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Umbau der Tierhaltung

Borchert-Kommission gibt auf - versagt die Ampelkoalition?

Die Borchert-Kommission beendet ihre Arbeit für einen Umbau der Nutztierhaltung. Dies hat das vom früheren Bundeslandwirtschaftsminister Jochen Borchert geleitete Kompetenznetzwerk am 22. August 2023 in Berlin bekannt gegeben.

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Bereits seit längerem hatte es innerhalb der Borchert-Kommission Zweifel gegeben, ob die Fortführung der Arbeit noch Sinn ergebe. „Der Entwurf des Bundeshaushalts 2024 lässt den notwendigen Durchbruch nicht erkennen“, heißt es in dem Statement.
Bereits seit längerem hatte es innerhalb der Borchert-Kommission Zweifel gegeben, ob die Fortführung der Arbeit noch Sinn ergebe. „Der Entwurf des Bundeshaushalts 2024 lässt den notwendigen Durchbruch nicht erkennen“, heißt es in dem Statement.Xander Heinl/photothek.de/BMEL
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Das Expertengremium um Borchert hatte zwar anerkannt, dass in den letzten Monaten erste Schritte in Bezug auf Änderungen im Bau- und Umweltrecht sowie die Kennzeichnung unternommen worden seien und ein Prozess zur Einführung einer Tierwohlprämie erfolgt sei. Allerdings schaffe die gegenwärtige Ausgestaltung für den Großteil der Landwirtschaft keine hinreichende Grundlage für einen nachhaltigen Umbau. Auch die bisherige Kritik sei ungehört geblieben.

Zentrale Forderungen für den Umbau bleiben unerfüllt

Das Kompetenznetzwerk verweist auf die von Borchert seit langem vergeblich vorgetragenen zwei zentralen Forderungen:

  1. Zum einen die Ausgestaltung der laufenden Tierwohlprämien im Rahmen langfristiger und rechtssicherer Verträge und
  2. zum andern eine ausreichende Finanzausstattung für die Umstellung einer jährlich steigenden substantiellen Anzahl von ökologischen und konventionellen Betrieben.

Nunmehr ist die Kommission offenbar mit breiter Mehrheit zu der Einsicht gelangt, dass diese Voraussetzungen weder in der vorherigen Legislaturperiode noch in den ersten zwei Jahren der laufenden Legislaturperiode geschaffen worden seien.

Machbarkeitsstudie zu den Empfehlungen der Borchert-Kommission

Scharfe Kritik an der Bundesregierung von Wissenschaft und Verbänden

Der Berliner Agrarökonom Prof. Harald Grethe nannte es bedauerlich, dass sich die Ampelkoalition nicht auf eine verlässliche, öffentliche Finanzierung von Tierwohlprämien habe einigen können. Die gegenwärtigen Vorschläge des Bundeslandwirtschaftsministeriums gingen nicht weit genug. Grethe setzt darauf, dass die Borchert-Empfehlungen doch noch zum Zuge kommen können. 

Wie der Präsident des Zentralverbandes der Deutschen Geflügelwirtschaft (ZDG) Friedrich-Otto Ripke beschreibt, habe die Borchert-Kommission ihr Mandat erfüllt und gemeinsam mit Praktikern Vorschläge für die Zukunft der Tierhaltung in Deutschland erarbeitet. Dennoch wollte die Bundesregierung den Tierhaltern nicht die notwendigen Perspektiven für die Zukunft ihrer Betriebe geben. Der notwendige Dreiklang aus Finanzierung der Mehrkosten für die Tierhalter, rechtlicher Absicherung für die Modernisierung der Ställe und planungssicherer Umsetzung der Tierwohlfortschritte in den Haltungskriterien in Zehnjahresschritten 2020, 2030 und 2040 sei nicht umgesetzt worden.

Für die stellvertretende CDU-Vorsitzende Silvia Breher ist der Beschluss der Borchert-Kommission konsequent: „Ohne eine gesicherte Finanzierung fehlt die Grundlage für den Umbau der Tierhaltung. Damit mache die Fortführung der Arbeit der Borchert-Kommission keinen Sinn.“ Noch immer fehle ein Gesamtkonzept, dass den Landwirten eine finanzielle und rechtliche Grundlage für den Einstieg in den Umbau Nutztierhaltung gebe, so Breher.

Özdemir will an Empfehlungen der Borchert-Kommission festhalten

Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir will dagegen auch nach Beendigung ihrer Arbeit an den Empfehlungen der Borchert-Kommission festhalten. Mit der Verabschiedung des Tierhaltungskennzeichens, den Änderungen im Baurecht, der nationalen Ausweitung der Herkunftskennzeichnung und den Leitplanken für einheitliche Auslegungen im Bereich des Immissionsschutzes sei man schon wichtige Schritte gegangen, sagte Özdemir.

Derzeit werde bereits intensiv an der zügigen Erweiterung der Tierhaltungskennzeichnung gearbeitet, zum Beispiel auf die Gastronomie und verarbeitete Produkte. In der schwierigen Haushaltsaufstellung sei es gelungen, erste Verpflichtungsermächtigungen bis 2033 durchzusetzen. Betriebe könnten damit bis zu zehn Jahre Förderung bei den laufenden Kosten erhalten. Der Minister räumte ein, „dass wir für die weiteren Schritte zusätzliche Mittel brauchen.“ Dafür werde er sich voll einsetzen.

Zum Hintergrund

Borchert-Kommission

Das Kompetenznetzwerk Nutztierhaltung unter Vorsitz von Jochen Borchert war 2019 von der damaligen Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner eingesetzt worden. In der Öffentlichkeit wurde das Gremium mit Vertretern aus Land- und Agrarwirtschaft, Handel, Umwelt- und Tierschutz, dem Verbraucherschutz sowie der Wissenschaft bald unter dem Namen "Borchert-Kommission" bekannt. Dass die Beteiligten letztlich auf einen gemeinsamen Nenner kamen, führen Mitglieder der Kommission maßgeblich auf die Arbeit ihres Vorsitzenden zurück.

Im Februar 2020 legte die Borchert-Kommission ihr Konzept für einen Umbau der Tierhaltung in Deutschland mit dem Ziel vor, das Tierwohl insgesamt auf ein höheres Niveau zu heben. Eine Machbarkeitsanalyse und eine Folgenabschätzung bestätigten, dass die Empfehlungen umsetzbar seien. Zwar fanden die Vorschläge auch in der Politik breite Zustimmung, eine Umsetzung des Konzepts gelang jedoch weder der alten noch der neuen Bundesregierung. Insbesondere die Frage der Finanzierung blieb bis heute ungelöst.

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