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Klimaschutz

Pilot-Milchfarm: Emissionen gehen um über 30 Prozent zurück

Wie lässt sich die Milchproduktion bis zum Jahr 2050 klimaverträglicher gestalten, ohne die wirtschaftliche Tragfähigkeit der Betriebe zu gefährden? Die Ziele des 2021 gestarteten Pilotprojekts „Klima-Milchfarm“ gelten als ambitioniert. Nun präsentierten die Initiatoren der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt (HfWU) Nürtingen-Geislingen, des Lebensmittelkonzerns Nestlé, der Original Wagner Pizza GmbH und der Hochwald Foods GmbH auf dem Frese-Hof im hessischen Mörshausen erste Ergebnisse des Gemeinschaftsprojekts.

von Pressemitteilung HfWU Nürtingen-Geislingen Quelle Pressemitteilung HfWU Nürtingen-Geislingen erschienen am 17.09.2025
Milch klimafreundlich erzeugen: Darum geht es den Initiatoren des Pilotprojekts „Milch-Klimafarm“. Auf dem Betrieb Frese im hessischen Mörshausen wurden nun erste Ergebnisse der 2021 gestarteten Erhebung präsentiert. © Hochwald Foods GmbH
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Die Klima-Milchfarm, so die Initiatoren, sei hierfür fest in die Lieferkette eingebunden worden, sodass die CO2-Reduktion vom Hof bis zum Produkt – in diesem Fall Käse für die Pizzaherstellung – transparent nachvollzogen werden kann. Seit Projektstart wurden auf dem Frese-Hof zahlreiche betriebliche und technische Maßnahmen umgesetzt und wissenschaftlich begleitet. Herzstück des Projekts ist die Emissionsberechnung mithilfe des Cool Farm Tool (CFT)-Bilanzierungsprogramms. Zunächst wurde ein Ausgangswert („Nullpunkt“) für den Betrieb auf Basis des Wirtschaftsjahres 2020/21 ermittelt. Anschließend wurden jährlich Emissionsberechnungen erstellt, um die Wirkung der Minderungsmaßnahmen nachvollziehbar zu machen.

Im Vergleich zum Ausgangswert (Wirtschaftsjahr 2020/2021) betrug die Reduktion an CO2 pro Kilogramm Milch im Wirtschaftsjahr 2024/2025 circa 35 Prozent. Detlef Latka, Chief Executive Officer der Hochwald Foods GmbH: „Die Erfahrungen auf der Klima- Milchfarm machen deutlich: Klimaschutz in der Landwirtschaft ist unverzichtbar, aber er kostet Geld. Die ökonomische Stabilität gerät unter Druck. Umso wichtiger sind praxisnahe, wissenschaftlich fundierte Ansätze, um diesen Zielkonflikt aufzulösen.“ Oliver Schoß von der Original Wagner Pizza GmbH ergänzt: „Ein großer Teil der Treibhausgasemissionen entsteht am Anfang der Lieferkette – bei den Rohstoffen. Das Projekt Klima-Milchfarm konnte offenlegen, welche Maßnahmen beim Käse vielversprechend sind. Diese Erkenntnisse gilt es nun mit unseren Partnern entlang der Lieferkette zu teilen und umzusetzen.“

Wirksame Maßnahmen

Die Maßnahmen werden hierfür nach Innenwirtschaft (Stall, Fütterung, Energie, Güllemanagement) und Außenwirtschaft (Futterbau, Düngung, Pflanzenbau) unterschieden. Die wirksamste Einzelmaßnahme in der Innenwirtschaft ist die Vergärung der Gülle beziehungsweise des Festmistes in einer externen Biogasanlage. Auch der Zusatz eines Additives zur Gülle sowie der Einsatz eines Futterzusatzstoffes zur Minderung der Methanemissionen aus der Verdauung zeigten, so die Initiatoren, ein hohes Minderungspotential. Der Einsatz solcher Zusatzstoffe sei aber häufig kostenintensiv und ohne Förderung nicht durchzuführen. Das Futter- und Fütterungscontrolling, der Einsatz von Silierhilfsmitteln sowie die intensive Kälber- und Jungviehaufzucht steigerten die Futtereffizienz und reduzierten ebenfalls die CO2-Emissionen.

Pflanzenbauliche Maßnahmen wie der Leguminosen-/Gemengeanbau oder die Kohlenstoffsequestrierung erwiesen sich hingegen als wetterabhängig und hätten nicht immer vollständig angerechnet werden können. Prof. Dr. Stephan Schneider, Hochschule für Wirtschaft und Umwelt (HfWU): „Die wichtigste Erkenntnis ist: Schon die Umsetzung der guten fachlichen Praxis auf einem Milchbetrieb führt heute zu einem verbesserten CO2-Fußabdruck. Hierfür muss das Management des Betriebes konsequent optimiert und professionalisiert werden. Während einzelne Maßnahmen in der Innenwirtschaft sowohl ökologisch, ökonomisch und sozial vorteilhaft sind, haben andere Maßnahmen im Bereich der Ökonomie und des Sozialen einen Schwachpunkt, wodurch sie ohne Unterstützung von den Betrieben allein nicht umgesetzt werden können.“ Die ökonomische Komponente spiele bei vielen Maßnahmen dabei eine maßgebliche Rolle. Für landwirtschaftliche Betriebe, die Klimaschutzmaßnahmen kurz- und langfristig umsetzen, sei es wichtig, dass sowohl die gesetzlichen und bürokratischen Rahmenbedingungen planbar und sicher sind als auch der ökonomische Aufwand nicht die Stabilität des Betriebs gefährdet.

Erfahrungen und Herausforderungen

Der Bericht hebt laut den Initiatoren hervor, dass die Motivation und Eigenverantwortung des Betriebsleiters entscheidend für den Erfolg waren. Mario Frese setzte mit Unterstützung des Projektteams zahlreiche Maßnahmen um und bewältigte einen erheblichen Dokumentationsaufwand. Mario Frese: „Viele der Maßnahmen sind mit geringem Aufwand umzusetzen, nachdem sie im Betrieb etabliert wurden. Diese werde ich sicherlich auf unserem Hof beibehalten.“ Es habe jedoch auch Herausforderungen im Projektverlauf gegeben, beispielsweise bei der Bilanzierung: Nicht alle Einsparungen seien direkt messbar – viele wirken indirekt, etwa durch Effizienzsteigerungen in der Innenwirtschaft. Pflanzliche Maßnahmen sind wetterabhängig, was deren Anrechnung erschwert. Und: Verzögerungen bei Förderverfahren führten zu provisorischen Zwischenlösungen im Stall- und Futtermanagement.

Übertragbarkeit und Ausblick

Das Projekt soll bis April 2026 fortgeführt werden, um weitere Daten zu erheben. Die Ergebnisse haben Modellcharakter. Auf dem Betrieb konnten einige Maßnahmen, die als sogenannte „low hanging fruits“ bezeichnet werden, kurzfristig und kosteneffizient umgesetzt werden. Low hanging fruits sind abhängig von den betriebsindividuellen Gegebenheiten auf jedem Betrieb in unterschiedlicher Art und Anzahl vorhanden. Die Erkenntnisse und Ergebnisse des Projektes fließen in das Nachhaltigkeitsprogramm Hochwald Milch Plus ein und sollen die Mitgliedsbetriebe bei der Umsetzung von CO2-Minderungsmaßnahmen unterstützen.

 

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