Discounter erhebt Umweltaufschlag
Der Discounter Penny schlägt in dieser Woche bei neun Produkten die Umweltfolgekosten auf den normalen Verkaufspreis. Berechnet hat die Zusatzkosten ein Forschungsteam um Prof. Tobias Gaugler von der Technischen Hochschule Nürnberg und der Wirtschaftsingenieurin Dr. Amelie Michalke von der Universität Greifswald.
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Vom 31. Juli bis 5. August 2023 wird in den 2.150 Märkten der Discounter-Kette auf mehrere konventionelle und Bioprodukte sowie ein veganes Schnitzel ein Zusatzbetrag zwischen 5 % und 94 % fällig. Damit sollen die über die Lieferketten anfallenden ökonomischen Auswirkungen auf Boden, Klima, Wasser und Gesundheit mit einbezogen werden. Die extreme Schwankung ergibt sich den Forschenden zufolge dadurch, dass die Biolebensmittel geringere Folgekosten als ihre konventionellen Gegenstücke haben. Das pflanzliche Ersatzprodukt hat im Vergleich den mit Abstand geringsten Aufpreis von gerade einmal 14 Cent. Am deutlichsten ist der Mehrpreis bei einem Maasdamer-Käse, für den im Aktionszeitraum 2,35 Euro mehr bezahlt werden muss.
Laut Penny wird die Differenz zwischen den „wahren Kosten“ sowie den ursprünglichen Preisen an das Gemeinschaftsprojekt „Zukunftsbauer“ des Lebensmittelhändlers und der Molkerei Berchtesgadener Land gespendet. Dieses fördert Genossenschaftsmolkereien, die ihre Betriebe energetisch optimieren wollen.
Studie zu Konsumverhalten
Es gehe nicht darum, die „wahren Kosten unmittelbar für alle Lebensmittel einzuführen“, betonte die Wissenschaftlerin Michalke. Das Forschungsteam erhofft sich laut eigenen Angaben von dem Projekt einen transparenten Diskurs über die Umweltfolgen des Lebensmittelsektors. Dass bereits heute „Folgekosten an anderer Stelle anfallen, die von allen getragen werden müssen“, findet Projektleiter Gaugler ungerecht. Die erhöhten Preise sollen „zum Nachdenken anregen, und zu bewussterem Konsum“, so der Ressourcenökonom. Zusätzlich wird das Team die Aktionswoche wissenschaftlich begleiten und Informationen zum Einfluss auf das Konsumverhalten und die Zahlungsbereitschaft der Kundschaft im Interesse der Umwelt erheben.
Nicht bei allen trifft die Aktion „Wie teuer Lebensmittel eigentlich sein müssten“ oder „Wahre Kosten“ des Discounters Penny auf Gegenliebe. Der Landesverband Niedersächsischer Schweineerzeuger (LNS) kritisiert die Aktion: „In der werblich breit angelegten Marketingaktion des Discounters werden undifferenziert tierische Lebensmittel wie Milchprodukte und Fleisch bezüglich ihrer Umweltwirkungen pauschal abqualifiziert“, beklagt der LNS-Vorsitzende Jürgen Albers. Der methodische Fehler bestehe darin, dass Penny bei den ausgewählten Artikeln nicht die Produktions- und Herstellungsprozesse und den Transport bis zum „Point of Sale“ sauber differenziere.
Avocados und Kiwis bewusst ausgeklammert
So ist laut Albers bei den neun herausgestellten Lebensmitteln kein Erzeugnis aus außereuropäischen Obst- oder Gemüseanbauregionen zu finden, die sicher aufgrund der CO2- und Wasserbilanz kritisch zu betrachten wären. „Lebensmittel wie Avocados, Kiwis oder Mandeln werden bei Pennys Aktion offensichtlich bewusst ausgeklammert“, moniert der LNS-Vorsitzende. Vielmehr sollte der Discounter herausstellen, dass Konsumenten sich dann klimabewusst verhielten, wenn sie Produkte aus der Region nachfragten.