Rief: "Ich wollte nie was anderes werden als Landwirt"
Noch sechs Wochen bis zur Bundestagswahl. Wir stellen Kandidatinnen und Kandidaten aus Baden-Württemberg näher vor. Im Mittelpunkt stehen dabei die persönlichen Einstellungen und Motivationen. Diese Woche: Josef Rief, CDU
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Josef Rief ist Landwirtschaftsmeister. Seit 2009 sitzt der 61-Jährige für die CDU im Bundestag.
BWagrar: Herr Rief, bitte stellen Sie sich kurz unseren Leserinnen und Lesern vor und beschreiben Sie bitte kurz Ihren Bezug zum Thema Landwirtschaft.
Rief: Ich habe einen landwirtschaftlichen Betrieb, den ich bis zu meinem Einzug in den Bundestag alleine geführt habe. Seitdem führt den Betrieb ein Verwalter, gerade jetzt, zur Erntezeit, helfe ich aber auch noch mit. So bin ich dieses Jahr auch schon Mähdrescher gefahren. Wir halten Schweine, im geschlossenen System mit etwa 100 Mutterschweinen, knapp 50 Hektar Ackerland und ein wenig Forst. Ich bin verheiratet, habe drei Kinder. Mein ältester Sohn studiert Landwirtschaft und könnte den Hof vielleicht einmal übernehmen, wenn er das will.
BWagrar: Wie sieht für Sie Landwirtschaft im Jahre 2050 aus?
Rief: Landwirtschaftliche Betriebe – Familienbetriebe – werden auch zukünftig multifunktionale Aufgaben erfüllen. Das sind Ernährung, Klimaschutz, Energieerzeugung und Biodiversität, aber auch eine Erholungsfunktion. Ich hoffe, dass auch in Zukunft in Süddeutschland kleinere Betriebe langfristig ein Einkommen erwirtschaften können. Wenn das nicht funktioniert und das Bauernbashing weitergeht, das wir gerade erleben, verliert die junge Generation die Motivation. Zusätzliche Auflagen, die nicht ausgeglichen werden, führen dazu, dass Land an große Kapitalgesellschaften oder gleich an den Staat fallen wird. Mit der Folge, dass dann nur noch optimale Lagen bewirtschaftet werden und wir die gesamten Lebensmittel aus dem Ausland importieren müssten. Auch die Landschaft würde versteppen und eintöniger werden. Ich glaube, dass Landwirtschaft auch über das Jahr 2050 hinaus die Aufgabe haben wird, uns mit hochwertigen Lebensmitteln zu versorgen, zunehmend CO2-neutral. Hier haben wir einen großen Zielkonflikt, zwischen Klimaschutz und Biodiversität. Ich glaube schon, dass wir mit hohen Erträgen und guten Ernten letzten Endes den Klimawandel bekämpfen können. Extensivierung würde dazu führen, dass wir mehr vom Ausland importieren müssen. Wir müssen aber auch schauen, welche Anforderungen die Gesellschaft an die Landwirtschaft stellt und ob diese über den Markt erfüllbar sind, oder ob der Staat ausgleichen muss, wenn die Anforderungen an den Anbau oder auch das Tierwohl höher sind.
BWagrar: Gehen wir davon aus, dass es Ihnen gelingt, ein Mandat zu erlangen. Was möchten Sie persönlich in der nächsten Legislaturperiode erreichen?
Rief: Die Schuldenbremse halte ich für besonders wichtig. Wir dürfen den finanziellen Spielraum unserer Kinder und Enkelkinder nicht heute schon rücksichtslos verbauen. Wir brauchen gesamtgesellschaftliche Nachhaltigkeit, die Finanzen, Klimaschutz und Biodiversität einschließt. Am liebsten wäre mir natürlich eine Alleinregierung. Aber wir müssen mit allen demokratischen Parteien koalitionsfähig sein, mit Ausnahme von der AFD und den Linken, da diese teilweise extreme Ansichten haben, was Gesellschafts- und Agrarpolitik anbelangt. Landwirtschaftlich gesehen ist die Herausforderung, dass wir die europäischen Vorgaben 1:1 umsetzen und nicht darüber hinaus. Wie zum Beispiel bei der Ferkelkastration, wo wir höhere Aufwände haben. Beim Umbau von Tierwohl-Ställen hat die EU Förderungen von bis zu 80 Prozent in Aussicht gestellt. Hier müssen wir dringend den gesetzlichen Rahmen schaffen, dass überhaupt die Genehmigungen erteilt werden können.
BWagrar: In den letzten Jahren haben immer mehr Landwirte ihrer Unzufriedenheit mit der Agrarpolitik öffentlich Luft gemacht. Trecker-Demos in Berlin und vielen anderen Städten. Was sagen Sie diesen Landwirten?
Rief: Dass Unzufriedenheit da ist, kann ich verstehen. Der Punkt ist aber, die Landwirtschaft ist ein kleiner Bereich, deshalb sollte man darauf bedacht sein, die Kräfte zu bündeln und sie nicht zu zersplittern. Natürlich haben wir heute die unterschiedlichsten Anforderungen und auch unterschiedlichste Interessen innerhalb der Landwirtschaft. Der Veredelungsbetrieb beispielsweise ist natürlich nicht darauf erpicht, dass Getreide besonders viel kostet, was der Ackerbauer natürlich ganz anders sieht. Der entscheidende Punkt ist einfach, dass wir den Landwirten klar machen müssen, dass sie Gehör finden in der Politik und dass keine willkürliche Politik gemacht wird, die an den Erfordernissen vorbeigeht. Ich weiß, wovon ich spreche, bis 2002 habe ich alle meine Schweine auf Stroh gehalten. Mir muss niemand sagen, was Einstreu, Ausmisten, letztendlich Tierwohl heißt. Wir halten heute noch einen Teil der Schweine auf Stroh, auch wenn es arbeitswirtschaftlich schwierig ist.
BWagrar: Was sagen Sie als Tierhalter zu den Ergebnissen der Borchert-Kommission?
Rief: Das Interessanteste finde ich, dass die Kommission ja klipp und klar sagt, wenn wir mehr Tierwohl erreichen wollen, und die höheren Aufwendungen nicht von der Gesellschaft bezahlt werden können, dann muss es der Staat tragen. Dass das so fixiert wurde, halte ich für wichtig. Denn aktuell sehen wir, dass der Lebensmitteleinzelhandel vorprescht, ohne den Landwirten Preisgarantien zu geben. Ideal wäre natürlich, wenn die Borchert-Vorschläge europaweit oder sogar weltweit gelten würden.
BWagrar: Wir können in diesem Interview die Schlagworte, mit denen die Landwirtschaft sich gerade beschäftigt, nicht außen vor lassen. Bitte kommentieren Sie diese jeweils so knapp wie möglich:
Rief: Fördermittel sind nötig, um wichtige Zukunftsinvestitionen anzustoßen und unsere Ziele, wie jetzt beispielsweise mit dem Investitionsprogramm, einfach umsetzen zu können. PSM-Reduktion ist mit Spitzentechnik möglich, schützt Umwelt und Natur und spart im Optimalfall Kosten. Biodiversität brauchen wir überall, nicht nur in der Landwirtschaft. Allerdings gibt es einen Zielkonflikt zwischen Klimaschutz und Biodiversität, den müssen wir versuchen zu lösen.
BWagrar: Warum engagieren Sie sich politisch und bewerben sich um ein Mandat?
Rief: Mein Großvater und mein Vater waren auf Gemeindeebene politisch aktiv. Ich war dann in der Fremdlehre und mein Chef war im Stadtrat. Hier habe ich zum ersten Mal politische Intrigen mitbekommen. Das war für mich der Auslöser, mich politisch zu engagieren, um etwas gegen solche Machenschaften zu tun. Über Stadtrat, Kreistag ging der Weg dann weiter bis zur Kandidatur für den Bundestag. Eigentlich wollte ich nie etwas anderes werden als Landwirt. Aber es gibt manchmal Dinge im Leben, wenn man mit denen nicht einverstanden ist, muss man halt selber ran, um sie zu ändern.
BWagrar: Herr Rief, Ihr Schlusssatz. Landwirtschaft ist für mich …
Rief: … nach Jäger und Sammler der älteste Beruf und da es ums tägliche Überleben geht, auch der wichtigste.
In Baden-Württemberg haben 27 Parteien eine Liste zur Bundestagswahl beim Landeswahlleiter eingereicht. Wir konzentrieren uns auf die im aktuellen 19. Bundestag vertretenen Parteien. Bis zur Wahl am 26. September werden Sie jede Woche in alphabetischer Reihenfolge Interviews der AfD, Bündnis 90 / Die Grünen, CDU, Die Linke, FDP und SPD lesen.
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