Hoffmann: "Subventionen führen automatisch zu Bürokratie"
Noch zwei Wochen bis zur Bundestagswahl. Wir stellen Kandidatinnen und Kandidaten aus Baden-Württemberg näher vor. Im Mittelpunkt stehen dabei die persönlichen Einstellungen und Motivationen. Diese Woche: Dr. Christoph Hoffmann, FDP.
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In der Reihe der Kandidaten-Interviews haben wir mit Dr. Christoph Hoffmann gesprochen. Der 63-Jährige sitzt seit 2017 für die FDP im Bundestag.
BWagrar: Herr Dr. Hoffmann, bitte stellen Sie sich kurz unseren Leserinnen und Lesern vor und beschreiben Sie bitte kurz Ihren Bezug zum Thema Landwirtschaft.
Hoffmann: Ich bin im schönen Markgräflerland, zwischen Freiburg und Basel geboren. Hier hat uns Landwirtschaft immer umgeben, vor allem Weinbau. Ich war immer ein Freund der Natur. Mein Vater war Landarzt und Ornithologe. Ich habe in Freiburg Forstwissenschaften studiert und war dann ungefähr 25 Jahre in der öffentlichen Forstverwaltung tätig. Im Rahmen meiner Dissertation habe ich mich intensiv mit Forstpflanzenzüchtung beschäftigt. Ich war dann zehn Jahre Bürgermeister einer kleinen Gemeinde. Wenn ich in dieser Zeit Jubilaren gratulieren durfte, habe ich sie oft gefragt, was denn das Schönste in ihrem Leben war. Sehr oft kam die Antwort „in den Reben“. Zu sehen, wie etwas wächst, wie etwas entsteht und wie man das mit eigener Arbeit beeinflussen kann, einfach draußen zu sein.
BWagrar: Wie sieht für Sie Landwirtschaft im Jahre 2050 aus?
Hoffmann: Die kleinteilige Struktur mit vielen Sonderkulturen hier im Süden sehe ich als die Zukunft. Aufgrund der Lage und des Klimas können wir hier im Südwesten spezielle Produkte herstellen. Ich denke, dass sich das Spektrum sogar noch erweitern wird. Ich glaube, dass Mega-Transporte rund um den Globus zurückgehen werden. Und deshalb wird heimischer Ernährung eine höhere Bedeutung zukommen. Mein Zukunftsbild ist, dass wir hier eine spezialisierte, aber auch hochtechnisierte Landwirtschaft haben werden, die einen verminderten Pflanzenschutz- und Düngeaufwand hat. Also intelligente Lösungen, die unsere Kostennachteile eliminieren.
BWagrar: Wenn wir von Agrarpolitik sprechen, sprechen wir häufig von EU-Politik. Wie sehen Sie die Rolle des Bundestags und wo sehen Sie Ihren Gestaltungsspielraum?
Hoffmann: Natürlich haben wir enge Grenzen der Gestaltungsmöglichkeiten. Aber genau hier müssen wir aufhören, bei Regelungen diese deutsche Detail-Schippe noch obendrauf zu legen. Die EU handelt ja nicht völlig unabhängig von den nationalen Parlamenten. Wenn eine deutsche Landwirtschaftsministerin auf dem EU-Gipfel ist, dann hat sie dort schon etwas zu sagen. Deshalb ist es wichtig, dass wir eine Ministerin oder einen Minister bekommen, die/der im Sinne unserer Landwirtschaft agiert.
BWagrar: Gehen wir davon aus, dass es Ihnen gelingt, ein Mandat zu erlangen. Was möchten Sie persönlich in der nächsten Legislaturperiode erreichen?
Hoffmann: Für mich ist der Bürokratieabbau das Megathema. Die Landwirtschaft ist weitgehend auch von EU-Bestimmungen geprägt. Deutschland und auch jedes Bundesland hat die Bestimmungen immer noch an Genauigkeit, Verboten und Umständlichkeiten erhöht – und das muss ein für alle Mal aufhören. Wir brauchen gleiche Rahmenbedingungen innerhalb der EU. Es kann nicht sein, dass ein Pflanzenschutzmittel im Land A erlaubt ist und in anderen Ländern nicht. Digitalisierung ist das zweite Thema. Frau Karliczek, CDU (Anm. der Red.: Bundesministerin für Bildung und Forschung) hat in dieser Legislaturperiode ja noch gesagt, man brauche nicht 5G an jeder Milchkanne – aber in der Landwirtschaft ist das genaue Gegenteil der Fall.
BWagrar: In den letzten Jahren haben immer mehr Landwirte ihrer Unzufriedenheit mit der Agrarpolitik öffentlich Luft gemacht. Trecker-Demos in Berlin und vielen anderen Städten. Was sagen Sie diesen Landwirten?
Hoffmann: Wir haben Land schafft Verbindung seitens der FDP unterstützt, weil wir die Anliegen für gerechtfertigt halten. Wir haben viele enteignungs-ähnliche Eingriffe, die man sich nicht unbedingt gefallen lassen muss. Es geht ja nicht darum, dass jemand sagt, er möchte 50 Euro mehr Monatslohn haben, wie das auf einer anderen Demonstration der Fall sein könnte. Landwirte sind in aller Regel Unternehmer, da geht es um Existenzen. Das Problem sind die Rahmenbedingungen, die so sein müssen, dass LandwirtInnen hochwertige Lebensmittel erzeugen können. Der Selbstversorgungsgrad hat in vielen Bereichen stark abgenommen. Wir können und dürfen nicht einfach unsere Agrarflächen nach Südamerika oder Afrika verlegen.
BWagrar: Wir wollen Sie in diesem Interview persönlich etwas besser kennenlernen. Trotzdem können wir die Schlagworte, mit denen die Landwirtschaft sich gerade beschäftigt, nicht außen vor lassen. Bitte kommentieren Sie diese jeweils so kurz und knapp wie möglich:
Hoffmann: Fördermittel: Als FDP sind wir keine Freunde von Fördermitteln, denn Subventionen führen immer zu Bürokratie. Besser ist für uns die Befähigung, aus eigener Kraft und aus eigenen Flächen Produkte herzustellen, die sich am Markt bewähren. PSM-Reduktion: Wir werden in unseren Breiten mit bestimmten Pflanzenschutzmitteln weiterleben müssen. Aber wir können die Mittel besser dosieren und manche Mittel ersetzen. Die großen Reserven liegen für mich aber in der Pflanzenzüchtung. Biodiversität: Biodiversität ist wichtig für uns. Aber wir müssen auch erkennen, dass Deutschland nicht die genetische Küche der Welt ist. Die ist eher in den tropischen Breiten zu finden. Wir müssen darauf achten, dass wir unsere einheimische Vegetation, die für uns typisch ist, schützen. Aber nicht irgendwelche Exoten.
BWagrar: Warum engagieren Sie sich politisch und bewerben sich um ein Mandat?
Hoffmann: Wir haben von unseren Vätern ein sehr wohlhabendes, gut funktionierendes Land geerbt. Das zu verteidigen ist meine Aufgabe. Ich möchte diesem Land etwas zurückgeben, denn mir ging es gut in diesem Land. Ich war immer gemeinnützig orientiert. Auch als Förster ist man das: gemeinnützig orientiert über Generationen. Als Bürgermeister hat es mich dann wahnsinnig geärgert, dass die grün-rote Landesregierung uns Kommunen jede Woche irgendwelche neuen bürokratischen Vorschriften auf den Tisch gelegt hat, die zum Teil komplett sinnlos waren und nur die Verwaltung vergrößert haben. Deshalb war es mir ein Anliegen zu sagen, dass wir mit dieser Megabürokratie aufhören müssen. Die bringt das Selbstbestimmungsrecht der Kommunen in Gefahr und lähmt die Wirtschaft. Wir übertreiben das komplett. Das war für mich die Motivation, in den deutschen Bundestag zu gehen. Ich bin dort stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft und vertrete die differenzierte Landwirtschaft Südbadens und beschäftige mich mit dem Thema „Wald“ in allen Facetten.
BWagrar: Herr Dr. Hoffmann, Ihr Schlusssatz. Landwirtschaft ist für mich …
Kenk: … Zukunft.
In Baden-Württemberg haben 27 Parteien eine Liste zur Bundestagswahl beim Landeswahlleiter eingereicht. Wir konzentrieren uns auf die im aktuellen 19. Bundestag vertretenen Parteien. Bis zur Wahl am 26. September werden Sie jede Woche in alphabetischer Reihenfolge Interviews der AfD, Bündnis 90 / Die Grünen, CDU, Die Linke, FDP und SPD lesen.
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