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Investitionen in Gebäude fördern Wettbewerbsfähigkeit

Neue Chancen für die Mäster im Südwesten

Es läuft für die Bullenmäster. Schon seit dem Sommer vergangenen Jahres kennen die Preise für die Schlachttiere nur eine Richtung: nach oben. Für die Betriebe bieten die gestiegenen Erlöse Perspektiven – nach Jahren, in denen häufig kein kostendeckender Verkaufspreis möglich war. Doch es bleiben Unwägbarkeiten: Allen voran die Absichtserklärung des Lebensmitteleinzelhandels, ab dem Jahr 2030 nur noch Mastbullen aus den Haltungsformen 3 und 4 vermarkten zu wollen.

von Petra Ast, Redaktion BWagrar Quelle Petra Ast erschienen am 25.11.2025
1 Das anhaltende Preishoch für Mastbullen eröffnet Betrieben in Baden-Württemberg neue Chancen. Allerdings dürften die Anforderungen an die Haltung der Tiere weiter steigen. © Silvia Ruess
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Die Stimmung im Hotel „Löwen“ war gelöst an diesem Novemberdienstag vorvergangene Woche in Bad Boll (Landkreis Göppingen). Das Landwirtschaftliche Zentrum Baden-Württemberg (LAZBW) hatte zu seinem traditionellen Bullenmasttag eingeladen und knapp 30 Teilnehmer, darunter zahlreiche Bullenmäster, wollten sich den Infotag nicht entgehen lassen. Schließlich sollte es um die weitere Preisentwicklung bei den seit anderthalb Jahren hoch gehandelten Schlachtbullen gehen, die baulichen Anforderungen an die Mastställe, nicht zuletzt um die ausreichende Versorgung mit Mineralfutter und die Fördermöglichkeiten für die Betriebe im Land.

Für Dr. Stefanie Vogt vom Team Agrarmärkte der Landesanstalt für Landwirtschaft, Ernährung und Ländlichen Raum (LEL) in Schwäbisch Gmünd „wird es spannend, wo die Schlachtrinderpreise künftig hingehen“. Sie und ihre Kollegen im Referat Agrarmärkte gehen nicht davon aus, dass die Preise für die Erzeuger in nächster Zeit stark fallen werden. Allerdings könnten die angekündigten Preissenkungen des Lebensmitteleinzelhandels (LEH) für Milchprodukte die Zahl an Schlachtkühen und Schlachtfärsen erhöhen und die Folgen der Blauzungenkrankheit sowie die neu hinzu gekommene Tierseuche Lumpy Skin Disease für weitere Risiken auf den ohnehin volatilen Märkten sorgen. Genauso wie übrigens schärfere gesetzliche Vorgaben in der Europäischen Union (EU) und in Deutschland – mit allen Folgen, die das für die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe hat.

Rindfleischverbrauch stabil

„Die Tierwohl-Debatten werden weitergehen“, ist sich Vogt sicher und verwies in diesem Zusammenhang auf die vom LEH angekündigten höheren Anforderungen bei den Haltungsformen (HF) der Rinder. Unabhängig davon gehen die Fachleute an der LEL davon aus, dass die Nachfrage nach Rindfleisch stabil bleiben wird – die Weltbevölkerung wächst weiter und mit ihr der Bedarf nach Fleisch. Gleichzeitig sinken in Deutschland, der EU und der Welt die Rinderbestände. Das Angebot dürfte demzufolge knapp bleiben. Für die immer wichtiger werdenden Qualitätsfleischprogramme, die auf die regionale Herkunft der Schlachtrinder setzen, für Tierwohl und Nachhaltigkeit plädieren, schafft das neue Perspektiven. Also alles andere als chancenlos, wie Vogt verdeutlichte: Das gelte gleichermaßen für klassische Mastbetriebe und Mutterkuhhalter, die auf dem Standort Baden-Württemberg „beste Voraussetzungen vorfinden“.

Mehr Komfort für die Mastrinder

Allerdings nur dann, das stellte der zweite Referent an diesem Vormittag, Wilfried Naue von der Unternehmensberatung Tier an der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, klar, wenn sich die Mastbetriebe auf Veränderungen einstellten. Zwar seien die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Haltung der Masttiere ab dem Alter von sechs Monaten nach wie vor nicht geklärt: „Da soll etwas kommen. Die Debatten darüber ziehen sich jedoch hin“, erläuterte Naue in seinem Vortrag, der um die Voraussetzungen für den Einstieg in höhere Haltungsformen kreiste. Dennoch, das verdeutlichte der Unternehmensberater an diesem Vortragstag nicht nur einmal: Die gesellschaftliche Diskussion um mehr Tierwohl und Nachhaltigkeit auf den Mastbetrieben hält an. So sollen beispielsweise die Kriterien für die gemäß den Haltungsformen vorgeschriebene Aufstallung der Tiere ab dem 1. Januar 2027 von bisher sechs Lebensmonaten auf acht Monate angehoben werden. Genauso wie Scheuermöglichkeiten für die Rinder: Auch sie sollen ab dem 1. Januar 2027 ab der Haltungsform 2 von den Mästern bereitgestellt werden. Und: Was genau einen Außenklimastall ausmacht, darüber gebe es derzeit ebenfalls viele Diskussionen. Mehr oder weniger Spaceboards, Curtains oder eher nicht etc.

Schätzungen zufolge würden aber derzeit nur 20 bis 25 Prozent der gehaltenen Bullen die Anforderungen von HF 3 erfüllen. Entscheidende Kriterien für HF 3 sind laut Naue eine GVO-freie Fütterung, vier Quadratmeter (m²) Platz pro Tier ab 400 Kilogramm Lebendgewicht und die Haltung in Offenfrontlaufställen mit Spaceboards oder Curtains. Weiche Liegeflächen seien kein Kriterium, doch müsse man bedenken, dass 2030 die Übergangsfrist der Niedersächsischen Tierschutzleitlinie ausläuft. Dann müssen zumindest alle Bullenmäster in Niedersachsen ihren Tieren weiche Liegeflächen und mindestens 3,5 m² Platz in der Endmast anbieten.

Haltungsform 3 bei Abnehmern gefragt

Lohnt die Umstellung auf HF 3? Mit einer Beispielrechnung verdeutlichte Naue die finanziellen Folgen einer Umstellung auf diese Haltungsform, basierend auf den Kennzahlen der 25 Prozent besten Fleckvieh-Mastbetriebe in Niedersachsen. Für Mäster, die die Platzvorgaben sowieso erfüllen oder maximal ein Tier pro Bucht weniger einstallen müssen, rechnet sich die Umstellung demnach. Müssen sie zwei oder mehr Tiere weniger einstallen, würde aber mehr Leistung verloren gehen als die Prämie einbringe. Anders sieht das bei weniger gut aufgestellten Betrieben aus.Allemal sind die Mastbullen aus Haltungsform 3-Betrieben gesucht. Da die Tierzahl in den Frischluftställen mit dem erweiterten Platzangebot aber begrenzt ist, bleibt es schwierig, zusätzliche HF 3-Bullen auf dem Markt anzubieten. Die Folge sind hohe Preise, weil das Angebot knapp ist. Derzeit gibt es laut dem Unternehmensberater Aufschläge von 30 bis über 50 Cent pro Kilogramm Schlachtgewicht von HF 3-Bullen. „Aktuell läuft es für die Bullenmäster sehr gut“, hob Naue hervor.

Ob und wie dieses Preishoch anhält, hängt unter anderem davon ab, wie das LEH-Ziel, vom Jahr 2030 an nur noch Rindfleisch aus HF 3 und 4 anbieten zu wollen, realisiert werden kann. Schließlich werden Gesetzesvorgaben der Politik sich auf die Marktentwicklung auswirken. Den Mästern in Bad Boll gab Naue eine Botschaft mit: „Gehen Sie nach vorne oder hören Sie auf.“ Aus gutem Grund, wie er von Gesprächen und Beratungen mit Mästern in Niedersachsen berichtete: „Die Bullenmäster, die investiert haben, stehen gut da.“ Denn, dass sich die Ställe verändern werden, steht für Naue außer Frage – knappes Angebot hin oder her.

Ohne Mineralfutter geht es nicht

Eine Erkenntnis, die sich wie ein roter Faden durch diesen Tag zog und die grundsätzlich auch die Fütterung der Mastrinder tangiert. Eine wichtige Rolle spielt dabei die Mineralfutterversorgung. Der Mix aus Mengen-, Spurenelementen und Vitaminen ist entscheidend für die Gesundheit, hohe Tageszunahmen und den Fleischansatz. „Dabei wird häufig vom Bedarf der Tiere gesprochen. Aber alle Angaben des Bedarfs sind eigentlich Versorgungsempfehlungen und beinhalten Zuschläge“, erläuterte Petra Rauch vom Institut für Tierhaltung, Tierernährung und Futterwirtschaft an der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) in Grub. Grundlage für eine erfolgreiche Mast, so die Referentin, sei umso mehr die genaue Kenntnis des Nährstoffbedarfs der Tiere, der durch das Wachstum und den Erhaltungsbedarf bestimmt wird. Dieser Bedarf variiert je nach Alter, Gewicht, Zunahmen und der Zusammensetzung des Grundfutters, wie beispielsweise Mais-, Grassilage und Getreide. Unverzichtbar bleibt die Ergänzung der Ration mit einem Mineralfutter, das die Tiere mit Mengen-, Spurenelementen und Vitaminen versorgt:

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Dass viel hilft, gelte bei Mineralfutter allerdings nicht, daher riet Rauch von einer Überversorgung der Tiere ab. Diese kann negative Folgen haben. „Deshalb gibt es futtermittelrechtliche Höchstgrenzen“, betonte die Ernährungsexpertin. Wichtig in diesem Zusammenhang: Der genaue Blick auf die Deklaration des Mineralfutters. Welche Inhaltsstoffe sind in welcher Menge enthalten und wie sieht die Ration aus Grundfutter, Getreide, Soja- oder Rapsschrot aus? Und: Ist in dem Mineralfutter Harnstoff enthalten, muss die Einsatzhöchstmenge beachtet werden. An Kälber darf Harnstoff nicht verfüttert werden.

2 Dr. Stefanie Vogt von der LEL Schwäbisch Gmünd war eine der Referentinnen auf dem LAZBW-Bullenmasttag.
2 Dr. Stefanie Vogt von der LEL Schwäbisch Gmünd war eine der Referentinnen auf dem LAZBW-Bullenmasttag. © Petra Ast
Zum Thema Situation in Baden-Württemberg

Die Bullenmast im Land ist kleinstrukturiert, machte Dr. Renate Lindner vom Landwirtschaftlichen Zentrum Baden-Württemberg (LAZBW) in ihrer Begrüßung auf dem alljährlichen Bullenmasttag in Bad Boll (Landkreis Göppingen) vor den rund 30 Teilnehmern deutlich. Nach Auswertungen der LEL Schwäbisch Gmünd gibt es aktuell 1811 reine Bullenmastbetriebe im Südwesten, die zusammen etwas mehr als 55.000 Bullen halten. Im Vergleich dazu lag die Zahl dieser spezialisierten Betriebe im Jahr 2020 noch bei 1976 Betrieben mit rund 64.500 Masttieren. Mastbetriebe mit mehr als 100 Tieren, die im Schnitt ein bis zwei Jahre alt sind, gibt es derzeit 50. Diese Betriebe mästen knapp 16.000 Bullen.

Auch die nicht ausschließlich auf die Bullenmast spezialisierten Betriebe sind rückläufig. So wurde bei den älteren ein bis zwei Jahre alten männlichen Rindern das zweite Jahr in Folge ein Rückgang festgestellt, was auf den sinkenden Viehbestand in Baden-Württemberg zurückzuführen ist. Wie die diesjährige Viehzählung im Mai zeigt, ist die Zahl der Rinder im Jahr 2024 auf 872.057 Tiere gesunken. Das entspricht einem Rückgang von knapp 61.000 Tieren oder fast drei Prozent. Genauso kleiner geworden ist die Zahl der bis zu fünf Monate alten Kälber. Auch sie ging um über vier Prozent zurück. Mittlerweile erfasst die Statistik nur noch rund 872.000 Rinder im Südwesten und knapp 14.000 Rinderhaltungen, darunter 4974 Milchviehbetriebe und 5500 Mutterkuhbetriebe. Für die verbleibenden Bullenmäster könnte das bedeuten, so die LAZBW-Expertin, dass die Zahl an Schlachttieren weiterhin knapp bleibt.

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