
H5N1-Virus vermehrt sich im Euter
Eine in Nature veröffentlichte Studie gibt Antworten zum Verhalten von HPAI H5N1-Viren im Rind, die Orte der Virusvermehrung und die wahrscheinlichen Verbreitungswege.
von DGS Redaktion Quelle Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) erschienen am 26.09.2024Seit März 2024 sorgt ein massiver Ausbruch der Geflügelpest des hochpathogenen Subtyps H5N1 bei Rindern in den USA für erhebliche Probleme in der dortigen Milchindustrie. Die ersten Berichte über diesen ungewöhnlichen Ausbruch beschreiben einen Milchleistungsrückgang, Virusvermehrung im Euter und hohe Ausscheidungsraten in der Milch.
Bis September 2024 waren mehr als 200 Milchviehbetriebe in 14 US-Bundesstaaten betroffen, und regelmäßig kommen weitere, positiv getestete Betriebe dazu. Darüber hinaus wurden bisher 15 humane Infektionen mit dem rinderassoziierten Vogelgrippe-Virus bestätigt, davon vier im direkten Zusammenhang mit Kontakt zu infizierten Rindern oder deren Milch.
Forschung zu Virusverhalten und Infektionswegen
Viele Fragen waren aber noch ungeklärt oder nur wenig mit Daten belegt: Kann sich das amerikanische Rinder-H5N1-Virus der Klade 2.3.4.4b, Genotyp B3.13, auch im Respirationstrakt vermehren? Können sich auch europäische Geflügelpest-Viren des Subtyps H5N1 im Euter vermehren? Wie schwer erkranken die Rinder, wie lange wird das Virus in der Milch ausgeschieden, und gibt es eine systemische Ausbreitung im individuellen Tier?
Eine Gruppe von Forschenden des FLI auf der Insel Riems hat nun zusammen mit Forschenden der Kansas State University (KSU) in Kansas, USA, mittels zweier unabhängiger, experimenteller Infektionsversuche an laktierenden Rindern (FLI) und Kälbern (KSU) diese Fragen beantworten können, berichtet das FLI. So konnte am FLI gezeigt werden, dass eine direkte H5N1-Infektion des Euters zu schweren Symptomen führte, teilweise mit hohem Fieber und Mastitis, unabhängig davon, ob das verwendete Virusisolat aus den USA oder aus Europa stammte.
Die Forscher der KSU konnten zudem zeigen, dass eine oronasale H5N1-Infektion von Kälbern mit dem US-Stamm nur zu einer moderaten Virusvermehrung im Respirationstrakt führte und das Virus darüber hinaus nicht an Kontaktkälber übertragen wurde.
Übertragung über Milch und Melkprozesse
„Diese beiden Tierstudien lassen die Schlussfolgerung zu, dass neben der amerikanischen H5N1-Variante auch andere H5N1-Viren der Klade 2.3.4.4b in der Lage sind, sich effizient im Eutergewebe von Rindern zu vermehren und mit der Milch in hohen Mengen ausgeschieden zu werden“, so der Leiter der Studie am FLI, Prof. Dr. Martin Beer, Leiter des Instituts für Virusdiagnostik und Vizepräsident des FLI. „Außerdem wird sehr deutlich, dass in den USA vor allem die Milch und Melk-Prozeduren maßgeblich für die Verbreitung und Übertragung zwischen Milchkühen verantwortlich sind, und eher nicht der respiratorische Weg.“
Beide Forschungsteams schließen mit dem dringenden Appell, umgehend wirksame und umfassende Maßnahmen zu treffen, um die kontinuierliche Verbreitung bei Kühen in den USA so schnell wie möglich zu stoppen, weitere genetische Anpassungen des Virus zu verhindern, und dadurch die weitere Übertragung auf Geflügel, Wildvögel und andere Säugetiere inklusive des Menschen zu verhindern.