Geben Sie einen Suchbegriff ein
oder nutzen Sie einen Webcode aus dem Magazin.

Geben Sie einen Begriff oder Webcode ein und klicken Sie auf Suchen.
Milchviehhaltung

Im „Milchviehstall der Zukunft“ entscheiden Kühe selbst

Familienherde mit Weidezugang statt trister Stallalltag mit sozialem Stress: Ein nationaler Forschungsverbund unter Beteiligung der Hochschule Neubrandenburg, dem Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) und dem Forschungsinstitut für Nutztierbiologie (FBN) zeigt, wie moderne Milchviehhaltung Tierwohl, Praxis und Transparenz zusammenbringt.

von Pressemitteilung Forschungsinstitut für Nutztierbiologie (FBN), 27. Oktober 2025 Quelle Pressemitteilung Forschungsinstitut für Nutztierbiologie (FBN), 27. Oktober 2025 erschienen am 04.11.2025
Der Milchviehstall der Zukunft im Winter: Alle Kühe befinden sich im Stall oder auf der Außenfläche. © FBN
Artikel teilen:

Was passiert, wenn Kühe selbst entscheiden dürfen, ob sie drinnen oder draußen sein wollen? Wenn Kälber bei ihren Müttern aufwachsen und Besucher die Tiere, den Stallalltag und die Forschung beobachten können – ohne sie zu stören? Die Antwort liefert das soeben im renommierten Journal of Dairy Science veröffentlichte Invited Review (eingeladene Rezension) zum „Milchviehstall der Zukunft“. Das Konzept setzt auf eine Familienherde mit Kuh-Kalb-Kontakt, eine große freie Liegefläche, Weide- beziehungsweise Paddockzugang rund ums Jahr, Automatisierung und Sensortechnik – und einen Besucherkorridor für sicheren Einblick in den Stall-Alltag.

„Mit der Veröffentlichung stellen wir das Konzept umfassend wissenschaftlich dar – und zeigen die Chancen für Forschung zu Tierwohl, Ressourceneffizienz, Biosicherheit sowie für die Umsetzung neuer Konzepte in die Praxis.: Wir zeigen, wie Tierwohl und moderne Landwirtschaft zusammengehen. Dummerstorf ist dafür ideal – hier liegen viele Forschungseinrichtungen, die sich mit Tierwohl beschäftigen, Tür an Tür, Weideflächen grenzen an den Campus, und wir haben die Baugenehmigung. Die digitale Stall-Simulation steht – jetzt wollen wir den Stall als Reallabor gemeinsam mit Partnern bauen“, sagt Prof. Dr. Lisa Bachmann, Professorin an der Hochschule Neubrandenburg und wissenschaftliche Mitarbeiterin am FBN (Projektleitung).

Frei wählen, besser leben

Der „Milchviehstall der Zukunft“ stellt Kühe und Kälber als Familienherde in den Mittelpunkt – ohne ständiges Umgruppieren, mit stabilen Sozialkontakten und ruhiger Herdendynamik. Die Tiere haben Wahlfreiheit: Sie entscheiden selbst zwischen Stall, Weide und Winter-Paddock. Im Inneren sorgt eine großzügige freie Liegefläche mit weicher, belüfteter Einstreu und Bäumen für Komfort, Klimagewinn und gutes Liegeverhalten. Automatisches Melken und Smarte Fütterungstechnik entlasten die Mitarbeitenden, erlauben individuelle Fütterung und liefern kontinuierlich Gesundheits- und Verhaltensdaten. Ein umlaufender Besucherkorridor macht Forschung und Praxis sichtbar – Führungen, Lehre und Dialog gelingen, ohne die Biosicherheit zu kompromittieren. So entsteht ein praxistaugliches, datengestütztes System, das Tierwohl, Arbeitsalltag und Transparenz zusammenbringt und zugleich Langzeitstudien unter realen Bedingungen ermöglicht.

Kompetenzcampus mit Weideanschluss

Dummerstorf vereint auf engem Raum, was dieses Reallabor braucht: Am Forschungsstandort liegen FBN, Landesforschung, Friedrich-Loeffler-Institut, Universität Rostock und die Hochschule Neubrandenburg in unmittelbarer Nähe – Verhaltens-, Tierwohl-, Veterinär-/Epidemiologie- und Agrartechnik-Expertise greifen hier direkt ineinander. Weideflächen grenzen an den Campus, echte Wahlfreiheit für die Kühe ist dadurch ohne lange Treibwege möglich. Zudem ist das Projektteam baurechtlich bereit: Die Baugenehmigung liegt vor, die digitale Stall-Simulation ist abgeschlossen – der Bau ist detailliert durchgeplant. Bestehende Herden, Labore und Datenschnittstellen sichern eine schnelle Inbetriebnahme und verlässliche Forschung. Kurz: Dummerstorf bietet kurze Wege, verlässliche Infrastruktur und ein einzigartiges Kompetenzbündel – die Voraussetzungen, um den „Milchviehstall der Zukunft“ gemeinsam mit Praxis- und Transferpartnern zu realisieren, sind erfüllt. Nachdem der Bund die Förderung des Baus gestrichen hat, soll nun eine alternative Finanzierungsmöglichkeit gefunden werden.

Zukunftsstall als Simulation

Die interaktive Stallsimulation ist fertig – ein digitaler Probelauf, mit dem Abläufe, Platzangebot, Fütterung, Melkwege und Besucherführung realitätsnah durchgespielt werden können. Wie bei einem „spielbaren Prototyp“ lassen sich Varianten testen, Engpässe erkennen und Verbesserungen sofort ausprobieren – bevor ein einziger Spatenstich erfolgt. Die Planung ist bau- und betriebsnah durchdacht. Derzeit sucht das Projektteam Partner aus Praxis, Politik und Gesellschaft, die den Schritt vom digitalen Zwilling in die Realität mitgehen. Im geplanten Demonstrations- und Forschungsstall sollen Langzeitstudien unter Praxisbedingungen durchgeführt werden – zu Tiergesundheit und Verhalten, Emissionen, Arbeitsorganisation und gesellschaftlicher Akzeptanz. Damit wird die Grundlage für messbaren Fortschritt für Tier, Mensch und Umwelt gelegt.

Die Entwicklung des „Milchviehstalls der Zukunft“ war Teil des Projekts „Innovationen für gesunde und ‚glückliche‘ Kühe“ (06/2021 – 05/2025) und wurde gefördert durch das Bundesministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat (BMLEH) aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages. Projektträger ist die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE).

©
0 Kommentare
Was denken Sie? Artikel kommentieren

Zu diesem Artikel liegen noch keine Kommentare vor.
Schreiben Sie den ersten Kommentar.

Artikel kommentieren
Was denken Sie? Artikel kommentieren
Ort ändern

Geben Sie die Postleitzahl Ihres Orts ein.