In der Milchwirtschaft steigt der Kostendruck
Ihre Jahresversammlungen für das Geschäftsjahr 2024 hielten der Milchprüfring und der Milchwirtschaftliche Verein Baden-Württemberg am 17. September in Merklingen ab. Geschäftsführer Dr. Markus Albrecht und der Vorsitzende des Vorstands, Manfred Olbrich, brachten die Molkereivertreter auf den neuesten Stand über die Entwicklungen in den beiden Vereinen und in ihren angeschlossenen GmbHs.
von Matthias Borlinghaus Quelle Milchprüfring e.V. erschienen am 23.09.2025Insgesamt sehr zufrieden zeigte sich Manfred Olbrich mit der Marktentwicklung. Im Jahr 2024 gab es neue Rekordpreise bei Butter und einen steigenden Absatz für Käse, die Milch und insbesondere das Milchfett waren knapp. Wie empfindlich die gesamte Verwertungskette auf Absatzprobleme reagiert, zeigte sich zu Jahresbeginn 2025, als der erste Fall der Maul- und Klauenseuche (MKS) in Deutschland seit 1988 in Brandenburg bei Wasserbüffeln festgestellt wurde. Doch schon im April 2025 konnte Deutschland seinen Status als MKS-frei wiedererlangen. „Gut, dass es keinen zweiten MKS-Fall gab“, so Olbrich. Einen MKS-Solidaritätsfonds gibt es für die Milchwirtschaft bereits seit 1997. Ziel des Fonds ist es, den Milchgeldausfall für Erzeugerbetriebe, bei denen die Milch nicht angeholt werden kann, zu ersetzen. Reell getroffen wurden viele Erzeugerbetriebe 2024 von der Blauzungenkrankheit. Regional wurden dadurch zwei bis zehn Prozent weniger Milch erzeugt. Im laufenden Jahr habe diese Krankheit deutlich weniger stark zugeschlagen, gleichwohl habe sich die Seuchengefahr durch das Einschleppen neuer Krankheiten erhöht. Um einen Eintrag rechtzeitig zu unterbinden, müsse ein Augenmerk auf dem Vieh- und Personenverkehr liegen.
Markt schwächt sich ab
Nach auch im laufenden Jahr sehr guten Fleisch- und Milchpreisen schwächt sich der Markt gerade deutlich ab. Fallende Erzeugerpreise würden wahrscheinlicher. Ob dies tatsächlich eine Wende am Milchmarkt einleitet, sei noch nicht abzusehen. „Für unsere Molkereien wird der strukturelle Wandel neben den starken Handelspartnern zu einer der größten Herausforderungen werden“, kündigte Olbrich an. Die Milchmengen dürften in den kommenden Jahren weiter zurückgehen und dies, obwohl man über mehrere Jahre hinweg gute Milchpreise hatte. Für die Branche sei das ein Alarmsignal. Zu lange sei eine wirtschaftliche Perspektive in der Milchviehhaltung nicht gegeben gewesen, viele Betriebe seien ohne Betriebsnachfolge und potenzielle Nachfolger schätzten das Risiko, weiterzumachen, als zu hoch ein. Es wurden zu wenige neue Ställe gebaut. „Deshalb steuern wir auf einen Strukturbruch zu, selbst wenn wir derzeit einen eher gebremsten Strukturwandel erleben“, warnte Olbrich und betonte, dass die Nahrungsmittelerzeugung zur kritischen Infrastruktur zählt. „Deshalb brauchen wir die Unterstützung von Politik und Gesellschaft“, forderte Olbrich.
Danke für die gute Arbeit
Olbrich lobte das gute Miteinander in den beiden Vereinen und bedankte sich bei allen Beteiligten, den Mitarbeitern, der Vorstandschaft und dem Führungsteam mit Geschäftsführer Dr. Albrecht sowie dem Landesverband Baden-Württemberg für Leistungs- und Qualitätsprüfungen in der Tierzucht e. V. (LKV). Große Herausforderung für das kommende Jahr sei die Besetzung der Geschäftsführerstelle. Gesucht wird ein Nachfolger für Dr. Markus Albrecht, der Ende 2026 in den Ruhestand geht.
Für den Milchwirtschaftlichen Verein hob Albrecht die solide Fachberatung als tragende Säule des Vereins hervor, dazu zählen der Trinkwasserdienst, Arbeitssicherheit, die sicherheitstechnische Beratung, Stapelfahrerausbildung, Hygieneschulungen und Energieberatung. Gut nachgefragt würden Schulungen zur Milch an Schulen, bei Verbrauchern auf Messen oder im LEH. Gesucht würden Referenten und Referentinnen unter anderem für die Grüne Woche und fürs Hauptfest LWH 2026.
Wirtschaftlich unter Druck
Der Milchprüfring unterhält in Kirchheim das zweitgrößte Labor seiner Art in Deutschland, einschließlich seiner sechs Außenstellen und insgesamt 49 Mitarbeitern. Im mehrjährigen Vergleich machten sich die steigenden Kosten bemerkbar. Auch 2024 gab es Kostensteigerungen im Laborbereich, ebenso haben sich die Personalkosten wegen steigender Tarifabschlüsse erhöht, bei insgesamt stabilen Umsatzerlösen. Der wirtschaftliche Druck auf die beiden Vereine und ihre GmbHs sei hoch. „Wir gehen für die kommenden Jahre von sinkenden Milchmengen aus“, so Albrecht, was sich negativ auf die Einnahmen auswirken werde. Auch die Milcherzeuger werden weniger. Gleichzeitig habe der Zertifizierungsaufwand extrem zugenommen. Entsprechend dieser Entwicklungen müssen die Vereine ihre Mitgliedsbeiträge anpassen.
Hohe Qualitätsstandards
Aktuell sind 4484 Milcherzeugerbetriebe und 18 Milchabnehmer beziehungsweise Molkereien Mitglied. Rund 85 Prozent der Kühe sind in der Milchleistungsprüfung. Hierfür werden elfmal im Jahr Untersuchungen durchgeführt, das sind die sogenannten MLP-Daten (31 Prozent Gesamtaufwand). Der Gesamtaufwand für die normalen Rohmilchuntersuchungen (Milchgüte-Daten) beträgt 54 Prozent, hier werden die üblichen Fett-, Eiweiß-, Harnstoff-, Lactose-Werte gemessen sowie der Zellgehalt (somatische oder körpereigene Zellen) mit jeweils über 3,7 Mio. Proben. Zudem gibt jeweils rund 400.000 Untersuchungen auf Hemmstoff und auf den Keimgehalt der Mich. Bei den restlichen 15 Prozent Gesamtaufwand handelt es sich um Rückstandsanalytik und mikrobiologische Untersuchungen. Hier ist die Zahl der Proben deutlich geringer als in der Güte-Untersuchung. Bei Mikrobiologie sind es „nur“ 12.500 Proben im Jahr und rund 50.000 Untersuchungen auf Trächtigkeit. „Diese Zahlen sind nun schon über mehrere Jahre konstant. Der Markt hat sich gefunden“, so Albrecht.
Neue Angebote
Eine gesonderte Wochenendschicht, um ab Donnerstagnacht angelieferte Milchproben schneller untersuchen zu können, soll es bis auf Weiteres aus Kostengründen nicht geben, so Albrecht. Die Außenstelle in Heilbronn wird Ende des kommenden Jahres geschlossen. Forciert werden soll die Zusammenarbeit mit dem Milchprüfring Bayern, so will man sich gemeinsam auf dem neuesten Stand der Technik halten beziehungsweise gegenseitig abgleichen. Neu im Angebot des Milchprüfrings ist eine Plattform, über die die Milcherzeuger mit ihren Molkereien einen CO2-Fußabdruck machen lassen können. Basis für die Eingabe und die Auswertungen ist der LfL-Rechner aus Bayern. Neben CO2 soll es künftig auch Bilanzen für den Methanausstoß geben.
Wahlen
Bei den turnusmäßigen Wahlen für den Vorstand im Milchwirtschaftlichen Verein wurden Karl-Georg Geßler, Erich Härle und Dr. Johann Meier wiedergewählt. Meier übernimmt das Amt des zweiten stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden von Josef Vögele, der in den Ruhestand verabschiedet wurde. Neu in den Vorstand wählten die Mitglieder David Saridzic, den neuen Geschäftsführer beim Milchwerk Crailsheim-Dinkelsbühl eG. Im Vorstand des Milchprüfrings wurde Manfred Olbrich einstimmig im Amt des Vorsitzenden bestätigt, ebenso wiedergewählt wurden Dr. Johann Meier, Heinz Kaiser und Karl-Georg. Als zweiten Stellvertreter wählten die Mitglieder David Saridzic, für den ausscheidenden Josef Vögele.
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