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Mecklenburg-Vorpommern

Geflügelwirtschaft: Soll das eine Strategie sein?

Die Mitglieder des Geflügelwirtschaftsverbandes Mecklenburg-Vorpommern e. V. haben auf der Jahresmitgliederversammlung in Thürkow-Todendorf am 10. Oktober 2023 einheitliche europäische Tierschutzstandards und eine Finanzierungssicherung für den Umbau der Nutztierhaltung gefordert.

Veröffentlicht am
Marion Dorn, Vorsitzende des Geflügelwirtschaftsverbandes Mecklenburg-Vorpommern.
Marion Dorn, Vorsitzende des Geflügelwirtschaftsverbandes Mecklenburg-Vorpommern.Yvonne Nemitz
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Wer einen neuen Tierwohlstall baut, lege sich nach Bauart für rund 20 Jahre für das Gebäude und 10 Jahre für Inneneinrichtungen fest. Deshalb gelte es, die wirtschaftliche Entscheidung einen neuen Stall zu bauen, gründlich zu bedenken, betonte Marion Dorn, Vorsitzende des Geflügelwirtschaftsverbandes Mecklenburg-Vorpommern e. V. Denn bei einem Stallneubau geht nicht allein um die Investition, sondern auch um das wirtschaftliche Betreiben der Ställe.

Sondervermögen soll bereitgestellt werden

„Wir sind zu der Überzeugung gekommen, dass die Bundesregierung keinen Umbau, sondern einen schnellen, populistisch motivierten Abbau der Tierbestände in Deutschland will. Soll das eine Strategie sein?“, hinterfragte Marion Dorn in ihrem Jahresbericht die aktuelle Bundeslandwirtschaftspolitik. Wenn der Bund einen ehrlichen Umbau wolle, müsse er zur Sicherung der Finanzierung des Umbaus der Nutztierhaltung ein „Sondervermögen Tierhaltung" bereitstellen. Dieses sollte nach dem Vorbild des Sondervermögens zur Stärkung der Bundeswehr eingerichtet werden. „Nur ein zweckgebundenes Vermögen, das Legislaturperioden überdauert, kann uns Nutztierhaltern ausreichend Garantien für den Umbau der Tierhaltung geben und den Tierhaltungsstandort Deutschland sichern“, so Marion Dorn weiter.

Eine hohe einheimische Nachfrage nach Tierwohl-Fleisch sei unverzichtbar, wenn ein Umbau der Ställe nachhaltig erfolgreich sein soll. Wenn die Menschen in Deutschland künftig aber immer weniger Tierwohl-Fleisch verzehren und dafür auch deutlich weniger Geld ausgeben, dann müsse die Politik ihren Plan zügig korrigieren und mit einem finanziellen Ausgleich für die Landwirte dafür sorgen, dass Fleisch aus Deutschland wettbewerbsfähig bleibt.

Deutsche Alleingänge sind der falsche Weg

Tierschutz in der Breite können nur einheitliche europäische Standards voranbringen, stelle Marion Dorn klar. Dass Deutsche Alleingänge und eine Verlagerung von Tierhaltungen in Länder mit geringeren Standards seien der falsche Weg, davon sind sie und die Mitglieder des Geflügelwirtschaftsverbandes Mecklenburg-Vorpommern überzeugt. Daneben wies sie darauf hin, dass Verordnungen und Gesetze für die Landwirtinnen und Landwirte nachvollziehbar sein müssen. „In den Betrieben spüren wir täglich die Arbeitsbelastungen durch überbordende Bürokratie. Nur mit wirtschaftlich starken Betrieben werden Werte im Land geschaffen, nicht mit immer höheren Verwaltungskosten und stetig wachsendem Bürokratieaufwand“, äußerte sich die Diplomlandwirtin zur aktuellen Situation.

Unter den Nägeln brennt den Mecklenburg-Vorpommerschen Geflügelhaltern aktuell auch die Beitragszahlungen bzw. die Beitragserhöhungen der Tierseuchenkasse (TSK). Dr. Monika Walter, Geschäftsführerin der TSK Mecklenburg-Vorpommern, stand dem Auditorium Rede und Antwort hinsichtlich weiterer Erhöhungen der Beiträge für die Geflügelkasse.

Geflügelkasse muss Beiträge erneut anheben

Seit 2020 befinde sich die Geflügelkasse in einer finanziellen Schieflage, erklärte Walter. Satzungsbedingt vorgegeben sei aber, dass die TSK, obwohl sie keine klassische Versicherung ist, Rücklagen zu bilden hat. Diese sind auf 100 % zu halten. Seit 2020 liege die Geflügelkasse bei 89 % in der Auslastung. Dann kam 2021 der ganz große Seuchenzug der Geflügelpest in Mecklenburg-Vorpommern, der die TSK rund 4 Mio. Euro gekostet hat, und die TSK rutschte auf unter 50 % in der Rücklage. Bis 2024, so hatte es der Verwaltungsrat beschlossen, müssen die Rücklagen über Beitragserhöhungen wieder aufgestockt werden, führte Dr. Monika Walter weiter aus. Das bedeutet, dass neben der bereits erfolgten massiven Anpassung der Beiträge im Jahr 2022 demnächst noch eine weitere Beitragserhöhung folgen wird.

Die TSK in Mecklenburg-Vorpommern muss die Beiträge für die Geflügelkasse erneut anheben. © Vatgaeed/Shutterstock

Danach übernahm Dr. Dirk Freitag vom Ministerium für Klimaschutz, Landwirtschaft, ländliche Räume und Umwelt Mecklenburg-Vorpommern. Er sicherte zu, die Kritik der Mecklenburg-Vorpommerschen Geflügelhalter an die Fachabteilungen im Ministerium weiterzutragen. Klare Aufgabe sei, die Tierbestände in der Region stabil zu halten und keinen weiteren Abbau zu forcieren.

Im Anschluss daran folgte der Vortragsteil der Veranstaltung. Eröffnet wurde dieser von Dr. Jens Hoffmann von der Firma DSM Nutritional Products GmbH, der über die zusätzliche Fütterung von Vitaminen bei Geflügel sprach. Grundsätzlich haben Vitamine eine große physiologische Bedeutung, erklärte Hoffmann. Vor allem durch eine Zugabe der B-Vitamine (2, 12) und von Pantothensäure lasse sich eine deutliche Verbesserung der Leistung erreichen. Bei Hitzestress sei nach wie vor der Klassiker Vitamin C am effektivsten, sagte er weiter. Neben einer optimalen Fütterung trägt auch eine gute Biosicherheit zum Erfolg eines Geflügelbetriebes erheblich bei.

Maßnahmen gegen AI: Biosicherheit und Tränkewassermonitoring

Dr. Thorsten Arnold erklärte aus Sicht eines bestandsbetreuenden Tierarztes, worauf es ankommt und welche Biosicherheitsmaßnahmen am wirkungsvollsten sind. Dabei seien häufig die kleinen Dinge entscheidend, betonte der Veterinär aus Ankum. Durchdachte Hygieneschleusen und ordentlich ausgeführte Hygienemaßnahmen wie Desinfektion, Kleider- und Schuhwechsel vor Betreten der Ställe seien nach wie vor das A und O. Ebenso wichtig ist es, Schadnager von den Betrieben fernzuhalten.

Auf Dr. Thorsten Arnold folgte eine weitere Veterinärin. Dr. Barbara Storck berichtete über den aktuellen Stand der Entwicklung einer Impfung gegen die Geflügelpest. Klar ist schon jetzt, so sagte die Geschäftsführerin des Moorguts Kartzfehn, dass eine Impfung allein, ohne eine gut gelebte Biosicherheit, keine sichere Bank ist. Weiter ist klar, dass mit einer Impfung keine sterile Immunität gegen die Geflügelpest erreicht werden kann.

Geimpfte Bestände müssen weiter überwacht werden. Dazu haben Dr. Barbara Storck und ihre Mitarbeiter ein Tränkwasser-Monitoring für Putenbestände entwickelt, das gut geeignet ist, um einen Betrieb zweimal pro Woche kostengünstig und vor allem aussagekräftig beproben zu können.

Durch die Beprobung des Tränkewassers kann ein H5-Geschehen frühzeitig erkannt und entsprechende Maßnahmen eingeleitet werden.  © Gnauk

Gesetze ohne wissenschaftliche Grundlagen

Wie der Blick aus Berlin auf die deutsche Geflügelwirtschaft und vor allem die aktuelle Politik ausfällt, erläuterte der Präsident des Zentralverbandes der Deutschen Geflügelwirtschaft e. V. (ZDG) Friedrich-Otto Ripke. Dabei seien die Grundvoraussetzungen für die Geflügelwirtschaft gar nicht schlecht, sagte er, denn der Pro-Kopf-Verbrauch von Geflügelfleisch sei steigend. Die Marktinfo Eier und Geflügel prognostiziere zudem einen weiteren Anstieg in den kommenden Jahren.

Doch die aktuellen politischen Rahmenbedingungen machen einen Ausbau der Geflügelhaltung in Deutschland praktisch unmöglich. Besonders fatal sei, so Ripke weiter, dass Gesetze ohne wissenschaftliche Grundlagen und ohne fundierte Folgenabschätzung entworfen und durchgesetzt werden. Am Ende der Veranstaltung im Gasthof Zur Erbmühle versicherte er, dass der ZDG sich weiterhin unermüdlich dafür einsetze, die Gespräche mit der Politik nicht abreißen zu lassen, um schlussendlich doch noch zu praktikablen Lösungen zu kommen.

 

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