zukunft!", macht er unter großem Applaus den Zuhörern Mut.

Maßnahmen für die Kehrtwende

Eine Patentrezept zum Einleiten der notwendigen Kehrtwende in der Markt-Einkommenssituation sieht Eberhard Zucker nicht, wie der Vorsitzende des Bauernverbandes Heilbronn-Ludwigsburg gleich zu Beginn seiner Einführung in den Bauerntag bekennt. „Nischen suchen" oder "Umstellen auf Bio" sei zwar für den einen oder anderen Betrieb eine Option. Jedoch müsse man zusätzlich nach anderen Möglichkeiten suchen. Ein Problem dabei stelle die hohe Konzentration im Lebensmitteleinzelhandel dar. Beispielsweise sollten die Verantwortlichen in den Molkereien "über ihren Schatten spring und über die Bündelung von Teilen ihrer Milchmenge nachdenken", fordert der Kreisvorsitzende mehr gemeinsames Denken für die Landwirtschaft im nachgelagerten Wirtschaftsbereich.

Die Realität an der Ladentheke

Anlässlich des vom Bauernverband Heilbronn-Ludwigsburg unterstützten landesweiten Aktionstages Schweinefleisch berichtet Zucker von folgendem Ereignis: eine Passantin wollte von den 12-Cent-Würsten gleich Dutzende Verpackungen mitnehmen. Den Sinn der Aktion hatte sie offensichtlich nicht wirklich verstanden. Doch in der Realität an der Ladentheke steht diese Mitbürgerin womöglich exemplarisch für das Einkaufsverhalten vieler anderer, meint Zucker.

Zwei Drittel der Deutschen sprächen sich gegen Massentierhaltung aus. Ihr ein Kaufverhalten stünde dem jedoch völlig entgegen. Hier müssen die Landwirte in der Öffentlichkeit mehr aufklären. Ebenso sei es notwendig, das eigene Handeln immer wieder zu hinterfragen. Öffentlichkeitsarbeit müsse von allen Berufskollegen betrieben werden, appelliert Zucker.

Positive Wirkung der eigenen Arbeit

Jeder Landwirt solle so auftreten, dass seine Arbeit an sich schon positiv nach außen wirkt. Gegenseitige Rücksichtnahme auf den Feldwegen, auch deren Reinigung, sensibles Vorgehen beim Ausbringen von Gülle – das seien alles zwar nur Kleinigkeiten. Diese könnten aber bereits viel bei den Mitbürgern bewirken, betont der Kreisvorsitzende. Das ändere zwar sicherlich nichts am Preisniveau, könne jedoch die Einstellung zu Landwirtschaft innerhalb unserer Gesellschaft positiv gestalten.

Unterschiedliche Ausrichtung, selbes Ziel

Froh äußert sich Zucker über die gute Entwicklung des Verhältnisses zwischen Öko- und konventionellen Landwirten vor Ort: „Wir sind Kollegen mit unterschiedlicher Ausrichtung, aber mit demselben Ziel: Gesunde Nahrungsmittel in ausreichender Menge und hervorragender Qualität zu erzeugen und auf unsere Tiere und unsere Umwelt zu achten.“

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