
Die Kühe richtig mit Wasser versorgen
Wasser ist ein essenzieller Nährstoff zur Aufrechterhaltung lebenswichtiger Funktionen wie Wachstum, Trächtigkeit und Laktation. Eine optimale Versorgung mit Wasser ist daher ein elementarer Baustein für eine effiziente, tiergerechte Rinderhaltung. Dr. Jason Hayer vom Hofgut Neumühle, Franziska Burkhardt und Prof. Dr. Julia Steinhoff-Wagner von der Technischen Universität (TU) München erläutern im folgenden Beitrag die Bedeutung der Wasserversorgung für Milchkühe und wie diese durch einfache Beobachtungen auf dem eigenen Betrieb bewertet und verbessert werden kann.
von Dr. Jason Hayer, Hofgut Neumühle, Prof. Dr. Julia Steinhoff-Wagner, Technische Universität (TU) München, unter Mitarbeit von Franziska Burkhardt, ebenfalls TU München Quelle Dr. Jason Hayer, Hofgut Neumühle, Prof. Dr. Julia Steinhoff-Wagner, Technische Universität (TU) München, unter Mitarbeit von Franziska Burkhardt, Hofgut Neumühle erschienen am 14.05.2025Wasser stellt mit etwa 60 Prozent (%) den Hauptbestandteil des Körpers von ausgewachsenen Rindern dar. Und: Mit rund 87 % besteht Kuhmilch ebenfalls vor allem aus Wasser. So ist auch nachvollziehbar, dass besonders das Körpergewicht und die produzierte Milchmenge den Wasserbedarf beeinflussen. Dieser steigt um 1,3 Kilogramm (kg) Wasser pro Tag für jedes produzierte kg Milch. Daher haben Milchkühe, verglichen mit Fleischrindern oder Jungrindern, einen besonders hohen Wasserbedarf, der sich je nach Produktionsniveau tierindividuell unterscheidet. Die Menge und Qualität des angebotenen Wassers beeinflussen dabei nicht nur die Produktivität, sondern auch die konsumierte Futtermenge, die Gesundheit und das Wohlbefinden der Tiere. Dies gilt besonders bei steigenden Umgebungstemperaturen, da Schätzungen zufolge jedes zusätzliche Grad Umgebungstemperatur den täglichen Wasserbedarf um 1,5 kg erhöht.
Gleichzeitig führen steigende Umgebungstemperaturen zu einem vermehrten mikrobiellen Wachstum in Rindertränken, was mit einer Verschlechterung der Wasserqualität einhergeht und potenziell die Akzeptanz des Wassers mindert. In nährstoffarmem Wasser können sich kaum Keime vermehren, sind jedoch Speichel- oder Futterreste im Wasser, bieten diese eine Nahrungsgrundlage für Mikroorganismen. Deshalb muss besonders in den Sommermonaten in Kombination mit der Wärme die Wasserversorgung engmaschig überprüft und die Tränken täglich gereinigt werden. Trotz der hohen Bedeutung von Wasser in der Milchviehhaltung existieren keine konkreten rechtlichen Rahmenbedingungen für die Wasserversorgung von Milchkühen.
Die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung besagt jedoch, dass Tränken derart konstruiert werden sollen, dass jedes Tier ausreichend Zugang zu frischem Wasser hat, und dass sowohl den Wasserzugang limitierende Konflikte an der Tränke als auch Kontaminationen des Tränkwassers auf ein Mindestmaß reduziert werden sollten. Darüber hinaus fordert das Tierschutzgesetz die Erhebung tierbezogener Indikatoren, um das Tierwohl auf Betriebsebene zu garantieren. Bisher sind tierspezifische Indikatoren zur Bewertung der Wasserversorgung auf die Messung der verbrauchten Wassermenge beschränkt, wie einige der folgenden Studien zeigen.
Kühe reagieren sensibel auf Wasserqualität
Dass Kühe sehr sensibel auf Veränderungen der Tränkwasserqualität reagieren, hat bereits eine Forschergruppe aus Neuseeland gezeigt (Schütz et al., 2021). Die Forschenden haben Kühen unterschiedlich stark mit Kot verschmutztes Wasser (stark verschmutzt: 1 Milligramm (mg) Kot pro Gramm (g) Wasser; leicht verschmutzt: 0,5 mg pro g Wasser und sauberes Wasser) zum einen gleichzeitig zur Wahl, zum anderen jeweils einzeln angeboten und die aufgenommene Wassermenge gemessen. Wenn die Tiere die Wahl hatten, tranken sie vermehrt das saubere Wasser und mieden stark verschmutztes Wasser. Ohne Wahlmöglichkeit war die gesamte Wasseraufnahme bei dem leicht verschmutzten Wasser geringfügig und bei dem stark verschmutzten Wasser um durchschnittlich 10 Liter (l) je Kuh und Tag (28 %) im Vergleich zu sauberem Wasser reduziert. Kühe reagieren jedoch nicht nur auf die Qualität des Tränkwassers, sondern auch auf die Art und Weise, wie es angeboten wird. In einer anderen Studie wurde verglichen, ob Kühe zwischen unterschiedlich großen Trogtränken unterscheiden können (189 l versus 568 l).
Obwohl selbst die „kleine“ Tränke ein beträchtliches Volumen aufwies, zeigte sich, dass laktierende Kühe die größere Tränke bevorzugten und mehr Wasser über diese konsumierten. Beide Studien nutzten die aufgenommene Wassermenge als Bewertungsgrundlage, was sicherlich auch der aufschlussreichste Wert zur Bewertung einer zufriedenstellenden Wasserversorgung ist. Die individuelle Messung der aufgenommenen Wassermengen ist unter Praxisbedingungen jedoch kaum möglich, da mehrere Tiere gleichzeitig Zugang zu Tränken haben und Spritzwasserverluste eine genaue Erfassung des aufgenommenen Wassers schwer möglich machen. Daher könnte eine einfachere Maßnahme zur Überprüfung der Wasserversorgung die Beobachtung des Trinkverhaltens der Kühe sein.
Versorgung über das Verhalten bewerten
Um diesen Ansatz zu verfolgen und der Forderung nach tierbezogenen Indikatoren zur Bewertung der Tränkwasserversorgung nachzukommen, untersuchte eine Studie der Autoren im Winter 2019 und Spätsommer 2021 auf einem kommerziellen Milchviehbetrieb in Nordrhein-Westfalen mit 135 respektive 144 Milchkühen detailliert das Trinkverhalten an zwei Tränken von zwei unterschiedlichen Tränketypen (zwei Trogtränken, zwei Doppel-Ventiltrogtränken, siehe Abbildung 1). Dabei wurde ein Tränkereinigungsschema angewendet, das den Tieren Zugang zu je einer in 14 Tagen täglich gereinigten oder nicht gereinigten Tränke der beiden Tränketypen erlaubte. So hatte jedes Tier die Wahl zwischen einer täglich gereinigten und einer nicht gereinigten Trogtränke sowie einer täglich gereinigten und einer nicht gereinigten Ventil-Trogtränke. Zu Beginn und am Ende der 15-tägigen Versuchsperioden wurde die biologische und physikochemische Tränkwasserqualität analysiert. Außerdem wurde täglich die Wassertemperatur, der Wasser-pH-Wert aller Tränken und der Wasser-ATP-Wert gemessen. Der letztgenannte Wert stellt ein kosteneffizientes und genaues Instrument zur schnellen Bewertung der Tränkwasserhygiene dar. Der Versuch wurde je zweimal im Winter (Dezember, Februar) und Frühherbst (September) wiederholt, um Effekte unterschiedlicher Umgebungstemperatur zu berücksichtigen. Das Trinkverhalten wurde mit Kameras aufgenommen und anhand von über zwölf Parametern analysiert.
Rinder bevorzugen Trogtränken
Betrachtet man das Trinkverhalten der Tiere an Trog- und Ventiltrogtränken zeigt sich, dass die beobachteten Rinder die offenen Trogtränken bevorzugten. Zwar wurde die aufgenommene Wassermenge nicht direkt gemessen, aber es wurden deutlich mehr Trinkvorgänge an den Trogtränken registriert (siehe Abbildung 2). Zudem konnte festgestellt werden, dass bei Ventil-Trogtränken die Trinkvorgänge sowie die Pausen zwischen der aktiven Wasseraufnahme länger waren und das Vorkommen von Schluckbeschwerden (beispielsweise Husten) deutlich höher war als bei Trogtränken. Dass Kühe offene, tiefe Tränken bevorzugen, hängt vermutlich damit zusammen, dass Kühe beim Trinken durch das Saugen ein Vakuum erzeugen, das bei zu niedrigen Wassertiefen oder einem ungenügenden Nachlaufen unterbrochen werden kann. Zudem wird das Wasser in Tränken mit niedrigen Volumina oft beim Einströmen des Wassers mit Luft durchmischt, was das vermehrte Abhusten der Rinder an den Ventiltrogtränken erklären könnte. Je größer das Wasservolumen und je tiefer die Kuh ihr Flotzmaul eintauchen kann, desto geringer könnte dieser Effekt sein.
Kühe meiden verschmutzte Tränken
Die Meidung von verschmutzten beziehungsweise kontaminierten Tränken konnte bereits zuvor gezeigt werden. Die hier dargestellte Studie zeigt zusätzlich, dass sich neben der Meidung von verschmutzten Tränken auch die Art und Weise, wie Kühe trinken, verändert. Über den Beobachtungszeitraum von 15 Tagen kam es zwar nicht zu einer Überschreitung der Orientierungswerte des Bundesagrarministeriums (BMEL) für eine geeignete Tränkwasserqualität bei den Tränken, die nicht gereinigt wurden, aber der sensiblere ATP-Test war im Durchschnitt bei diesen Tränken höher und streute mehr. Wie in Abbildung 2 zu sehen ist, haben an den täglich gereinigten Tränken weniger Trinkvorgänge als an den ungereinigten Tränken stattgefunden. Gleichzeitig verdoppelte sich die Häufigkeit von Rangkämpfen an den Tränken, wenn diese täglich gereinigt wurden im Vergleich zu keiner Reinigung.
Dies legt die Interpretation nahe, dass die gereinigten Tränken bevorzugt werden und stärker um den Zugang zu diesen gekämpft wird, was dazu führt, dass mehr rangniedere Tiere an die nicht gereinigten Tränken ausweichen müssen. Die Verdrängung ist ein unterschätzter Effekt, da wenige dominante Tiere (rund 25 % der Herde) das Verhalten der rangniederen Tiere (circa 75 % der Herde) sehr stark beeinflussen können. Dass die nicht gereinigten Tränken unfreiwillig von den Tieren aufgesucht werden, zeigt sich auch darin, dass an ungereinigten Tränken die Trinkpausen und der Anteil an Trinkvorgängen, die nur aus Probieren bestand, zunahm. Insbesondere an stark frequentierten Tränken ist somit die Analyse des Verhaltens aufschlussreich, um etwaige Missstände in der Wasserversorgung aufzuzeigen und das Tränkemanagement zu verbessern.
Umgebungstemperatur wirkt sich aus
Während der Effekt einer ausbleibenden Reinigung auf die Tränkwasserqualität bei kalten Umgebungstemperaturen gering ausfiel, zeigte sich bei warmen Umgebungstemperaturen und ausbleibender Tränkereinigung eine deutliche Verschmutzung der Tränken, ein Anstieg des Tränkwasser-ATP-Wertes und eine Überschreitung von Orientierungswerten des BMEL hinsichtlich des Gehalts coliformer Keime und der Gesamtkeimzahl.
Die Veränderungen des Trinkverhaltens zwischen gereinigten und ungereinigten Tränken zeigten sich allerdings unabhängig von der Jahreszeit der Untersuchung. Der optimale Temperaturbereich von Milchkühen liegt zwischen minus (-) 5 und 21 Grad (°C) und ist tiefer, je höher die produzierte Milchmenge ist. Umgebungstemperaturen, die diesen Bereich überschreiten, führen in Verbindung mit steigender Luftfeuchtigkeit und Sonneneinstrahlung zu Hitzestress bei Milchkühen. Untersuchungen der jahreszeitlichen Auswirkungen auf die Wasseraufnahme von Milchkühen zeigten, dass Kühe im Sommer signifikant mehr Wasser trinken (61,9 l pro Tag) als im Winter (36,6 l pro Tag). Trinkhäufigkeit, Trinkdauer und die Zeit der Wassersuche nahmen bei 100 Kühen, die in einem Freilaufstall auf einem kommerziellen Betrieb gehalten wurden, von durchschnittlich 24,1 auf 32,8 °C zu. Zudem nehmen unter Hitzestressbedingungen Rangkämpfe an den Tränken stark zu.
Diese Beobachtungen konnten auch in der eigenen Studie bestätigt werden. So nahm im Sommer im Vergleich zu den Wintermonaten die Anzahl an Trinkvorgängen zu. Zudem war zu erkennen, dass die Kühe längere Zeit an der Tränke verbrachten, ohne direkt Wasser aufzunehmen. Der Anteil an Rangkämpfen, insbesondere an Trogtränken, nahm ebenfalls zu. Dies könnte daran liegen, dass die Kühe Tränken im Sommer nicht nur verstärkt zur Wasseraufnahme nutzen, sondern auch zur Abkühlung – durch Verdunstungskälte nach der Befeuchtung des eigenen Körpers oder durch den direkten Kontakt mit dem kühleren Wasser – und dafür auch andere Kühe vertreiben.
Eine optimale Wasserversorgung von Milchkühen ist äußerst wichtig, und eine Bewertung dieser lässt sich durch eine Betrachtung des Verhaltens vornehmen. Milchkühe bevorzugen besonders Tränken in der Nähe zum Melkstand und dem Futtertisch, großvolumige, tiefe Tränken und hygienisch einwandfreies Wasser. Die folgenden Verhaltensbeobachtungen könnten bei der Bewertung des eigenen Wassermanagements weiterhelfen:
- Meidung bestimmter Tränken: Anzeichen dafür, dass das Wasser beispielsweise kontaminiert ist oder auch die Platzierung suboptimal ist.
- Stärkere Frequentierung von bestimmten Tränken: Bevorzugung der Tränken wegen des Standortes (Tränke in der Nähe von Melkständen und Futtertischen bevorzugt) oder wegen der unterschiedlichen Tränkewasserqualitäten der Tränken sowie der möglichen Verdrängung von woanders blockierten Tränken.
- Hohes Aufkommen von kurzen Pausen beim Trinken oder Schluckbeschwerden inklusive Hustens: Möglich durch einströmendes Wasser bei kleinen Tränkevolumen. Empfehlung: Eventuell Wechsel zu Tränken mit größerem Volumen, bei denen es zu einer geringeren Vermischung von Wasser mit Luft kommt. Oder: Eventuell Anzahl an Tränken erhöhen, wenn die Beobachtungen durch konkurrierende Tiere hervorgerufen werden.
- Rangkämpfe an Tränken: Falls es nur an bestimmten Tränken zu Rangkämpfen kommt, kann dies ein Anzeichen dafür sein, dass diese bevorzugt werden. Empfehlung: Überprüfung der anderen Tränken auf ihre Hygiene, Bewertung der Platzierung und des Designs der Tränken. Kommt dies verstärkt im Sommer vor, kann dies auf eine zu geringe Anzahl an Tränken hinweisen.
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