Wettbewerbsgleichheit in Europa auch für Schäfer
Die Vereinigung der Deutschen Landesschafzuchtverbände (VDL) fordert die Bundesregierung auf, sich zeitnah - vor dem 1. August 2018 - bei der EU-Kommission für die Einführung einer Weidetierprämie für Schafe in Deutschland stark zu machen. Mit der fristgerechten Mitteilung soll die Einführung der Weidetierprämie zum Jahresbeginn 2019 möglich werden. Der Landesschafzuchtverband Baden-Württemberg unterstützt diese Forderung, teilt die in Stuttgart ansässige Interessenvertretung der Schäfer in Baden-Württemberg heute in einer Pressemitteilung mit.
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Im Jahr 2005 wurden im Bundesgebiet 2,64 Millionen Schafe gezählt. Im Jahr 2014 waren es noch 1,6 Millionen Schafe. Das entspricht einem Rückgang von 40 Prozent der kleiner Wiederkäuer in einem Zeitraum von zehn Jahren.
Die Schafhaltung in Deutschland wurde bis 2004 über die „Mutterschafprämie“ gefördert. Schafhalter, die mehr als sieben Mutterschafe in ihrem Bestand gehalten haben, bekamen pro Mutterschaf maximal 28 Euro Prämie. Mit der Agrarreform wurde diese Förderung gestrichen und die Flächenprämie eingeführt. Das führtelaut Landesschaftzuchtverband (LSV) dazu, dass viele der Flächen nicht mehr durch Schafe und Ziegen beweidet wurden und die Anzahl der zur Beweidung benötigten Schafe und Ziegen reduziert worden ist. Viele Flächen-Eigentümer gingen dazu über, auf Wiesen und Weiden Heu zu gewinnen oder nur eine Mulchmahd durchzuführen, um in den Genuss der Flächenprämie zu kommen.
FFH-Flächen benötigen Schafe und Ziegen zur Pflege
Diese Art der Flächenpflege sei einfacher als eine zeitaufwendige und arbeitsintensive Beweidung der Flächen mit Schafen und Ziegen, schreibt der LSV in der Mitteilung. Die gewährte Flächenprämie decke bei der maschinellen Bewirtschaftung die Kosten des Bewirtschafters; aber sie sei nicht kostendeckend bei der Beweidung der Flächen.
Mit Einführung der Flächenprämie sei es zum Kampf um Grünlandflächen gekommen. Schaf- und Ziegenhaltung finde seither überwiegend nur noch auf Naturschutzflächen, in Steillage-Gebieten oder auf Dämmen und Alpen statt. Diese Flächen befänden sich überwiegend im Besitz von Bund, Kommunen oder dem Land. Der Bund trage, so der LSV, für diese Flächen europaweit jedoch eine besondere Verantwortung.
FFH-Flächen müssen in ihrem artenreichen Zustand erhalten werden, sind streng geschützt und dürfen sich nach dem Naturschutzrecht nicht verschlechtern. Viele dieser FFH-Flächen seien nur durch die Beweidung mit Schafen und Ziegen entstanden und könnten auch nur durch die Beweidung mit Schafen und Ziegen in ihrem Zustand erhalten bleiben. Oftmals sei bei Nutzung der Agrarum-weltprogramme ein Mindestanteil an Ziegen in den Schafherden zur Sicherstellung des Verbisses von unerwünschtem Baumbewuchs erforderlich.
Wertvolle Naturflächen werden immer weniger gepflegt
Allerdings sei schon jetzt ersichtlich, dass Landschaftsschutzgebiete, Naturschutzgebiete, Dämme, Alpen und FFH-Flächen nicht mehr oder nicht mehr ausreichend gepflegt werden. Dieser Trend werde in den nächsten Jahren anhalten, sofern die Schäfer keine „aufwandsgerechte“ Entlohnung für Ihre Leistungen erhalten würden. Wenn diese Aufgaben seitens des Bundes nicht mehr erfüllt werden, könne es im Gegenzug es zu einem Anlastungsverfahren durch die EU kommen, teilt der LSV mit.
Der Nährstoffgehalt von FFH-Flächen ist im Vergleich zum Grünland sehr gering. Um fruchtbare Muttertiere und marktgerechte Lämmer zu erzeugen, müssten die Schafe und Ziegen mit teurem, zugekauftem Futter versorgt werden. Auch dies habe die Situation der Betriebe mit Einführung der Flächenprämie verschlechtert.
Schafe sorgten ressourcenschonend, artgerecht und regional für hochwertige Lebensmittel. Sie nehmen eine wichtige Aufgabe in der Landschaftspflege wahr, die weder durch andere Tierarten noch durch Maschinen in der gleichen Qualität erbracht werden könne. Die kleinen Wiederkäuer garantierten mit ihrer speziellen Arbeitsweise Biodiversität in den unterschiedlichsten Landschaftstypen und sorgten für Erosionsschutz.
Die Weidetierhaltung ist die natürliche Form für die Haltung von Raufutter verzehrenden Nutztieren. 2010 ließen 93 Prozent der Schafhalter in Deutschland ihre Schafe weiden. Die beweidete Fläche betrug 431.000 Hektar, was rund neun Prozent des Dauergrünlands entsprach. Das gilt als gesellschaftlich erwünscht. Zudem, so der LSV, müsse man hervorheben, dass die heutige Kulturlandschaft im ländlichen Raum maßgeblich durch Beweidung geformt worden sei und heutzutage erhalten wird.
Beweidetes Grünland diene der CO2-Senkung und damit dem Klimaschutz. Entfällt diese Art der Landschaftspflege, könne das das Aus für viele Pflanzen und Insektenarten bedeuten. Bei der Deichpflege sorgten die Schafe mit ihrem so genannten goldenen Tritt für den Erhalt der Deiche und damit für die Sicherheit der Menschen hinter den Deichen.
Schäfern fehlt es Nachwuchs
Nicht zuletzt bieten die Tiere Schäfern Arbeitsplätze in einem traditionellen Beruf, der nachhaltige Produktion im ganzheitlichen Ansatz sicherstelle – obwohl viele Schäfer an der landwirtschaftlichen Einkommensskala am unteren Ende stehen. Der Berufsstand unterliege stark der demografischen Entwicklung und auf Grund der fehlenden Perspektiven einem Mangel an Berufsnachwuchs. Sind in Deutschland bald auch die Schäfer auf einer Roten Liste der vom Aussterben bedrohten Berufe zu finden?
In 22 EU-Mitgliedstaaten werden Weidetierprämien für die Schafhaltung gezahlt. Diese Prämien sind aus Sicht der Europäischen Kommission wesentlich für eine Stabilisierung der Schafhaltung auf EU-Ebene. Der Rückgang der Schafhaltung in Deutschland seit 2005 ist im Wesentlichen auf die Entkoppelung und das Fehlen einer gekoppelten Prämie zurückzuführen.
Um diese Fehlentwicklung zu korrigieren und zumindest eine Stabilisierung der Schafzahlen in Deutschland zu erreichen, sei dringend, das heißt vor der nächsten GAP-Reform, die Einführung einer Weidetierprämie für die Schafhaltung erforderlich. "Wir fordern Wettbewerbsgleichheit in Europa auch für deutsche Schafhalter", betont der Landesschafzuchtverband (LSV) in der Mitteilung.
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