Antibiotika-Resistenzen - wie geht es in der EU weiter?
Die EU-Mitgliedstaaten stimmten vor Kurzem für einen Vorschlag der Kommission für massive Beschränkungen beim Antibiotikaeinsatz. Eva Zamora Escriban, Referatsleiterin für Futtermittel und Tierarzneimittel des SANTE, erklärt in einem Interview, was dies für die Bekämpfung der „stillen Pandemie“ der antimikrobielle Resistenzen (AMR) bedeutet.
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Am 20. Juli wurde die Liste der antimikrobiellen Mittel veröffentlicht, die ausschließlich in der Humanmedizin verwendet werden dürfen. Wie werden durch diese Beschränkung AMR verringert?
Beim Einsatz antimikrobieller Mittel sowohl für Menschen als auch für Tiere verfolgt die Kommission den ganzheitlichen Ansatz „Eine Gesundheit“ und berücksichtigt dabei auch den Schutz der Umwelt. Das Wichtigste dabei ist, antimikrobielle Mittel intelligenter einzusetzen. Mit dieser Maßnahme trägt die EU entscheidend dazu bei, die Wirksamkeit der Mittel zu erhalten, die für die Humanmedizin unerlässlich sind. Wenn wir bestimmte antimikrobielle Mittel auf den ausschließlichen Gebrauch in der Humanmedizin beschränken, werden sie in der EU nicht für veterinärmedizinische Zwecke eingesetzt.
Was wurde in den letzten Jahren in der Veterinärmedizin gegen die AMR erreicht?
In den letzten zehn Jahren wurde der Verkauf antimikrobieller Tierarzneimittel bereits um mehr als 40 % gesenkt. Dies ist erfreulich, doch wir können noch mehr tun. Die neue EU-Verordnung über Tierarzneimittel, die im Januar diesen Jahres in Kraft trat, modernisiert den Rechtsrahmen und gewährleistet, dass Tierarzneimittel besser, sicherer und verantwortungsbewusster eingesetzt werden.
Die Verordnung umfasst eine Reihe konkreter Maßnahmen zur Bekämpfung der AMR, darunter: Verbot des präventiven Einsatzes von Antibiotika bei Gruppen von Tieren, ein erweitertes Verbot der Verwendung antimikrobieller Mittel zur Förderung des Wachstums oder zur Steigerung des Ertrags sowie die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, Daten über die Verkäufe antimikrobieller Mittel und ihre Verwendung pro Tierart zu erfassen. Diese Maßnahmen werden dazu beitragen, das Ziel der Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ zu erreichen, den gesamten Absatz von antimikrobiellen Mitteln für Nutztiere und in der Aquakultur bis 2030 zu halbieren.
Antimikrobielle Resistenzen machen vor Grenzen nicht halt. Deswegen dürfen Tiere und für den menschlichen Verzehr bestimmte tierische Erzeugnisse, die für die Einfuhr in die EU bestimmt sind, nicht mit antimikrobiellen Mitteln zur Förderung des Wachstums oder zur Steigerung des Ertrags oder mit denjenigen antimikrobiellen Mitteln behandelt werden, die in der EU lediglich für die Verwendung in der Humanmedizin zugelassen sind.
Was sind die nächsten Schritte bei der Umsetzung der neuen EU-Verordnung über Tierarzneimittel hinsichtlich antimikrobieller Resistenzen?
Die Kommission arbeitet unermüdlich daran, ergänzende Rechtsakte einzuführen, die eine wirksame Umsetzung der neuen Verordnung ermöglichen, um so die AMR zu bekämpfen. Derzeit werden genaue Vorschriften für die Verwendung antimikrobieller Mittel ausgearbeitet, an die sich Drittländer halten müssen, wenn sie Tiere und tierische Erzeugnisse für den menschlichen Verzehr in die EU einführen wollen.
Darüber hinaus befasst sich die Kommission mit einem neuen Vorschlag, mit dem antimikrobielle Mittel aufgelistet werden sollen, die nicht außerhalb ihrer Zulassungsbedingungen oder aber nur unter bestimmten Bedingungen verwendet werden dürfen. Die neue Verpflichtung der Mitgliedstaaten, Daten zum Absatz und zur Verwendung antimikrobieller Mittel zu erfassen, ermöglicht es der Kommission und den Mitgliedstaaten, zielgerichtetere Maßnahmen gegen antimikrobielle Resistenzen einzuleiten. Zur Unterstützung der Mitgliedstaaten bei der Datenerfassung stellt die Kommission für den Zeitraum 2022–2027 Mittel in Höhe von 32,4 Mio. Euro zur Verfügung.
Sie sagten, AMR sei eine „stille Pandemie“: Was wird die Kommission dagegen tun?
Jahr für Jahr sterben in der EU schätzungsweise 33.000 Menschen an den Folgen von AMR. AMR stellt weltweit eine zunehmende Gefahr für die Gesundheit dar. Die Kommission hat in diesem Bereich zahlreiche Initiativen eingeleitet.
Einige neue Maßnahmen werden auch in die Überarbeitung der Arzneimittelvorschriften einfließen. Außerdem wird eine neue gemeinsame Maßnahme gegen AMR im Rahmen des Arbeitsprogramms 2022 von EU4Health mit 50 Mio. Euro ausgestattet werden, um die Mitgliedstaaten bei der Entwicklung und Aktualisierung ihrer nationalen Aktionspläne gegen antimikrobielle Resistenzen zu unterstützen. Die Kommission erarbeitet überdies derzeit einen Vorschlag für Empfehlungen des Rates zur AMR, in der wirkungsvolle Maßnahmen auf nationaler und EU-Ebene vorgeschlagen werden.
Auf internationaler Ebene schließlich setzt sich die Kommission für die Überarbeitung des globalen Aktionsplans gegen antimikrobielle Resistenz der WHO von 2015 und die Einbeziehung von AMR in ein globales Abkommen über Pandemievorsorge und -reaktion ein.
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